Virologin Dorothee von Laer am Mikroskop im Labor
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Wissenschaft

Von Laer: weniger Immunabwehr bei Omikron

Eine Laboruntersuchung des Virologie-Instituts der Innsbrucker Medizin-Universität zeigt, dass das Immunsystem eine schlechtere Abwehr gegen die Omikron-Variante des Coronavirus aufweist. Getestet wurde das mit Blutproben von Genesenen und Geimpften.

Die Untersuchung bestätigte auch, dass dass der Impfschutz bei zweifach Geimpften innerhalb weniger Monate signifikant zurückgehe. Studienautorin und Virologin Dorothee von Laer rief deshalb im Interview mit der Austria Presse Agentur (APA) eindringlich zur Booster-Impfung auf.

Auch Genesene sollten sich unbedingt impfen lassen, um einer abermaligen CoV-Infektion vorzubeugen, so von Laer. Erste Studien aus Südafrika deuten darauf hin, dass sich Genesene häufiger mit Omikron infizieren als das bei vorhergehenden Varianten des Coronavirus der Fall war. Dies hat Implikationen für alle, die sich noch nicht impfen ließen, warnte die Virologein: „Je mehr Geimpfte das Virus symptomlos in sich tragen, desto gefährlicher ist die Situation für die Ungeimpften“.

Virologin Dorothee von Laer im ORF Interview
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Das Innsbrucker Virologie-Institut unter Leitung von Dorothee von Laer hat die Laborstudie zur Immunabwehr bei der Omikron-Virusvariante durchgeführt

Von Laer betont Wichtigkeit von Booster-Impfung

Bei den Blutproben von Genesenen und Geimpften habe sich aufgrund der neutralisierenden Antikörper eine Immunantwort gegen die neue Omikron-Variante gezeigt, so Von Laer zu den Laborstudien in Innsbruck. Doch der Impfschutz nehme mit der Zeit ab. Von Laer empfahl deshalb: „Doppelt Geimpfte sollten sich eher früher als später den dritten Stich holen“. Vorläufige Daten von Labor-Untersuchungen am Universitätsklinikum Frankfurt würden diese These untermauern: „Die Virologin Sandra Ciesek und ihr Team konnten zeigen, dass der dritte Stich einen guten Schutz vor Omikron bietet“, wusste Von Laer. Diese Daten wurden noch nicht von Fachkollegen überprüft und am Mittwoch in einem Preprint-Paper publiziert. Auch Biontech/Pfizer habe ähnliche Erkenntnisse veröffentlicht.

Die vorliegenden Ergebnisse würden nahelegen, dass die Entwicklung eines an Omikron angepassten Impfstoffs sinnvoll ist, unterstrich die Virologin. „Ziel wäre es, einen Impfstoff zu haben, der einen längeren Schutz bietet“. Dieser sei aber „noch nicht da“. Von Laer riet deshalb dringend davon ab, auf einen auf Omikron optimierten Impfstoff zu warten, sondern sich schnellstmöglich eine Auffrischungsimpfung verabreichen zu lassen.

Laborstudie auf Antikörper beschränkt

In der nunmehr abgeschlossenen Laborstudie wurden lediglich neutralisierende Antikörper untersucht. Die Immunantwort setzt sich aber aus unterschiedlichen Faktoren zusammen, eine wesentliche Rolle spielen etwa die sogenannten „Killerzellen“ (T-Zellen). Sie schützen vor schweren Verläufen. Aktuell sei anzunehmen, dass sich die Omikron-Mutante deutlich schneller verbreite und infektiöser ist als vorhergehende Mutationen. Erste Studien deuten auf leichtere Verläufe hin. Dazu konnte die Innsbrucker Laborstudie noch keine Erkenntnisse liefern, weil klinische Studien noch anstehen.

Arzt impft Mann gegen das Coronavirus
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Booster-Impfung laut Von Laer für verbesserte Immunabwehr äußerst wichtig

In klinischen Folgestudien will das Innsbrucker Institut für Virologie andere Aspekte der Immunantwort beleuchten wie etwa die T-Zelle, kündigte Von Laer an. Zudem liege das Augenmerk nun darauf, zu verstehen „wie sich das Virus verhält und sich vermehrt“. Es sei noch fraglich, ob Omikron Delta verdrängen werde. Sollte dem so sein, wäre es umso wichtiger, eine hohe Durchimpfungsrate zu erreichen, wurde Von Laer nicht müde zu betonen.

Erste Reaktionen auf Innsbrucker Studie

Der in den USA tätige österreichische Virologe Florian Krammer bezeichnete die Untersuchung des Innsbrucker Teams auf Twitter als „exzellente Arbeit“. Die ersten Erkenntnisse aus Laboruntersuchungen zur Fähigkeit von Omikron, einen aufgebauten Schutz zu umgehen, stimmen den Wissenschafter von der Icahn School of Medicine at Mount Sinai in New York dabei nachdenklich.

Florian Krammer
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Der österreichische Virologe Florian Krammer forscht in New York

Krammer hatte zuletzt in einem Pressegespräch bekräftigt, dass es sich nicht auszahle, auf inaktivierte Impfstoff bzw. sogenannte Totimpfstoffe zu warten. Diese könnten „nicht unbedingt eine gute T-Zell-Antwort hervorrufen und nur niedrige neutralisierende Antikörpertiter induzieren“. Außerdem könne hier die Wirksamkeit der Immunantwort am stärksten abnehmen.

„Wir müssen uns also auf weitere Sicherheitsnetze unseres Immunsystems verlassen können“, so der Forscher. Habe man grundsätzlich weniger Antikörper und eine geringere T-Zell-Antwort aufgebaut, werde es umso leichter „für eine starke Escape-Variante wie Omikron sein, eine Krankheit auszulösen“. Man müsse sich eingestehen, dass nicht alle Impfstoffe gleichwertig seien, „wir sehen durchaus Unterschiede“, sagte Krammer.