Kläranlage
Georg Hochmuth/APA
Georg Hochmuth/APA
Coronavirus

Abwassermonitoring: Tiroler „Datenloch“

Die Untersuchung des Abwassers hat sich zur Einschätzung des weiteren Verlaufs des Infektionsgeschehens bewährt. In Tirol sind diese Daten, im Gegensatz zu allen anderen Bundesländern, allerdings selbst für die Wissenschafter nicht uneingeschränkt zugänglich. Das sorgt für Kritik.

Ausgeschiedene Coronaviren gelangen über die Kanalisation in die Kläranlagen. Darauf basiert das flächendeckende Abwassermonitoring. Dafür wird unter anderem das Abwasser von 43 Tiroler Kläranlagen untersucht – mehr dazu in CoV-Abwassercheck kommt landesweit.

Die Innsbrucker Mikrobiologie erhält Daten aus ganz Österreich. Aber aus Tirol nur von neun Anlagen, die auch Schulstandorte sind. Die restlichen hält das Land zurück, kritisierte Projektleiter Heribert Insam.

Projektleiter spricht von großem, schwarzem Loch

Er verstehe es nicht, warum man nicht auf politischer Ebene dafür sorgt, dass alles in eine Datenbank gespielt wird, kritisierte der Wissenschafter: „Es gibt viele Interessengruppen, die für dieses Abwassermonitoring sorgen. Aus irgendeinem Grund zögern sie, diese Daten freizugeben“, so Insam. Die Gründe dafür seien für ihn nicht nachvollziehbar. Der Wissenschaftler vermutet politischen Druck und Angst einzelner Bezirke und Gemeinden, transparent zu sein.

Erfasst und sequenziert werden österreichweit auch die Zahlen der Omikron-Viren im Abwasser. Die Daten aus allen Bundesländern werden an die Mikrobiologie weitergeschickt – außer jenen aus Tirol, kritisierte der Projektleiter. Er wisse, dass auch die Tiroler Wasserproben sequenziert werden. Diese Daten gebe es also, allerdings würden sie nicht in seine Datenbank laufen, bedauerte Insam. Es handle sich quasi um ein großes, schwarzes Loch.

Landesamtsdirektor: „Nicht Teil des Auftrags“

Das Land verteidigte sein Vorgehen. Man liefere den Mikrobiologen genau das, was vereinbart sei, sagte Landesamtsdirektor Herbert Forster. Die sequenzierten Daten von drei ausgewählten Anlagen würden in einem Email-Verteiler auch der Mikrobiologie entsprechend zur Verfügung gestellt. Insam wiederum konterte, dass das Wiener Sequenzierungslabor die Rohdaten eben nicht in die gemeinsame Datenbank einspeise.

Der Tiroler Landesamtsdirektor entgegnete, dass er keine Auskunft darüber geben könne, welche genaue Vereinbarung es zwischen dem Bildungsministerium und Professor Insam gebe: „Wir machen jedenfalls das, was mit der Gesundheitsbehörde, dem Gesundheitsministerium und dem Bildungsministerium vereinbart ist. Das liefern wir. Da gibt es auch überhaupt kein Problem“, betonte Forster.

Gesamtdaten würden Arbeit erleichtern

Mikrobiologe Insam besteht weiter darauf, dass die Gesamtdaten für Tirol veröffentlicht und mit anderen Instituten geteilt werden sollten. Das mache auch die Arbeit der Wissenschaftler einfacher, wie er sagte, zumal man ja gemeinsam an der Bekämpfung einer Pandemie arbeite.

Weiters werde das Abwassermonitoring über Steuergelder finanziert. Die Menschen im Land sollten daher einen transparenten, breiten Zugang zu den genauen Daten haben, so seine dringende Forderung.

Detail aus einer Kläranlage
Hermann Hammer

Mögliches Ende der Omikron-Welle in Sicht

Die steile Omikron-Welle könnte vielleicht bald vorbei sein. Zumindest gewisse Werte aus dem Tiroler Abwasser lassen Hoffnung schöpfen. Vorsichtiger Optimismus sei angebracht, sagten am Donnerstag die Innsbrucker Mikrobiologen, die die Virenlast im Abwasser analysieren – mehr dazu in Abwasser: Omikronwelle könnte abflachen. Das Land wollte diese Einschätzung allerdings nicht bestätigen.