Besucherlenkung war einer der Schwerpunkte bei den diesjährigen Beratungen des Verbands der Naturparke Österreichs im Kaunertal. Betroffen sind vor allem die Schutzgebiete, die in touristischen Regionen liegen oder von Ballungszentren aus leicht erreichbar sind.
In Tirol betrifft das unter anderen den Naturpark Karwendel. Dort entwickelte sich im Vorjahr das Vomperloch zu einem Problembereich. Parkchaos, unerlaubtes Campieren und Grillen, zurückgelassene Fäkalien und Müll sowie das Schwimmen bei der Stauanlage des dortigen Kraftwerks haben Naturpark-Verantwortliche gemeinsam mit Kraftwerksbetreibern, Gemeinde und anderen Beteiligten auf den Plan gerufen.

Aufklärung im Internet als wichtige Säule
Der Geschäftsführer des Naturparks Karwendel, Hermann Sonntag, sieht bei Auswüchsen wie im Vomperloch das Internet als Teil des Problems, aber auch als Teil der Lösung. Was früher ein Geheimtipp von Einheimischen war, wird heute über Soziale Medien oder andere Internetkanäle schnell einer breiten Öffentlichkeit bekannt. Im Vorjahr habe die Coronavirus-Pandemie laut Sonntag zusätzlich dazu beigetragen, dass Erholungssuchende schöne Natur- und Erholungsplätze wie das Vomperloch in Massen besucht haben, was aufgrund der Auswüchse negative Auswirkungen auf diesen Naturparkbereich hatte. Es sei eben ein wunderschöner Bereich beim Bach dort, der gerade an heißen Tagen sehr gerne genutzt werde, so Sonntag.
Heuer sei die Situation im Vomperloch besser gewesen, sagt der Naturpark-Geschäftsführer. Einerseits war das Wetter nicht so gut. Der Naturpark und seine Partner hätten aber auch einige Maßnahmen gesetzt, vor allem im Internet. „Wir haben uns angeschaut, was sind da für Beiträge drinnen. Wir haben die auch kommentiert. Wir haben die Leute, die das reingestellt haben, auch angeschrieben und aufgefordert: Korrigiert das“, erklärt Sonntag. Es gehe zum einen um die Regeln zum Schutz der Natur, aber auch um die Sicherheit. Gerade durch den Kraftwerksbetrieb sei der Aufenthalt dort teilweise auch gefährlich, etwa weil im Bachbett das Wasser schnell ansteigen kann.

Verbessert hat sich die Situation heuer auch beim Konrad-Schuster-Biwak bei der Laliderer-Wand. Auch der Alpenverein hatte im Vorjahr Alarm geschlagen, weil die Biwakschachtel, die für Notfälle gedacht ist, einfach als kostenlose Übernachtungsmöglichkeit und sogar als Party-Location missbraucht wurde, wobei Abfälle und Fäkalien zurückblieben – mehr dazu in Biwaks werden für Partys missbraucht. Offenbar hätten hier Aufklärung und Appelle ebenfalls etwas gebracht.
Wanderer abseits der Wege, Wildcamper, Wassersportler
Im Naturpark Tiroler Lech hat die Coronavirus-Zeit ebenfalls für einen verstärkten Besucherandrang gesorgt. Der Naturpark in Tallage sei eben leicht erreichbar, das Einzugsgebiet der Besucherinnen und Besucher reiche auch bis weit in den bayerischen Raum hinein. Dabei komme es auch zu unerwünschten und verbotenen Aktionen, etwa wenn Wildcamper in den Lechauen übernachten oder Rafter Brutbereiche von Vögeln stören.
Um negative Auswirkungen einzubremsen, setze der Naturpark vor allem auf Aufklärung, so Geschäftsführerin Yvonne Markl. Vielen sei oft gar nicht klar, wo hier das Naturschutzgebiet genau beginne. Im Internet, durch Hinweisschilder und durch direkte Gespräche der Naturpark-Ranger könne man den Großteil der Besucherinnen und Besucher zu einem rücksichtsvollen Umgang bewegen.
„Wir haben etwa die Ein- und Ausstiegsstellen für Wildwassersportlerinnen und -sportler genau ausgeschildert“, so Markl. Da habe es durchaus positive Rückmeldungen gegeben. Als weiteres Beispiel einer erfolgreichen Besucherlenkung nennt die Naturpark-Geschäftsführerin die speziell errichteten Rastplätze mit Grillmöglichkeiten. Damit soll verhindert werden, dass abseits davon im Schutzgebiet gegrillt wird. Derartige Maßnahmen sollen dazu beitragen, dass Naturgenuss und Naturschutz nicht im Widerspruch zueinander stehen.
Klettergebiet im Zillertal als Lösungsbeispiel
Als erfolgreiches Beispiel von Besucherlenkung gilt das Klettergebiet Ewige Jagdgründe im Zemmgrund im hinteren Zillertal. Nach massiven Belastungen durch den Ansturm dort habe man das Ganze in geregelte Bahnen lenken können, sagt Willi Seifert vom Naturpark Zillertaler Alpen: „Da hat man mit den Grundeigentümern Verträge gemacht, die Zustiege geregelt, die Sicherheit am Fels verbessert. Wir haben Parkplätze errichtet und dann einen Campingbereich, um das Wildcampieren zu unterbinden. Wir haben auch viel in Öffentlichkeitsarbeit investiert.“ So sei es gelungen, den Ansturm in dem Kletter-Hotspot in den Griff zu bekommen.
Als Problemgebiet sieht Seifert dagegen den Bereich rund um den Schlegeis-Stausee. Hier würden durchführende Höhenwanderwege, Attraktionen wie ein Flying Fox bei der Staumauer oder die umliegenden Hütten viele Urlauber, Erholungssuchende und Alpinisten anziehen. Zuletzt sei dann noch die Hängebrücke bei der Olperer-Hütte dazugekommen, die zum beliebten Fotomotiv in den Sozialen Medien wurde und zusätzlich Menschen ins Gebiet lockt.
„Wir sind da oben in einem Schutzgebiet“, so Seifert. Inzwischen leide die Qualität des Besuchs und des Naturerlebnisses massiv. Das Schlegeis-Gebiet könnte ein Beispiel für eine Begrenzung des Pkw-Verkehrs werden mit klarem Blick darauf, „was der Raum da oben verträgt. Und das ist sicher weniger, als derzeit da oben los ist“, ist der Naturpark-Geschäftsführer überzeugt.
Anreize für die Anreise mit Bus und Bahn
Die Verkehrsproblematik beschäftigt die heimischen Naturparke bereits seit längerem. Sie bieten bereits die „WÖFFI“-Broschüren an, die Wanderauflüge und Bergtouren samt Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln propagieren – mehr dazu in Mit Bus und Bahn in den Naturpark.
Die Naturparke sehen ihre Aufgaben nämlich auch darin, Naturerlebnis zu vermitteln und schmackhaft zu machen. Dabei müsse man eben schauen, die richtige Balance zwischen Naturtourismus und Naturschutz zu finden, so die Vertreter der Naturparke. Deshalb gehört die Besucherlenkung inzwischen vielfach zur zentralen Aufgabe.