Teezweigbohrer
Umwelt

Käfer sorgte für botanischen Krimi

In den Gärten von Schloss Trauttmannsdorff im Südtiroler Meran konnte man nach monatelangen Arbeiten eines gefürchteten Schädlings Herr werden. Der Teezweigbohrer war in einem Glashaus entdeckt worden. Die Geschichte des Käfers aus Südostasien entwickelte sich zu einem botanischen Krimi.

Statt der gewohnten üppigen Vegetation und Tropenatmosphäre im Glashaus, das in den Gärten des Schlosses Trauttmannsdorff steht, findet man nun einen neu bepflanzten Raum. Im Frühjahr wurden bei einigen Bäumen Löcher und Bohrmehl entdeckt.

Befall durch den Teezweigbohrer
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Der Teezweigbohrer legen Tunnel in Holzstämmen an, dort kultivieren sie Pilzsporen

Im Versuchszentrum Laimburg untersucht

„Als wir diese Befallssymptome im April 2020 im Glashaus entdeckten, riefen wir sofort Experten des Landespflanzenschutzdienstes zur Hilfe“, erklärte Chefgärtner Oliver Urlandt. Die gefundene und den Gärtnern unbekannte Insektenart wurde dem Versuchszentrum Laimburg übergeben und mittels molekularbiologischer Verfahren bestimmt. Es handelte sich um den Teezweigbohrer, einer Käferart aus Südostasien, der für großes Schadpotenzial bekannt ist.

500 Orchideen verbrannt

Der befallene Bereich, nämlich das Glashaus, wurde umgehend abgeriegelt, um eine Ausbreitung des Euwallacea fornicatus, des Teezweigbohrers zu verhindern. Die Pflanzenwelt im Glashaus musste unter amtlicher Aufsicht entfernt und anschließend verbrannt werden, darunter 500 Orchideen. "Um sicher zu gehen, dass kein versteckter Käfer überlebt, wurde das Glashaus über mehrere Monate hinweg einer sogenannten „Wärmetherapie" unterzogen. Parallel dazu wurden im botanischen Garten und in einem Umkreis von mehreren Kilometern umfassende Kontrollen durchgeführt und eine Vielzahl an Lockstofffallen installiert“, berichtete Stefan Schwembacher vom Südtiroler Landespflanzenschutzdienst.

Beginn der Bekämpfung
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Am Beginn der Bekämpfung mussten alle Pflanzen entfernt werden

Fleißig wie Ameisen und Bienen

In seinem Ursprungsgebiet Südostasien ist der Teezweigbohrer ein gefürchteter Schädling im Teeanbau. Man findet ihn mittlerweile auch in Israel, den USA und Südafrika, wo er teils enorme Schäden an landwirtschaftlichen Kulturen wie Avocado- oder Kakaoplantagen und im urbanen Grün verursacht. Ambrosiakäfer haben mittlerweile Sozialsysteme entwickelt, die mit jenen von Bienen und Ameisen vergleichbar sind. Neben einer kooperativen Brutpflege betreiben die zwei Millimeter kleinen Insekten eine Art von „Ackerbau“, indem sie Pilzsporen in ihre Nester tragen und diese in dafür angelegte Tunnel im Holz kultivieren. Während die meisten Ambrosia-Käfer sich ausschließlich in toten Bäumen entwickeln, befällt der Teezweigbohrer gesunde Bäume.

Frage nach der Herkunft des fremden Insekts

Wie konnte die nicht heimische Art in das Gewächshaus der Gärten in Meran gelangen? Fragte sich der Insektenforscher Hannes Schuler von der Freien Universität Bozen. Über einen Kontakt in Polen fand er heraus, dass es dort bereits im Jahr 2017 einen ähnlichen Vorfall in einem tropischen Gewächshaus gegeben hatte. Mit einem genetischen Vergleich konnte Schuler belegen, dass es sich um den exakt identischen Genotypen des Käfers handelte. „Dadurch konnten wir beweisen, dass beide Fälle denselben Ursprung haben und wohl gemeinsam in Europa eingeschleppt wurden. Obwohl es für diese Borkenkäferart eine sehr gute genetische Datenbank gibt, konnten wir die ursprüngliche Herkunft der Schädlinge nicht restlos klären. Wir konnten den vermutlichen Ursprung aber auf das Gebiet um Vietnam eingrenzen“, sagte Hannes Schuler. Nach einer Rekonstruktion der Zukäufe für das Glashaus geht man davon aus, dass der Befall auf einen Import von Pflanzen aus Holland im Jahr 2018 zurückzuführen ist.

v.l. Alessandro Andriolo (Amt für Forstplanung), Hannes Schuler (unibz), Stefan Schwembacher (Landespflanzenschutzdienst), Stefano Endrizzi (Verantwortlicher Landespflanzenschutzdienst), Oliver Urlandt (ObergŠrtner, Die GŠrten von Schloss Trauttmansdorff)
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v.l. Alessandro Andriolo (Amt für Forstplanung), Hannes Schuler (unibz), Stefan Schwembacher (Landespflanzenschutzdienst), Stefano Endrizzi (Verantwortlicher Landespflanzenschutzdienst), Oliver Urlandt (Obergärtner, Die Gärten von Schloss Trauttmansdorff)

Befallsherde auch in Deutschland

Eine These, die sich mit zwei weiteren Funden des Teezweigbohrers im Jänner 2021 in Glashäusern in Berlin und Erfurt erhärtete. In beiden Fällen führten die Spuren in ein holländisches Glashaus, in dem nach Einschaltung der dortigen Behörden noch weitere Schädlinge gefunden wurden. Auch die in Deutschland und Holland gefundenen Käfer unterzog Hannes Schuler mit europäischen Kolleginnen und Kollegen einer genetischen Analyse.

Das Ergebnis zeigte, dass Käfer aller drei Befallsherde denselben Genotypen des Teezweigbohrers entsprachen, sich allerdings von den in Südtirol und Polen gefundenen Käfern genetisch unterschieden. "Somit konnten wir beweisen, dass die Fälle in Deutschland über einen kommerziellen Pflanzengroßhändler aus Holland erfolgten, jedoch eine unterschiedliche Herkunft hatten als die Käfer in Polen und Meran. Zudem konnten wir genetische Varianten dieses Käfers in zwei Gewächshäusern in Holland finden, die noch nirgends in Europa beschrieben wurden. Durch die Vernichtung aller befallenen Pflanzen durch die Kollegen in Holland, konnte eine weitere Verbreitung dieser Käfer in Europa verhindert werden.