Ein Impfpass wird gestempelt
APA/EXPA/Johann Groder
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CORONAVIRUS

Impfpflicht als „immense Herausforderung“

Am Montag ist die Begutachtungsfrist für das geplante Impfpflicht-Gesetz ausgelaufen. Das Land Tirol sieht in einer Stellungnahme „immense Herausforderungen“ für Behörden und Gerichte. Kosten und Personalaufwand für die Umsetzung würde der Bund stark unterschätzen.

Mit rund 460.000 Strafverfügungen pro Jahr wegen Verstößen gegen die Impfpflicht rechnet das Land Tirol. 117.000 noch nicht geimpfte Tirolerinnen und Tiroler würde die Impfpflicht treffen, sie müssten dann in jedem Quartal wieder gestraft werden – für die Behörden sei das ein unglaublicher bürokratischer Aufwand. Die Behörden seien durch die Pandemiebekämpfung ohnehin schon stark beansprucht, eine Überlastung sei „sogar zu erwarten“.

Land rechnet mit starkem Anstieg bei Strafverfahren

Abzusehen sei außerdem, dass gut 60 Prozent der Betroffenen diese Verfügungen beeinspruchen würden, rechnet das Land. Damit seien pro Quartal 69.000 Strafverfahren notwendig. Der Personalaufwand dafür sei enorm und werde von der Bundesregierung „zum Teil weit unterschätzt“, heißt es in der Stellungnahme weiter. Beim Land Tirol rechnet man damit, dass allein auf Bezirksebene 150 Vollzeitbeschäftigte zusätzlich notwendig sein würden, das würde Personalkosten in Höhe von 6,4 Millionen Euro bedeuten.

In vielen Fällen sei außerdem damit zu rechnen, dass Beschwerde beim Landesverwaltungsgericht erhoben werde. Das könnte jedes Jahr zu zehntausenden Verfahren in Tirol führen. Zum Vergleich dazu führt das Land Tirol an, das derzeit nur rund 3.000 Verfahren jährlich beim Landesverwaltungsgericht stattfinden. „Resolute Impfgegner“ werden diesen Rechtsweg bestreiten, mutmaßt das Land in seiner Stellungnahme an das Gesundheitsministerium. Schätzungen zufolge wären das in Tirol etwa 20.000 bis 35.000 Personen. Für 14-18-Jährige könnte sich das Land Tirol eine verpflichtende Beratung anstelle eines Strafverfahrens vorstellen.

Landesverwaltungsgericht
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Auch beim Landesverwaltungsgericht könnte es einen starken Anstieg bei den Verfahren geben

Unklarheiten in Gesetzesentwurf

Nicht klar formuliert sei im Entwurf, wie sich die Impfpflicht auf den Arbeitsplatz auswirkt. Aktuell sei es so, dass es in dem Gesetzesentwurf keine Querverbindungen zum Arbeits- oder Dienstrecht geben, die Erfüllung der allgemeinen Impfpflicht sie damit keine Voraussetzung für bestimmte berufliche Tätigkeiten.

Nach der aktuell geltenden Covid-Schutzmaßnahmenverordnung könne der Arbeitsort mit einem 3G-Nachweis, also mit Nachwiese über Impfung, Genesung oder einen Covid-Test, betreten werden. Mit der Impfpflicht gelte dann aber gleichzeitig die gesetzliche Verpflichtung zur Impfung. Hier fordert das Land eine Klarstellung, um offene Vollzugsfragen möglichst im Vorfeld bereits zu vermeiden. Die Arbeiterkammer sieht den Entwurf ebenfalls kritisch, eine Impfpflicht sei aber alternativlos – mehr dazu in Impfpflicht für AK-Präsidentin Anderl alternativlos.

Wer darf Impfbefreiung ausstellen?

Kritisch gesehen werden in der Stellungnahme des Landes Tirol auch die Impffreistellungsatteste. Hier schlägt das Land vor, dass diese Impfbefreiungen nicht von den Hausärzten ausgestellt werden sollen, sondern von einer zentralen Stelle wie beispielsweise den Sozialversicherungsträgern.

Der Antrag könnte via Onlineformular eingereicht und von einem Ärzte-Board geprüft werden. Damit wäre eine anonyme und evidenzbasierte Entscheidung möglich, so, das Land. Gleichzeitig werde damit vermieden, dass Druck auf die behandelnden Ärzte ausgeübt werde. Auch andere Bundesländer hatten hier bereits Änderungen im Entwurf zur Impfpflicht gefordert – mehr dazu in Impfpflicht: Ärzte fürchten massiven Druck.

Appell für mehr Impfanreize

Das Land appelliert in der Stellungnahme außerdem an das Gesundheitsministerium, in den nächsten Wochen eine intensivierte Impfkampagne durchzuführen und weitere Impfanreize zu setzen. Je mehr Leute sich vor Inkrafttreten des Gesetzes impfen lassen, desto besser könnten Behörden und Verwaltungsgerichte präventiv entlastet werden, so die Hoffnung.

Am Montag gingen beim Gesundheitsministerium die letzten Stellungnahmen der Länder, aber auch der Interessensvertreter wie der Arbeiterkammer oder der Wirtschaftskammer, ein. Es ist damit zu rechnen, dass es noch einige Änderungen geben wird, bevor der Gesetzesentwurf zur Abstimmung im Nationalrat landet.