Naturschutz – Der renaturierte Schlitterer Gießen im Zillertal
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Umwelt

Naturschutz: Land zieht Zwischenbilanz

Im Herbst des vergangenen Jahres hat die Tiroler Landesregierung ein großes Naturschutzpaket beschlossen. Viele Vorhaben hätten damit bereits umgesetzt werden können, hieß es – vor allem für die Wiederherstellung von Gewässern und Mooren.

Im Rahmen der Regierungsklausur im Herbst 2020 wurde auf Antrag von Tirols Landeshauptmannstellvertreterin Ingrid Felipe (Grüne) ein Naturschutzpaket im Umfang von neun Millionen Euro beschlossen. Eine erste Bilanz fällt ein gutes Jahr später positiv aus, wie die Naturschutzlandesrätin betonte. Es sei gelungen, die Finanzierung zahlreicher Naturschutzprojekte aufzustellen, wovon sich einige bereits in der Umsetzung befänden und andere schon erfolgreich abgeschlossen wurden.

Erfolg hängt von vielen Faktoren ab

"Die Vielfältigkeit der unterschiedlichen Maßnahmen zeigt, an wie vielen Stellschrauben zu drehen ist, um wirksamen Umwelt- und Naturschutz zu realisieren. Ein inhaltlicher Schwerpunkt des Naturschutzpaketes ist der Erhalt und die Revitalisierung von Gewässern und der damit einhergehende Schutz der Artenvielfalt in Tirol“, wie Felipe erklärte.

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Ein Schwerpunkt des Naturschutzpaketes ist der Erhalt und die Revitalisierung von Gewässern und der damit einhergehende Schutz der Artenvielfalt in Tirol – etwa hier am Schlitterer Gießen
Land Tirol/Lechner
Der einst völlig begradigte Zillerzubringer Schlitterer Gießen wurde renaturiert
Zacharias Schähle vom Tiroler Fischereiverband und Lisa Reggentin vom WWF am Schlitterer Gießen nach der fertiggestellten Renaturierung
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Zacharias Schähle vom Tiroler Fischereiverband und Lisa Reggentin vom WWF betrachten das fertige Ergebnis
Laichplatz Schlitterer Gießen
Florian Lechner
Ausbuchtungen wurden geschaffen, um die Fließgeschwindigkeit zu verringern
Äsche
Clemens Ratschan
Fische wie Äschen können so besser laichen und sich wieder fortpflanzen

Natürliche und frei fließende Gewässer- und Flusssysteme als Lebensraum für Tiere und Pflanzen sind insbesondere im Alpenraum selten gewordene Ökosysteme, die aufgrund von baulichen Flussregulierungen für Hochwasserschutz, Landwirtschaft und Energiegewinnung in den vergangenen Jahrzehnten auch in Tirol stark beeinträchtigt wurden. Deshalb würden noch frei fließende Gewässerstrecken wie etwa Abschnitte des Inn oder der Isel in Osttirol unter Schutz gestellt, hieß es. Wo es in der Vergangenheit Eingriffe gegeben hat, will man die betroffenen Gebiete so weit es geht wiederherstellen. Maßnahmen seien an der Drau und am oberen Inn bei Zams bzw. Tösens geplant.

Einziger Lebensraum seltener Molche

Damit solle sich die fließgewässertypische Biodiversität an diesen Streckenabschnitten deutlich erhöhen, wurde betont. Ein ähnliches Ziel wird mit den Revitalisierungsarbeiten am Nörsacher Teich im Gemeindegebiet von Nikolsdorf verfolgt. Er ist in Osttirol der letzte bekannte Lebensraum für den besonders schützenswerten Alpenkamm- und Teichmolch. Die Einwirkungen der naheliegenden Straßen sowie der intensiven Landwirtschaft in der Umgebung haben den Teich in der Vergangenheit schwer beeinträchtigt und machen diese ökologischen Wiederherstellungseingriffe nun notwendig.

Der Nörsacher Teich in Osttirol, als wertvoller Lebensraum vieler besonderer, aber auch seltener Lebewesen wird revitalisiert und damit langfristig erhalten
Revital
Im Nörsacher Teich in Osttirol leben noch seltene Tierarten

Moore als wichtige CO2-Speicher

Im vergangenen Jahr wurden auch die Renaturierungen ausgewählter Moore in Tirol beschlossen. „Unsere Moore und Torfe sind vor allem in Zeiten des Klimawandels als CO2 – Speicher eine der wertvollsten Landschaftsarten, die wir haben. Mit den bereitgestellten 630.000 Euro sollen in den kommenden drei Jahren eine flächendeckende Moorstandortkartierung abgeschlossen sowie konkrete Schutz- und Renaturierungsmaßnahmen – der erfolgreichen Moorschutzarbeit im Karwendel folgend – erarbeitet und umgesetzt werden“, skizzierte Ingrid Felipe die Pläne – mehr dazu in Moore: Mehr Geld für die CO2-Speicher.

Gemeinsam mit der Universität Innsbruck und den Tiroler Landesmuseen wurde auch der Finanzierungsanteil des Landes Tirol für die Erstellung der Roten Liste für Gefäßpflanzen, sichergestellt. Rote Listen von gefährdeten Arten bilden eine der wichtigsten Bewertungskriterien für eine Reihe von naturschutzrechtlichen Bewilligungs- und Förderverfahren.

Moore sind wertvolle CO2 – Speicher: Neben der Vervollständigung der Moorstandortkartierung werden konkrete Schutz- und Renaturierungsmaßnahmen zum Erhalt ausgewählter Moorstandorte umgesetzt
Land Tirol/Leiner
Die Tiroler Moore sollen flächendeckend auf einer Karte erfasst werden

Unterstützung für Tiroler Naturparke

Die fünf Naturparke in Tirol leisten wichtige Beiträge im Bereich der Umweltbildungsarbeit und beim Schutzgebietsmanagement. Sie sind jedoch akut bedroht, wie Felipe erklärte: „Naturparke sind durch die pandemiebedingten Reiseeinschränkungen zu noch größeren Magneten für Besucherinnen und Besucher geworden." Mit den zusätzlichen Landesmitteln sollen Artenschutzprojekte finanziert und Naturparkhäuser modernisiert werden. Außerdem soll die Lenkung der Besucherströme verbessert werden, fasste Felipe zusammen und verwies zudem auf die größte Schutzgebietserweiterung der vergangenen 30 Jahre am Kaunergrat im heurigen Jahr.

„Auch hier soll eine partnerschaftliche Kooperation zwischen Natur-, Landwirtschaft- und Tourismusinteressen unser gemeinsames Ziel sein. Das Land Tirol wird den Naturpark Kaunergrat auf dem Weg zu einer Modellregion im Zusammenwirken dieser Bereiche selbstverständlich unterstützen und hat dafür bereits 75.000 Euro aus dem Naturschutzschwerpunkt vorgesehen.“

Beeren an einem kahlen Strauch im Herbst am Schlitterer Gießen
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Broschüre für klimafreundliche Touren

Weitere Projekte sind die Erweiterung des Naturparkhauses im Bergsteigerdorf Ginzling, Maßnahmen zur Lenkung der Besucherinnen und Besucher an besonders beliebten Freizeit-Hotspots im Karwendel sowie die bereits abgeschlossene Aktualisierung der WÖFFI-Broschüren, welche insgesamt 78 Wander- und Bergtouren mit öffentlicher und damit klimafreundlicher Anreise in die Naturparke beinhalten.