Landesgericht Innsbruck
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Gericht

Causa Erl: Klage gegen Wilhelm abgewiesen

In einem Zivilrechtsverfahren ist nun auch die letzte Klage der Festspiele Erl Betriebsgesellschaft gegen den Aufdeckerjournalisten Markus Wilhelm auf Unterlassung abgewiesen worden. Wilhelm hatte auf seiner Internetseite schwere Vorwürfe gegen die Betriebs-GmbH und den damaligen Festspielleiter Gustav Kuhn erhoben.

3,5 Jahre und zwölf Verhandlungsrunden hat das Verfahren gedauert, jetzt hat das Landesgericht Innsbruck die Klage gegen Markus Wilhelm abgewiesen. Die Tiroler Festspiele Erl Betriebs-GmbH hatte ihn auf Unterlassung geklagt: Wilhelm hatte auf seiner Internetseite dietiwag.org behauptet, beim Betrieb der Festspiele Erl bestehe der Verdacht auf Lohndumping, Lohnwucher, Scheinselbständigkeit und Abgabenhinterziehung. Dabei handle es sich zweifellos um eine Tatsachenbehauptung, steht in der rechtlichen Begründung des Urteils.

Erl-GbmH muss Prozesskosten zahlen

Damit muss die Tiroler Festspiele Betriebs-Gmbh auch die Prozesskosten in der Höhe von rund 25.000 Euro bezahlen. Der Beklagte habe „noch vor der Veröffentlichung seines Blogs per E-Mail beim stellvertretenden Intendanten der klagenden Partei und bei Dr. Gustav Kuhn um eine Stellungnahme angefragt“, begründete das Landesgericht die Entscheidung. Beide hätten keine solche abgegeben. Der Beklagte habe zudem „in ausreichendem Umfang bewiesen“, dass „der sachliche Kern“ der „online gestellten Verdachtslage im Zeitpunkt der Veröffentlichung vorlag“, so das Gericht weiter. Auch die „vitale Rolle der Medien als die eines ‚public watchdog‘ in einer demokratischen Gesellschaft“ sei zu beachten.

„Unfassbare Zustände“ an die „große Glocke gehängt“

„De iure bin wohl ich auf der Beklagtenbank gesessen, de facto ist aber über die unfassbaren Zustände bei den Festspielen Erl gerichtet worden“, schrieb Wilhelm auf seinem Blog. Denn diese seien dank des Verfahrens schließlich „sehr detailreich protokolliert und amtlich“ geworden. Die Steuernachforderungen, sowie die „behördlich verfügten saftigen Strafzahlungen“ seien durch den Prozess erst „an die richtig große Glocke gehängt worden“, unterstrich Wilhelm.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Laut Gerichtssprecher könnten die Festspiele Erl bis Mitte Jänner gegen das Urteil widerrufen.

Erste Vorwürfe 2018 veröffentlicht

Das Urteil rief auch die Tiroler Opposition auf den Plan. LAbg. Markus Sint von der Liste Fritz befand es als „pikant“, dass die Tiroler Landesregierung die Festspiele Erl derzeit „mit jährlich 1,75 Millionen Euro Steuergeld“ „großzügig“ unterstützt. So gesehen habe die Tiroler Landesregierung „auch die Klage gegen Markus Wilhelm unterstützt“, schlussfolgerte Sint, für den der Sieg des Ötztaler Bloggers, „ein Sieg des Mutes, der Zivilcourage und des Durchhaltevermögens“ war.

Seit Wilhelm im Frühjahr 2018 erste Vorwürfe wegen sexueller Belästigung und Machtmissbrauchs gegen Gustav Kuhn in dessen Funktion als Intendant der Erler Festspiele veröffentlicht hatte, lief ein heftiger Rechtsstreit – mehr dazu in Erl: Künstlerinnen fordern Entschuldigung. Seine Funktionen in Erl hat Kuhn im Herbst 2018 zurückgelegt. Zu einer Anklage gegen Gustav Kuhn kam es in Folge aber nicht. Im März 2020 stellte die Staatsanwaltschaft Innsbruck das Ermittlungsverfahren gegen ihn ein, da am Ende kein Vorfall übergeblieben sei, der strafbar, nicht verjährt und beweisbar gewesen wäre – mehr dazu in Keine Anklage wegen sexueller Belästigung.