Hängebrücke bei der Olpererhütte oberhalb des Schlegeisstausees im Hinteren Zillertal
Thomas Hornung
Thomas Hornung
Umwelt

Naturparke zwischen Ansturm und Schutz

Campieren in den Lechauen, Schwimmen und Grillen im Vomperloch, Menschenkonzentrationen rund um den Schlegeisstausee – die Naturparke in Tirol sind zum Teil regelrechte Besucherhotspots. Um eine Schieflage zum Schaden der Natur zu verhindern, gibt es eine Reihe von Maßnahmen.

Besucherlenkung war einer der Schwerpunkte bei den diesjährigen Beratungen des Verbands der Naturparke Österreichs im Kaunertal. Betroffen sind vor allem die Schutzgebiete, die in touristischen Regionen liegen oder von Ballungszentren aus leicht erreichbar sind.

In Tirol betrifft das unter anderen den Naturpark Karwendel. Dort entwickelte sich im Vorjahr das Vomperloch zu einem Problembereich. Parkchaos, unerlaubtes Campieren und Grillen, zurückgelassene Fäkalien und Müll sowie das Schwimmen bei der Stauanlage des dortigen Kraftwerks haben Naturpark-Verantwortliche gemeinsam mit Kraftwerksbetreibern, Gemeinde und anderen Beteiligten auf den Plan gerufen.

Besucherandrang bei der Kraftwergsanlage im Vomperloch (Naturpark Karwendel)
M. Hausberger
Das Vomperloch wurde im Vorjahr an Hitzetagen regelrecht gestürmt

Aufklärung im Internet als wichtige Säule

Der Geschäftsführer des Naturparks Karwendel, Hermann Sonntag, sieht bei Auswüchsen wie im Vomperloch das Internet als Teil des Problems, aber auch als Teil der Lösung. Was früher ein Geheimtipp von Einheimischen war, wird heute über Soziale Medien oder andere Internetkanäle schnell einer breiten Öffentlichkeit bekannt. Im Vorjahr habe die Coronavirus-Pandemie laut Sonntag zusätzlich dazu beigetragen, dass Erholungssuchende schöne Natur- und Erholungsplätze wie das Vomperloch in Massen besucht haben, was aufgrund der Auswüchse negative Auswirkungen auf diesen Naturparkbereich hatte. Es sei eben ein wunderschöner Bereich beim Bach dort, der gerade an heißen Tagen sehr gerne genutzt werde, so Sonntag.

Heuer sei die Situation im Vomperloch besser gewesen, sagt der Naturpark-Geschäftsführer. Einerseits war das Wetter nicht so gut. Der Naturpark und seine Partner hätten aber auch einige Maßnahmen gesetzt, vor allem im Internet. „Wir haben uns angeschaut, was sind da für Beiträge drinnen. Wir haben die auch kommentiert. Wir haben die Leute, die das reingestellt haben, auch angeschrieben und aufgefordert: Korrigiert das“, erklärt Sonntag. Es gehe zum einen um die Regeln zum Schutz der Natur, aber auch um die Sicherheit. Gerade durch den Kraftwerksbetrieb sei der Aufenthalt dort teilweise auch gefährlich, etwa weil im Bachbett das Wasser schnell ansteigen kann.

Naturparkmitarbeiter bringen eine Hinweistafel an, um auf Naturschutz und Gefahren durch den Kraftwerksbetrieb im Vomperloch hinweisen
M. Hausberger
Auch mit Hinweisschildern hat der Naturpark Karwendel Besucher des Vomperlochs auf Regeln und Gefahren aufmerksam gemacht

Verbessert hat sich die Situation heuer auch beim Konrad-Schuster-Biwak bei der Laliderer-Wand. Auch der Alpenverein hatte im Vorjahr Alarm geschlagen, weil die Biwakschachtel, die für Notfälle gedacht ist, einfach als kostenlose Übernachtungsmöglichkeit und sogar als Party-Location missbraucht wurde, wobei Abfälle und Fäkalien zurückblieben – mehr dazu in Biwaks werden für Partys missbraucht. Offenbar hätten hier Aufklärung und Appelle ebenfalls etwas gebracht.

Wanderer abseits der Wege, Wildcamper, Wassersportler

Im Naturpark Tiroler Lech hat die Coronavirus-Zeit ebenfalls für einen verstärkten Besucherandrang gesorgt. Der Naturpark in Tallage sei eben leicht erreichbar, das Einzugsgebiet der Besucherinnen und Besucher reiche auch bis weit in den bayerischen Raum hinein. Dabei komme es auch zu unerwünschten und verbotenen Aktionen, etwa wenn Wildcamper in den Lechauen übernachten oder Rafter Brutbereiche von Vögeln stören.

Um negative Auswirkungen einzubremsen, setze der Naturpark vor allem auf Aufklärung, so Geschäftsführerin Yvonne Markl. Vielen sei oft gar nicht klar, wo hier das Naturschutzgebiet genau beginne. Im Internet, durch Hinweisschilder und durch direkte Gespräche der Naturpark-Ranger könne man den Großteil der Besucherinnen und Besucher zu einem rücksichtsvollen Umgang bewegen.

Fotostrecke mit 4 Bildern

Wildwassersportler machen auf einer Kiesinsel Halt, die als Brutplatz dient
Naturpark Tiroler Lech
Wildwassersportler auf einer Kieselinsel im Lech, die als Brutplatz für Vögel dient
Besucherbereich beim Eingangsportal in den Naturpark Tiroler Lech in Forchach
Land Tirol/Reiter
Beim Eingangsbereich zum Lech-Naturpark in Forchach sind Besucher erwünscht, das Schutzgebiet abseits davon soll geschont werden
Rastplatz mit Grillmöglichkeit beim Eingangsportal in den Naturpark Tiroler Lech in Forchach
Naturpark Tiroler Lech
Besucherbereich mit Grillmöglichkeit im Naturpark Tiroler Lech
Leitung und Ranger des Naturparks Tiroler Lech
Naturpark Tiroler Lech
Die Naturpark-Führung will mit ihren Rangern Besucher über sensible Naturbereiche informieren

„Wir haben etwa die Ein- und Ausstiegsstellen für Wildwassersportlerinnen und -sportler genau ausgeschildert“, so Markl. Da habe es durchaus positive Rückmeldungen gegeben. Als weiteres Beispiel einer erfolgreichen Besucherlenkung nennt die Naturpark-Geschäftsführerin die speziell errichteten Rastplätze mit Grillmöglichkeiten. Damit soll verhindert werden, dass abseits davon im Schutzgebiet gegrillt wird. Derartige Maßnahmen sollen dazu beitragen, dass Naturgenuss und Naturschutz nicht im Widerspruch zueinander stehen.

Klettergebiet im Zillertal als Lösungsbeispiel

Als erfolgreiches Beispiel von Besucherlenkung gilt das Klettergebiet Ewige Jagdgründe im Zemmgrund im hinteren Zillertal. Nach massiven Belastungen durch den Ansturm dort habe man das Ganze in geregelte Bahnen lenken können, sagt Willi Seifert vom Naturpark Zillertaler Alpen: „Da hat man mit den Grundeigentümern Verträge gemacht, die Zustiege geregelt, die Sicherheit am Fels verbessert. Wir haben Parkplätze errichtet und dann einen Campingbereich, um das Wildcampieren zu unterbinden. Wir haben auch viel in Öffentlichkeitsarbeit investiert.“ So sei es gelungen, den Ansturm in dem Kletter-Hotspot in den Griff zu bekommen.

Fotostrecke mit 5 Bildern

Mit Zäunen abgegrenzte Kletterbereiche im Naturpark Zillertaler Alpen (Klettergebiet Ewige Jagdgründe)
Naturpark Zillertal Alpen
Beim Klettergebiet Ewige Jagdgründe musste mit Lenkungsmaßnahmen auf die negativen Auswirkungen reagiert werden
Die Kletterbereiche wurden im Klettergebiet Ewige Jagdgründe im Zillertal abgegrenzt
Naturpark Zillertaler Alpen
Die Kletterbereiche bei den Ewigen Jagdgründen wurden abgegrenzt, um die umliegende Landschaft zu schonen
Parkplatz beim Klettergebiet Ewige Jagdgründe im Hinteren Zillertal
Naturpark Zillertaler Alpen
Die Parkplatzbewirtschaftung war ein weiteres Element, um die Auswüchse rund um das beliebte Klettergebiet zu minimieren
Campingplatz Kaseler beim Klettergebiet Ewige Jagdgründe im Zemmgrund (Hinteres Zillertal)
Naturpark Zillertaler Alpen
Mit dem Campingplatz Kaseler wollte die Naturparkführung das Wildcampen eindämmen
Hängebrücke bei der Olpererhütte, im Hintergrund der Schlegeisstausee
Thomas Hornung
Die Hängebrücke bei der Olperer-Hütte wurde zum Instagram-Star, bei erweitertem Bildausschnitt wirkt das Motiv weniger spektakulär

Als Problemgebiet sieht Seifert dagegen den Bereich rund um den Schlegeis-Stausee. Hier würden durchführende Höhenwanderwege, Attraktionen wie ein Flying Fox bei der Staumauer oder die umliegenden Hütten viele Urlauber, Erholungssuchende und Alpinisten anziehen. Zuletzt sei dann noch die Hängebrücke bei der Olperer-Hütte dazugekommen, die zum beliebten Fotomotiv in den Sozialen Medien wurde und zusätzlich Menschen ins Gebiet lockt.

„Wir sind da oben in einem Schutzgebiet“, so Seifert. Inzwischen leide die Qualität des Besuchs und des Naturerlebnisses massiv. Das Schlegeis-Gebiet könnte ein Beispiel für eine Begrenzung des Pkw-Verkehrs werden mit klarem Blick darauf, „was der Raum da oben verträgt. Und das ist sicher weniger, als derzeit da oben los ist“, ist der Naturpark-Geschäftsführer überzeugt.

Anreize für die Anreise mit Bus und Bahn

Die Verkehrsproblematik beschäftigt die heimischen Naturparke bereits seit längerem. Sie bieten bereits die „WÖFFI“-Broschüren an, die Wanderauflüge und Bergtouren samt Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln propagieren – mehr dazu in Mit Bus und Bahn in den Naturpark.

Die Naturparke sehen ihre Aufgaben nämlich auch darin, Naturerlebnis zu vermitteln und schmackhaft zu machen. Dabei müsse man eben schauen, die richtige Balance zwischen Naturtourismus und Naturschutz zu finden, so die Vertreter der Naturparke. Deshalb gehört die Besucherlenkung inzwischen vielfach zur zentralen Aufgabe.