Röhrchen für Gurgeltests im Labor
APA/HERBERT NEUBAUER
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Coronavirus

CoV-Neuinfektionen auf Jahreshöchstwert

Von Freitag auf Samstag sind in Tirol 345 neue CoV-Infektionen registriert worden, so viele wie seit Dezember 2020 nicht mehr. Hinsichtlich der Bettenkapazitäten im Krankenhaus sei die Situation besorgniserregend, so Intensivmediziner Walter Hasibeder, der die Verantwortung des Einzelen für die Gesellschaft betont.

Die höchste 7-Tage-Inzidenz weisen in Tirol derzeit die Bezirke Reutte mit 493 und Landeck mit 482 auf.

Im Bezirk Landeck haben vor allem Rückkehrer eine Busreise die Infektionszahlen steigen lassen, in allen anderen Landesteilen ließen sich die Gründe für den rasanten Anstieg nicht eindeutig festmachen, so Elmar Rizzoli vom Corona-Einsatzstab des Landes: „Wir haben in den letzten Tagen ein sehr dynamisches Fallgeschehen, es ist kein Landesteil und kein Lebensbereich davon verschont. Es gibt einige Infektionsketten in Schulen, aber auch im familiären Bereich und im beruflichen Umfeld.“

Ein Behandlungszimmer mit einem Covid-19-Patienten der Intensivstation am Krankenhaus Zams
ORF
Der rasante Anstieg der Neuinfektionen werde spätestens in zwei Wochen auch auf den Intensivstationen zu spüren sein, so Mediziner Walter Hasibeder.

Schutz der Vektor-Impfstoffe lässt schneller nach

Die Neuinfektionen wirken sich mit Verzögerung auf die Intensivbetten aus. Die Situation sei besorgniserregend, so Walter Hasibeder, leitender Intensivmediziner am Krankenhaus Zams. Man müsse damit rechnen, dass man diesen Effekt in acht bis zwölf Tagen auf den Intensivstationen zu spüren bekommen wird. Zum Großteil erkranken Ungeimpfte. Zehn bis 15 Prozent der Erkrankten sind geimpft, leiden aber unter starken Vorerkrankungen, sind immunsupprimiert oder wurden bereits früh mit Vektorimpfstoffen geimpft. Vektorimpfstoffe hätten nicht den selben Schutzeffekt wie MRNA-Impfstoffe, so Hasibeder, zudem lasse der Schutzeffekt stärker nach. Der Mediziner rät deshalb Vektor-Geimpften, sich mit einem MRNA-Impfstoff nachimpfen zu lassen.

Einschränkungen für Ungeimpfte

Die Zahlen stiegen zuletzt in ganz Österreich. Die Bundesregierung hat daher Freitagabend nach einem Gespräch mit den Landeshauptleuten neue Maßnahmen präsentiert, die sich weiter an der Auslastung der Intensivbetten orientieren – mehr dazu in Lockdown für Ungeimpfte als letzte Stufe.

Walter Hasibeder, Leiter der Intensivmedizin am Krankenhaus Zams
ORF
Intensivmediziner Walter Hasibeder betreut mit seinem Team seit fast 20 Monaten Covid-Patientinnen und Patienten am Krankenhaus Zams

Die Einschränkungen in der 4. und 5. Stufe für Ungeimpfte ergeben für Hasibeder durchaus Sinn, allerdings seien die Maßnahmen „etwas spät“ gekommen. „Wir haben bereits 11.700 Tote – wie groß kann ein Kollateralschaden in einer Gesellschaft sein, bevor man Handlungen setzt?“ Hasibeder hofft aber, dass mit der 3-G-Regel das Infektionsgeschehen in den Griff bekommen wird.

„Jeder hat Verantwortung für andere“

Kritik dagegen kommt von Tirols FPÖ-Chef Markus Abwerzger. Niemand dürfe zu medizinischer Behandlung direkt oder indirekt gezwungen werden. Nur die Belegung der Intensivbetten sei entscheidend. Intensivmediziner Hasibeder stimmt dem nicht zu: „Jeder hat eine Verantwortung gegenüber der Gesellschaft. Jeder ist verantwortlich dafür, dass es den anderen nicht schlecht geht. Es ist was anderes, ob ich jeden Tag drei Packungen Zigaretten rauche und fett esse – da gefährde ich nur mich selber. Wenn ich mich nicht impfe und infiziere und dann vielleicht sogar zum Superspreader werde, dann werde ich viele andere anstecken, davon werden einige schwer erkranken, Folgeschäden haben und sogar sterben. Das ist ein gravierender Unterschied“, so der Intensivmediziner.

Hasibeder ärgert sich auch über einen Privatsender, der „fast jede Woche irgendwelche Fake-News verbreitet“. „Erst gestern hat dort einer gesagt, dass es keine Evidenz dafür gebe, dass die Durchimpfungsrate einen Einfluss auf die Fallzahlen hat. Dabei kann man es gerade in Österreich bis auf den Bezirk runterbrechen: Bezirke mit niedrigster Impfquote haben die höchsten Fallzahlen“, so Hasibeder, der bedauert, dass Leute „so einen Blödsinn glauben“.

Prognosen wie es im Winter mit den Coronaerkrankungen weitergehen wird, ließen sich schwer erstellen. Es sei denn, die die Impfbereitschaft würde sich erhöhen. Zu erwarten sei jedenfalls, dass wieder viele Eingriffe verschoben werden müssen.