Lkw Transit
ORF
ORF
Politik

Lkw-Fahrverbote im Visier der Nachbarn

Die Lkw-Fahrverbote in Tirol sorgen weiter für Unmut in Italien und in Deutschland. Der Europarechtler Peter Hilpold von der Uni Innsbruck sieht vor allem das nächtliche Lkw-Fahrverbot auf offenbar wackeligen Beinen. Im Land zeigte man sich „unbeeindruckt“.

Die Transitverbote und -einschränkungen seien nicht fair, weil sie „diskriminierend“ seien und gegen die EU-Prinzipien des freien Warenverkehrs verstoßen, betonten Vertreter des Dachverbands von Italiens Handelskammern, Unioncamere, bei einer Online-Pressekonferenz am Dienstag in Rom.

„Rechtsverstöße auf Tiroler Seite“

Die Tiroler Politik der Fahrverbote verstoße auf gravierende Weise gegen das Grundprinzip des freien Warenverkehrs in Europa, kritisierte der deutsche Europaabgeordnete Markus Ferber (CSU). Darüber hinaus sei Tirols Transitpolitik diskriminierend, da der Tiroler Quell- und Zielverkehr bevorzugt behandelt werde. Ferber beklagte auch Verstöße gegen die Prinzipien der „guten Nachbarschaft“.

„Rechtsverstöße auf Tiroler Seite gibt es seit vielen Jahren, doch die EU-Kommission hat bisher nicht gehandelt“, bemängelte Ferber, der auf „Begünstigungen“ für die Tiroler Unternehmen hinwies. Bei der Online-Pressekonferenz anwesend war auch der italienische EU-Abgeordnete Massimiliano Salini. Angesagt waren ursprünglich auch der italienische Verkehrsminister Enrico Giovannini und sein deutscher Amtskollege Andreas Scheuer (CSU), die dann aber doch nicht teilnahmen.

Hilpold rät zu Gang zu Europäischem Gerichtshof

Zwei Rechtsgutachten wurden bei der Pressekonferenz in Rom vorgestellt, die die Ansicht von Unioncamere stützen. Professor Peter Hilpold von der Universität Innsbruck meinte, die EU-Kommission sollte mit einem Gang zum Europäischen Gerichtshof (EuGH) einen Richterspruch zum nächtlichen Transitverbot einfordern.

Der Südtiroler Thomas Baumgartner, Präsident des Verbandes der italienischen Transporteure ANITA, berichtete, dass 70 Prozent der italienischen Ausfuhren den Alpenraum überqueren. 50 Millionen Tonnen überqueren jährlich den Brenner, 14 Millionen Tonnen auf Schiene. In den nächsten Jahren sei mit einem Anstieg des Alpenverkehrs von zwei bis drei Prozent pro Jahr zu rechnen. „Wir können in Erwartung der Einweihung des Brennerbasistunnels nicht tatenlos bleiben. Wir müssen Maßnahmen ergreifen, um den Verkehr auf den Autobahnen tagsüber zu entlasten“, sagte Baumgartner, der die sofortige Abschaffung des nächtlichen Fahrverbots forderte.

LH Platter reagiert „gelassen“

Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) reagierte „gelassen“ auf das Gutachten, seine Stellvertreterin Ingrid Felipe (Grüne) „unaufgeregt“. Die „Klagsdrohung aus Rom“ sei die „x-te Anschuldigung und Anfeindung der italienischen Frächterlobby“, sagte Platter. „Langfristig braucht es eine effiziente Verlagerung des Güterschwerverkehrs, kurzfristig müssen Fahrverbote und Blockabfertigung den Straßenverkehr im Zaum halten“, meinte er.

Felipe: „Alle Fahrverbote rechtlich gedeckt“

Aus dem Büro der Tiroler Verkehrslandesrätin Ingrid Felipe (Grüne) hieß es am Dienstag, dass man das Rechtsgutachten Hilpolds nicht kenne, es aber „altbekannte Argumente“ liefere, wie es in einer schriftlichen Stellungnahme Felipes hieß: "Grundsätzlich darf ich festhalten, dass alle in Tirol verordneten Fahrverbote rechtlich und fachlich durch die Vorgaben der Europäischen Union zur Luftqualität gedeckt sind. In dem Gutachten wird ganz offenbar ein weiteres Mal die lufthygienische Wirksamkeit des Lkw-Nachtfahrverbotes ignoriert, die erst 2020 im Bericht des Umweltbundesamtes ein weiteres Mal bestätigt wurde. Die geltende Nachtfahrverbotsverordnung ist nachweislich eine der wirksamsten Maßnahmen zur Verbesserung der Luftgütesituation im durch den Transitverkehr belasteten Tirol. Nachdem auch das vorangegangene Gutachten außer viel medialen Wirbel nichts bewirkt hat, sehe ich auch den Erkenntnissen dieses Gutachtens unaufgeregt entgegen.“