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Politik

Wahlkampf in Zeiten der Pandemie

Die Gemeinderatswahlen sind üblicherweise Wahlkämpfe „zum Angreifen“. Beim Werben um das höchste Amt in der Gemeinde zählt die Nähe der Kandidatinnen und Kandidaten zu den Wählern besonders stark. In Zeiten der Pandemie verlagert sich der Wahlkampf. Videos im Internet, aber auch der gute alte Postwurf spielen dabei eine wichtige Rolle.

Das Konzert der Musikkappelle oder der Stammtisch im Gasthaus sind im Moment keine guten Plätze für den Wahlkampf zur Gemeinderatswahl. Die Bürgermeisterkandidatinnen und Kandidaten im ganzen Land müssen deshalb auf andere Mittel zurückgreifen, um ihre Botschaft unters Gemeindevolk zu bringen.

Unter dem Motto „Wir für die Gemeinde“ wurden in den letzten Tagen unzählige Fotos von Listen und Kandidatinnen und Kandidaten für die Gemeinderatswahlen in den Sozialen Medien veröffentlicht. Online hat der Wahlkampf an Fahrt aufgenommen, sagt Philipp Umek, Politikwissenschafter der Uni Innsbruck. Die Gemeindepolitik hinke den Trends traditionellerweise hinterher, durch die Pandemie seien die Wahlwerberinnen auf den Listen aber ohnehin mehr online unterwegs, das sei auch im Wahlkampf zu spüren.

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In den Sozialen Medien wird um die Aufmerksamkeit der Wählerinnen und Wähler gebuhlt

Mit Videos nach Stimmen fischen

Videos spielten bei den letzten Gemeinderatswahlen 2016 noch eine eher untergeordnete Rolle, bei diesen Wahlen sind sie ein wichtiger Bestandteil des Wahlkampfes vieler Listen, meint auch Politikberater Thomas Hofer. Auch ältere Kandidatinnen und Kandidaten setzen auf Videos und Fotos im Internet. Die Nachfrage nach professionellen Aufnahmen sei groß, ist auch von Produktionsfirmen zu hören.

Die Gefahr dabei sei aber oft, dass mehr auf den Auftritt an sich, als auf authentische Botschaften gesetzt werde. Immer wieder werde in der Politik auf das falsche Pferd gesetzt: „Präsent zu sein ist wichtiger als etwas Gutes zu sagen“, schmunzelt Politikwissenschafter Philipp Umek. Damit würden sich auch langjährige Politikprofis oft selbst aufs Glatteis führen, und für lustig-komische Moment im Internet sorgen. Authentisch zu sein und sich so darzustellen, wie einen die Menschen in der Gemeinde kennen, sei im Wahlkampf hilfreicher als jede teure Kamera, glaubt der Politikwissenschafter.

Handy für „persönlichen Kontakt mit Abstand“

Bei durchschnittlich 2.500 Einwohnern in den Gemeinden ist der persönliche Kontakt aber auch in Zeiten der Pandemie wichtig für die Gemeinderatswahlen, glaubt Politikanalyst Thomas Hofer. Während das früher mit einem Gemeindefest oder dem Zusammensitzen nach der Sonntagsmesse gelöst wurde, wird jetzt das Wahlwerben per Telefon wichtiger.

Chat
ORF/WhatsAppGenerator
Auch Nachrichten werden gerne verschickt

Das könne ein direkter Anruf der Bürgermeisterkandidatin oder eines Unterstützers sein oder auch eine Sprachnachricht via WhatsApp. Dass die Vernetzung via Chat neue Möglichkeiten biete, habe etwa die Partei „MFG“ bei den Wahlen in Oberösterreich gezeigt, so Hofer. Besonders wichtige werde das Handy in der Schlussphase, wenn es um die letzte Mobilisierung geht.

Comeback des Postwurfs

Immer wieder wird im Wahlkampf auch auf „historische“ Methoden zurückgegriffen. Der Postwurf zum Beispiel war in den Gedanken vieler bereits ausgestorben. Gerade jetzt könne der Postwurf aber wieder seine Wirkung zeigen, da die Menschen mehr zuhause sind und damit auch Zielgruppen erreicht werden, die auf Social Media nicht unterwegs sind, glaubt Hofer.

Philipp Umek von der Uni Innsbruck sieht das ähnlich. Der Postwurf habe zudem den Vorteil, dass Bürgermeisterkandidatinnen und Listenwerber ihn persönlich im Ort austeilen könnten. Damit vermeide man große Menschenansammlungen, komme aber dennoch ins Gespräch. Der Postwurf habe sich in Österreich erstaunlich gut gehalten und erlebe in Wahlkampfzeiten immer noch ein kleines Hoch.

Briefkasten
zoom.tirol
In vielen Briefkästen dürfte bald viel Wahlwerbung landen

Neue Listen habens schwerer

Die Pandemie verändert also den Wahlkampf für alle. Besonders schwierig ist das aber für neu antretende Listen. Sie können, anders als alteingesessene Bürgermeister, nicht auf einem „Grundstock“ der vergangenen Jahre aufbauen und sind oft deutlich weniger bekannt als die Amtsinhaber.

Die Pandemie treffe diese Gruppen also härter und sorge damit für ein klein wenig Wettbewerbsverzerrung, so Hofer. Dass Wahlkämpfe aber auch unter schwierigen Bedingungen durchführbar sind, hätten zuletzt die Wahlen in Graz und Oberösterreich bewiesen. Wie so oft im Wahlkampf gelte es also, die Umstände bestmöglich zu nutzen.