Äschen
Christoph Walder
Christoph Walder
Tiere

Schwallbetrieb verstößt gegen Tierschutz

Eine neue Studie belegt laut WWF, Ökobüro und Tiroler Fischereiverband die dramatischen Folgen für Fische durch den Sunk-Schwallbetrieb der Wasserkraftwerke. Millionen von Tieren würden jährlich in Österreich deshalb verenden.

Die Naturschutzorganisation WWF Österreich präsentierte im Rahmen einer Pressekonferenz am Dienstag gemeinsam mit Ökobüro und Fischereiverband Tirol die neue Rechtsstudie zur Schwall-Sunk-Belastung durch Wasserkraftwerke. „Das schnelle drastische Steigen und Sinken des Wasserspiegels in den Flüssen verursacht den Tod von bis zu 200 Millionen Jungfischen und Fischlarven pro Jahr“, warnte Bettina Urbanek, Gewässerschutzexpertin beim WWF Österreich.

Massives Tierleid wegen Sunk-Schwallbetrieb

Laut der Studie stellt der aktuelle Betrieb der Speicherkraftwerke mit der massenhaften Tötung von Fischen einen Verstoß gegen das Tierschutzgesetz dar. Deshalb forderte der WWF gemeinsam mit dem Fischereiverband Tirol ein Ende des Tierleids durch eine eigene Schonzeit für Jungfische. „Die Wasserkraft-Branche muss rasch handeln. Die Betreiber setzen sich sonst der Gefahr aus, laufend und fahrlässig gegen das Tierschutzgesetz zu verstoßen“, so Urbanek.

Äschen in einer Fischzucht
Christoph Walder
So zahlreich gibt es Äschen nur noch in Fischzuchten, in den Flüssen und Bächen sind sie fast ausgestorben

Verstoß gegen das Tötungsverbot

Das Tierschutzrecht schützt das Leben jedes Tieres, auch das von Fischen, Jungfischen und sogar Fischeiern, da diese eigenständig leben können. „Das fahrlässige Töten von Fischen in schwallbelasteten Flüssen ist daher ein Verstoß gegen das Tötungsverbot nach Paragraph 6 des Tierschutzgesetzes“, sagte Katarina Zalneva, Studienautorin und Umweltjuristin bei Ökobüro. „Bereits erteilte wasser- oder naturschutzrechtliche Genehmigungen spielen für den Tatbestand keine Rolle, da die Fischtötungen in diesen Verfahren nicht behandelt werden und daher nicht von der Bewilligung mit erfasst sind.“

Um die Tötungen auch nur ansatzweise rechtfertigen zu können, müsste laut Tierschutzgesetz ein vernünftiger Grund vorliegen. Das treffe aber auf den aktuellen Betrieb von Schwallkraftwerken nicht zu, wie die Studie zeigt: Erstens sei dieser häufig auf maximalen Erlös und Gewinn ausgerichtet, was gemäß Rechtsprechung keinen vernünftigen Grund darstelle. Zweitens gebe es auch zur Betriebsweise für die Netzstabilität Alternativen, die stärker genützt und ausgebaut werden müssen. „Die Zeiten, in denen Speicherkraftwerke ohne Rücksicht auf Verluste betrieben werden können, müssen endgültig vorbei sein“, forderte Bettina Urbanek vom WWF.

Schonzeiten für Fische gefordert

„Fische sind essentielle Lebewesen unserer Gewässer und gute Gradmesser für den Zustand von Fluss-Ökosystemen. Am Beispiel der stark schwallbelasteten Flüsse Inn und Ziller in Tirol sieht man den Einfluss der Wasserkraft und die damit verbundene drastische Abnahme der Fische über die Jahrzehnte. Wenn wir weiterhin zulassen, dass der Schwall ungezügelt unsere Flüsse heimsucht, dann haben wir in naher Zukunft keine Äschen, Koppen und andere Fischarten mehr“, warnte Zacharias Schähle, Leiter des Tiroler Fischereiverbandes. „Schon jetzt beträgt der Fischbestand im Inn über weite Abschnitte nur 20 Prozent des eigentlichen Sollzustandes. Im unteren Abschnitt des Zillers sind es gar nur zwei Prozent.“

Dafür gebe es zwar mehrere Ursachen, der Schwall-Sunk-Betrieb spiele aber eine entscheidende Rolle. Der geringe Fischbestand zeige jedenfalls die fatalen Auswirkungen, die das Töten so unvorstellbar vieler Jungfische und Fischlarven habe. Als Sofortmaßnahme fordern der WWF und der Tiroler Fischereiverband deshalb auf allen Schwallstrecken Österreichs die Einführung eines „Jungfischfensters“: einer neunwöchigen Schonzeit im Mai und Juni. Würde die Schwallbelastung in den sensibelsten ersten Wochen der Entwicklung gestoppt oder zumindest stark verringert, könnte die Tötung vieler Jungfische und Fischlarven vermieden werden.

Problem ist seit langem bekannt

Österreichweit sind 725 Kilometer an Flussstrecken so stark durch Schwall und Sunk belastet, dass sie laut EU-rechtlichen Vorgaben saniert werden müssen. Obwohl diese Vorgabe seit über 20 Jahren bekannt ist, ist Österreich bei den notwendigen Maßnahmen säumig. „Laut EU-Recht hat Österreich noch bis 2027 Zeit, die Schwallbelastung zu sanieren. Auf das Tierleid müssen die Kraftwerksbetreiber jedoch sofort reagieren. Sonst stellt der Schwallbetrieb einen fortlaufenden verwaltungsstrafrechtlichen Verstoß gegen das Tierschutzgesetz dar“, erklärte Bettina Urbanek vom WWF.