Ob Semmel, Kornspitz, Laib oder Salzstangerl – ein Leben ohne Brot kann sich Philipp Decker nicht vorstellen. Wenn er vom Brot erzählt, hört man ihm die Begeisterung an: „Für mich ist schon der Geruch der Zutaten sehr emotional“, schildert er. „Der schönste Teil der ganzen Arbeit ist aber natürlich, das fertige Brot aus dem Ofen zu holen.“
Waldstaudenroggen
Waldstaudenroggen ist eine alte Getreidesorte. Er wird um den 24. Juni herum ausgesät und deshalb auch als „Johannisroggen“ bezeichnet.

Schon als Kind war der junge Mann Dauergast in der elterlichen Backstube: „Ich hatte eine wunderschöne Kindheit. Ich bin damit aufgewachsen und habe die Arbeit von klein auf lieben gelernt. Brot macht glücklich“, zeigt er sich überzeugt.
Vom Korn bis zum fertigen Laib
Philipp Decker ist Tirols erster Brotsommelier, ein Titel der groß und stolz auf seiner Bäckerjacke prangt. Als Abschlussarbeit seiner Ausbildung hat er ein Brot kreiert: das „Waldstaudenroggen-Brot“. „Ich habe diesen Roggen selbst angepflanzt, dann geerntet und später mit Sauerteig, Salzteig und Aromateig das Brot daraus hergestellt“, erzählt er.

Brot ist nicht gleich Brot
Als Brotsommelier gehen Philipp Deckers Geschmacksnerven beim Verkosten jedesmal neu auf Entdeckungsreise: Zuerst wird das Brot von außen begutachtet, Aussehen und Aroma werden bewertet. Nach dem Anschnitt wird das Innenleben unter die Lupe genommen: Die Elastizität, Saftigkeit und die einzelnen Geschmacksnoten werden erschmeckt und erschnüffelt.
Zu einem hellen Teig reiche man Weißweine, zu dunklem Rotweine, erklärte der Experte. Bestimmte Geschmackskombinationen haben sich im Laufe vieler Jahrhunderte bewährt: „Zu Ciabatta passen Tomaten und Mozzarella, ein kräftiges Roggenbrot schmeckt am besten mit Speck und Bergkäse“, so Decker.

Brotsommeliers „Made in Austria“
Philipp Decker hat seine Ausbildung zum Brotsommelier noch in Deutschland absolviert. Ab Ende Jänner 2022 kann man sich auch in Österreich zum Brotsommelier schulen lassen. Die Lehrlinge werden vielseitig ausgebildet: Sie erwerben betriebswirtschaftliche Grundlagen, lernen Produktkunde, Besonderheiten der österreichischen Brotkultur, Brot-Verzehrempfehlungen, die korrekte Analyse oder die richtige Sprache, um Eindrücke zu beschreiben.
Derzeit gibt es in Tirol 42 Bäckerlehrlinge, zwei davon im Bereich der Backtechnologie. Die Tiroler Wirtschaftskammer zeigt sich erfreut über diese neue Ausbildung, wie Alfons Wachter, der Innungsmeister des Lebensmittelgewerbes in der Tiroler Wirtschaftskammer, betont: „Junge Menschen sind damit in der Lage, gutes Brot herzustellen, aber auch Faktoren der Frischhaltung, Qualität, Aufbewahrung oder Broteigenschaften an den Kunden zu vermitteln. Sie lernen neben dem handwerklichen Geschick, sich selbst verbal in Szene zu setzen und den Wert des Brotes weiter zu vermitteln.“
Viel Vorwissen ist nötig
Die Anmeldungen für die Ausbildung zum Brotsommelier laufen. Der Abschluss erfordert „umfangreiche fachliche Vorkenntnisse“, wie es heißt, etwa eine Meisterprüfung im Bäckerhandwerk. Über die Zulassung entscheidet die Prüfungskommission der Handwerkskammer Mannheim Rhein-Neckar.