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Chronik

Viele Hürden bei Sterbehilfe

Seit Jahresbeginn haben schwer kranke Menschen die Möglichkeit, ein Medikament zu erwerben und ihr Leben selbst zu beenden. So sieht es zumindest das Gesetz vor. In der Praxis zeigt sich jetzt, dass die Sterbehilfe schwierig umzusetzen ist. Viele Fragen sind einen Monat nach Inkrafttreten des Gesetzes noch nicht geklärt.

Würdevoll sterben und den Zeitpunkt dafür selbst bestimmen, das ist oft der letzte Wunsch schwer kranker Menschen. Das neue Gesetz zur Sterbehilfe soll diesen schweren Schritt ermöglichen, einige Anfragen dazu gibt es in Tirol bereits. Ein mehrstufiger Prozess soll dafür sorgen, dass die Sterbehilfe nicht leichtfertig eingesetzt wird. Bei der Umsetzung der einzelnen Schrittes gibt es aber noch Probleme.

Zu Beginn müssen zwei Ärzte, einer davon mit Ausbildung in der Palliativmedizin, beraten und dabei auch die Entscheidungsfähigkeit der Betroffenen beurteilen. Allerdings lehnen das viele Ärzte aus ethischen Gründen ab. Welche Ärzte in Tirol die Sterbehilfe unterstützen ist nicht klar. Auch der Ärztekammer ist das nicht bekannt, eine Sammlung oder Liste der verfügbaren Ärzte gebe es noch nicht, sie soll aber angelegt werden, sagt der Präsident der Tiroler Ärztekammer Artur Wechselberger. Er geht davon aus, dass sich in Tirol ausreichend Ärzte zur Verfügung stellen werden.

Vorbereitungen noch nicht abgeschlossen

Die Suche nach Ärzten kann schwer kranke Menschen und ihre Angehörigen aber viel Zeit kosten. Zeit, die sie oft nicht haben. Denn der gesamte Prozess zur Sterbehilfe dauert, erst drei Monate nach dem Beratungsgespräch kann die notwendige Sterbeverfügung erstellt werden. Möglich ist das bei der Patientenvertretung oder bei einem Notar.

Erst am Donnerstag habe die Patientenvertretung Zugriff auf das dafür notwendige Sterbeverfügungs-Register erhalten. Das sei aber nur einer von vielen notwendigen Mosaiksteinen rund um die Sterbehilfe, sagt Patientenanwalt Birger Rudisch. Für die Betroffenen, aber auch für alle Beteiligten sei die Sterbehilfe eine Ausnahmesituation. Um bestmöglich helfen zu können, müsse man für die Beratung viel Zeit einplanen. Ein gemeinsamer Leitfaden dafür werde derzeit von den Patientenvertretungen in Österreich ausgearbeitet.

Krankenbett
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Zwei Ärzte müssen den schwer Kranken bescheinigen, dass sie entscheidungsfähig sind

Unklarheiten bei rechtlicher Beratung

Auch bei einem Notar kann die Sterbeverfügung erstellt werden. Hier hätten sich in Tirol viele dazu bereit erklärt, ein erstes Online-Seminar vergangene Woche habe die grundlegenden Infos geliefert. Denn die Notare sollen auch eine rechtliche Belehrung ausüben, beispielsweise zur Testamentserstellung. Wie so oft bei neuen Gesetzen sei das aber sehr schwammig formuliert. Das Gesetz umfasst aber auch die Worte „und andere rechtliche Themen“.

Bereits im Begutachtungsverfahren hätten sich die Notare hier Klarheit gewünscht, was genau darunter zu verstehen sei. Man sei es aber gewohnt, neue Gesetze erst mit Inhalten füllen zu müssen, sagt der Präsident der Notariatskammer, Gert Kössler.

Fragen zu Präparat noch offen

Der letzte Schritt führt Betroffene in eine Apotheke. Dort wird das lebensbeendende Präparat für die Sterbehilfe ausgegeben. Innerhalb von 24 Stunden musste Tirol dem Bund zwei Testapotheken melden. Eine Ausgabe des Präparats ist dort aber derzeit noch nicht möglich: Erst Ende Jänner wurde mit einer Verordnung geklärt, dass der Wirkstoff Natrium-Pentobarbital für die Sterbehilfe vorgesehen ist. Unklar ist weiterhin, in welcher Form das Präparat verabreicht wird. 15 Gramm des Wirkstoffes seien notwendig, am wahrscheinlichsten sei deshalb die flüssige Form, sagt der Präsident der Tiroler Apothekerkammer, Matthias König.

Bis die Fachleute über die Form des Präparats entschieden hätten sei eine Ausgabe noch nicht möglich. Weil das Gesetz zwischen der verpflichtenden Beratung und der Medikamentenaussage aber zumindest zwölf Wochen vorschreibt, werde man bis dahin eine Lösung gefunden haben, hofft die Apothekerkammer. In der Zwischenzeit wolle man an einer einheitlichen, gemeinsamen Vorgehensweise arbeiten um die ohnehin schon schwierige Situation für die Betroffenen möglichst einfach zu halten. Die Tiroler Ärztekammer will dazu auch eine Infoveranstaltung für alle Beteiligten der Sterbehilfe veranstalten. Geplant ist das allerdings erst in ein paar Wochen.