Der Tiroler Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) in der ORF-„Pressestunde“
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Platter will nach Lockdown fast alles öffnen

Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) spricht sich für eine komplette Öffnung nach Ende des Lockdowns aus und widerspricht damit seinem Wiener Kollegen Michael Ludwig (SPÖ), der sich nur eine schrittweise Öffnung vorstellen kann. Auch Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) ist für eine vorsichtige Öffnung.

Günther Platter verwies auf die Beschlüsse der Landeshauptleutekonferenz, deren Vorsitzender er derzeit ist, am Achensee am 19. November. Dort hätten Landeshauptleute und Regierung unterschrieben, dass ab 13. Dezember wieder geöffnet werde und für Geimpfte der Lockdown zu Ende ist. „Wir haben das versprochen.“ Wenn man jetzt nur den Handel öffne, werde die Bevölkerung nicht mehr mitmachen. „Wenn wir so weiter tun, haben wir auch die Geimpften auf der Straße, weil sie sich auf die Regierung nicht verlassen können. Ich will, dass eingehalten wird, was vereinbart wurde“, so Platter.

Die Öffnung solle aber von klaren Sicherheitsvorkehrungen begleitet sein und der Lockdown für Ungeimpfte weitergehen. Es solle keine Nachtgastronomie geben, fix zugewiesene Sitzplätze und Maskenpflicht. Es solle „deutliche Einschränkungen“ geben, aber „wenn wir was vereinbaren und die Zahlen in die richtige Richtung zeigen, muss man das einhalten“, so Platter. Er schlug in der ORF-Pressestunde zudem vor, Corona-Tests nach Einführung der Impfpflicht am 1. Februar kostenpflichtig zu machen.

Auch Wirtschaftskammer für geplante Öffnung

Auch Tirols Wirtschaftskammerpräsident Christoph Walser sprach sich für ein Ende des Lockdowns für Geimpfte ab 13. Dezember aus und verwies aufgrund der fortschreitenden Durchimpfung zudem auf die, wie er sagte, „völlig geänderten Rahmenbedingungen“. Alle Sparten, vom Handel bis zur Hotellerie, sowie alle Bereiche des Lebens sollten deshalb wie geplant aufsperren dürfen.

Österreich stelle in Mitteleuropa „quasi eine Lockdown-Insel" dar: „Während bei uns die Geschäfte, die Restaurants und die Hotels zu haben, locken unsere Nachbarn nicht nur Kunden und Gäste, sondern auch immer mehr Mitarbeiter nach Südtirol oder in die Schweiz“, gab Walser zu bedenken.

Skifahrer in Ischgl
LIEBL Daniel | zeitungsfoto.at
Die Skigebiete dürfen trotz des Lockdowns offen halten

Platter verweist auf notwendige Freiheiten

Dass Skifahren möglich ist, begründete Platter damit, dass es für die Menschen wichtig sei, auslüften zu können. „Man muss den Menschen bestimmte Freiheiten geben.“ Es brauche eine Abwägung zwischen der Aufrechterhaltung der medizinischen Versorgung und dem Faktum Mensch. Die Politik dürfe die Psyche der Menschen nicht außer Acht lassen, das Einsperren verursache auch Gewalt, verwies Platter auf die extrem hohe Zahl an Frauenmorden. Er wolle das nicht unbedingt in Verbindung bringen, „aber wir müssen verdammt aufpassen, was das mit der Psyche der Menschen macht.“ Über Weihnachten nicht ins Restaurant gehen zu dürfen, „das geht nicht“, so Platter.

Der Landeshauptmann widerspricht mit seiner Meinung sowohl dem Wiener Bürgermeister Ludwig als auch Vizekanzler Kogler. Letzter sagte im „Kurier“ (Sonntagsausgabe): „Die Entscheidung fällt am Mittwoch, wo wir die verschiedenen Experten hören werden. Meiner Prognose nach werden Öffnungsschritte möglich sein. Aber wir werden nicht alles über Nacht aufsperren können. Es wird weiter Beschränkungen geben müssen zum Schutz unserer Gesundheit.“

Vertrauen in Stabilität von der schwarz-grünen Koalition

Platter zeigte sich zuversichtlich, dass die schwarz(türkis)-grüne Bundesregierung trotz der Turbulenzen in der ÖVP halten wird. Für Neuwahlen sah er in der ORF-Pressestunde am Sonntag keinen Anlass. „Ich kenne wenige, die dafür sind.“ Die Menschen wollten keine Wahlen, denn das bedeute Verunsicherung. „Wir stehen den Wählern im Wort“, so Platter. Dass die Landeshauptleute in der ÖVP die Macht übernommen hätten, stellte er in Abrede.

Gewicht der Landeshauptleute „selbstverständlich“

Dass die Landeshauptleute mitreden, sei in einem föderalistischen System „selbstverständlich“. Die Entscheidungen seien aber gemeinsam mit dem neuen Obmann Karl Nehammer gefällt worden. Dass der steirische Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer am Freitag die Wahl im Bundesparteivorstand vorzeitig den Medien verkündete und damit die Pressekonferenz von Nehammer abschoss, sei ein Missverständnis gewesen, sagte Platter. Schützenhöfer habe nicht gewusst, dass er live auf Sendung gewesen sei. Er habe Nehammers Auftritt nicht sabotieren wollen und niemandem schaden wollen.

Günther Platter und Sebastian Kurz sitzen an einem Tisch und sprechen miteinander
Land Tirol/Die Fotografen
Kurz hatte Tirols Landeshauptmann nicht über seinen geplanten Rückzug aus der Politik informiert

Von Kurz nicht vorinformiert

Der Abgang von Sebastian Kurz habe ihn überrascht. „Ich habe es vorher nicht gewusst.“ Deswegen sei aber auch rasches Handeln gefragt gewesen. Platter zeigte Verständnis für die Entscheidung von Kurz und dankte diesem. „Er hat eine unglaubliche Strahlkraft gehabt.“ Aber Nehammer habe eine Breite und sei ein harter Arbeiter. Nehammer stehe für Leistung und Sicherheit, habe aber auch die Sensibilität für andere Bereiche. „Nehammer ist einer, auf den wir uns verlassen können. Er ist verlässlich und hört zu.“