In Westösterreich und somit auch in Tirol gibt es vor allem im Bereich der Nutztiere und Wiederkäuer zu wenige Veterinärmediziner. Im Rahmen des Vertiefungsmoduls „Wiederkäuer im Alpenraum“ soll es Studierenden der Veterinärmedizinischen Universität Wien nun ermöglicht werden, ab dem Sommersemester 2023 für zwei Semester eine praktische Ausbildung in Tirol zu absolvieren.
Gemeinsame Lösung statt eigener Standort
Das Land will zudem 150.000 Euro pro Jahr für eine Stiftungsprofessur in die Hand nehmen. Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) betonte im Rahmen einer Pressekonferenz am Dienstag in Innsbruck, dass damit die „praktische Ausbildung deutlich nach Tirol verlagert würde“. Man verfolge das Ziel eine Außenstelle in Tirol auzubauen, die sich dem Schwerpunktthema Wiederkäuer widmet. In diesem Zusammenhang sei beabsichtigt, die Liegenschaft der ehemaligen HBLFA Kematen durch das Land zu erwerben.
Es werde ein Schritt gesetzt, auf den die bäuerliche Welt schon lange warte, so Platter. In der Vergangenheit sei die Schaffung einer eigenen Veterinärmedizinischen Fakultät erwogen worden, er halte eine „gemeinsame Lösung“ aber für „vernünftig“. Sie werde den „Wissenschaftsstandort Tirol weiter stärken“.

Ein Jahr Praxis in Tirol
Bereits 2020 war die Außenstelle in Tirol gegründet worden, gemeinsam mit dem Land Tirol soll nun die Initiative verstärkt werden. Das Fach „Wiederkäuermedizin“ werde bereits im März 2022 um 20 Plätze aufgestockt, 15 dieser Studierenden würden dann großteils in Tirol unterrichtet, führte die Rektorin der Veterinärmedizinischen Universität Wien, Petra Winter, aus. Im zehnten Semester sollen Studierende der Veterinärmedizinischen Universität Wien ab März 2023 das Vertiefungsmodul „Wiederkäuer im Alpenraum“ wählen. Dann könnten die Studenten auch eine Diplomarbeit zu diesem Thema schreiben. Diejenigen, die das Vertiefungsmodul wählen, würden den ganzen Sommer und Winter in Tirol verbringen und dadurch viele Praxiserfahrungen sammeln. Man sei bereits mit Praxen im Austausch, so Winter.
Rahmenbedingungen müssten sich ändern
Laut Erhebungen kehren zwei Drittel aller Absolventinnen und Absolventen in ihr Heimatbundesland zurück, so Winter. Zusätzlich müsse an den Rahmenbedingungen des Berufs gearbeitet werden, merkte Winter an. Jene würden den Erwartungen der jungen Generation nicht mehr entsprechen – was etwa Vereinbarkeit von Familie und Beruf betreffe: „Da gibt es noch viel Arbeit“. In der ersten Sommerferienwoche erhalten interessierte Jugendliche an der Landwirtschaftliche Lehranstalt Rotholz Einblicke in den Beruf des Tierarztes, Anmeldungen dafür sind ab März auf der Homepage des Landes möglich.

Viele Tierärzte kurz vor der Pension
Der unter anderem auch für Tierschutz und das Veterinärwesen zuständige Agrarlandesrat LHStv. Josef Geisler (ÖVP) verwies auf eine anstehende „Pensionierungswelle“ im Bereich der Veterinärmedizinerinnen und -mediziner, die nicht nur Auswirkungen auf die Agrarwirtschaft, sondern auch auf die Lebensmittelversorgung und das Grünland habe. Das geschnürte „Maßnahmenbündel“ werde für „Nachschub“ sorgen. Mit der Gründung einer Niederlassung „in der Peripherie“ werde zudem ein Zeichen gesetzt, so Geisler. Das Projekt würde möglicherweise auch „grenzüberschreitend Anklang finden“, verwies Geisler auf Südtirol.
Der ebenfalls bei dem Pressegespräch anwesende Bildungs- und Wissenschaftsminister Martin Polaschek (ÖVP) betonte indes, dass es dem Wissenschaftsministerium ein Anliegen sei, „innovative und hochqualitative Forschung“ auch künftig sicherzustellen und dabei eine Basis für die jungen Wissenschafterinnen und Wissenschafter zu schaffen. Diesbezüglich seien „Kooperationen das Stichwort“. Der Grundsatzbeschluss bringe die „Lehre in einem Schwerpunktbereich nach Tirol“, was eine „hohe gesamtgesellschaftliche und wissenschaftliche Relevanz“ habe.