Nadine Kirchmair
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Wirtschaft

Auf den richtigen Dreh kommt es an

Ausgerechnet während der Pandemie hat Nadine Kirchmair aus Berwang im Außerfern den Sprung in die Selbständigkeit gewagt. Zuvor war sie Chefköchin auf einem Kreuzfahrtschiff, nun stellt die 27-Jährige täglich mindestens 500 Knödel her – alle in Handarbeit.

„Ein guter Knödel soll flaumig sein, nach etwas schmecken, und er soll sich nicht mit Wasser ansaugen“, beschreibt Nadine Kirchmair den aus ihrer Sicht idealen Knödel. Die 27-Jährige muss es wissen, stellt sie doch Tag für Tag in ihrer kleinen Manufaktur im Keller ihres Hauses in Berwang hunderte Knödel her.

In der Hauptsaison sind es mehr Knödel als in der Nebensaison, aber 500 Knödel pro Tag drehe sie immer, so Kirchmair. Ihr bisheriger Rekord liege bei 1.200 Marillenknödel, die sie unter Mithilfe ihrer Mutter an einem Tag gemacht habe. „Da waren wir aber echt am Limit“, erinnert sie sich.

Nadine Kirchmair dreht Zwetschkenknödel

Von der einfachen Köchin zur Küchenchefin

Die Idee, sich selbständig zu machen, kam Nadine ausgerechnet während der Pandemie. Sie hatte die Tourismusfachschule im Zillertal besucht, machte nebenbei einige Zusatzausbildungen wie das Diplom zur Patissière, sammelte in einigen Tiroler Hotels Berufserfahrung und heuerte dann auf einem großen Kreuzfahrtschiff an.

„Ich hab als normale Köchin begonnen, habe mich dann nach oben gearbeitet. Zum Schluss war ich Chef de Cuisine“, zeigt sich Nadine Kirchmair stolz. Sechs Restaurants habe sie als die jüngste Küchenchefin der AIDA-Flotte geleitet.

Fotostrecke mit 4 Bildern

Nadine Kirchmair in der Küche des Schiffs
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Nadine Kirchmair mit einem Teil ihrer Küchencrew auf der AIDAmar
Nadine Kirchmair mit einer Arbeitskollegin
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Nadine Kirchmair mit Arbeitskollegen an Bord der AIDA
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AIDAmar
Die AIDAmar ist 253 Meter lang und hat Platz für 2.194 Passagiere

Sechs Monate ohne einen freien Tag

Die Zeit am Schiff sei schön aber auch sehr hart gewesen, sagt Kirchmair. „Der Vertrag geht sechs Monate, in der Zeit hat man keinen freien Tag. Also du musst arbeiten können, es war aber auch wunderschön.“ Sie erinnere sich gerne daran, dass sie an Bord beispielsweise von einem Inder indisch kochen gelernt habe.

Sie habe noch immer Kontakt mit den „Jungs“. Jeden Tag in einem anderen Land aufzuwachen – in Dänemark einschlafen und in Schweden aufwachen – das sei eine sehr schöne Sache gewesen.

Nadine Kirchmair schaut sich am Laptop Fotos ihrer Zeit am Kreuzfahrtschiff an

Mit Ausbruch der Pandemie habe es im Frühjahr des Vorjahres an Bord keine Arbeit mehr für sie gegeben. Daher habe sie sich dazu entschlossen, nach Tirol zurückzukehren. „Dann bin ich nach Hause gegangen – einen Tag vor dem Lockdown.“

„Dann machen wir es eben beruflich“

Als ausgebildete Köchin wisse sie, wie viel Arbeit das Knödeldrehen mache. Es gebe nur noch in wenigen Hotels und Gasthäusern Knödel auf der Karte, da der Aufwand, sie zu machen, sehr groß sei.

Ihre Mutter habe früher ein Gasthaus gehabt und habe die besten Knödel gemacht, dieses Wissen habe sie an sie weitergegeben. "Da haben wir dann gesagt, wenn es den Leuten so gut schmeckt, dann machen wir es eben beruflich. So sei noch im Vorjahr der Entschluss zur Gründung der „Knedlerei“ gefallen.

Eier-Mehl-Gemisch wird gemixt
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Nachfrage zeigt sich stark saisonabhängig

In ihrer kleinen Manufaktur im Keller des Einfamilienhauses in Berwang stellt sie seitdem süße und pikante Knödel her – beispielsweise Klassiker wie Speck-, Leber-, Spinat- oder Kaspressknödel. Auch süße Varianten wie Topfen-Erdbeerknödel und Nougatknödel aber auch vegane Knödel hat sie fix in ihrem Programm.

„Über den Sommer waren die süßen Knödel mehr gefragt – beispielsweise Himbeerknödel oder Hanfknödel. Jetzt momentan sind Käse- und Speckknödel die absoluten Renner. Es ist wirklich saisonabhängig“, sagt Kirchmair.

Tiefgefrorene Knödel werden in Plastiksack verpackt
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Nach dem Abwiegen werden die Knödel verpackt

Bei der Herstellung legt Nadine Kirchmair großen Wert auf Regionalität. So stammen beispielsweise die süßen Früchte für die Zwetschkenknödel vom Baum von Freunden. Wenn es keine Zwetschken mehr gibt, gibt es heuer auch keine Zwetschkenknödel mehr." Die Qualität der Waren stehe bei ihr an erster Stelle, betont die Jungunternehmerin. So verwende sie keine Konservierungsstoffe oder Geschmacksverstärker.

Langweilig sei ihr jedenfalls auch nach dem Leben am Schiff nicht. Sie stehe um 6.00 Uhr auf, dann beginne sie gleich mit der Arbeit. „Wir machen alles von Hand, wir schneiden die Zwiebel, schlagen die Eier auf. Bis Mittag sind wir dann mit dem Drehen der Knödel beschäftigt, dann läuft der Schockfroster.“ Dort werden die Knödel auf minus 32 Grad tiefgefroren, bevor sie dann nach dem Mittagessen abgepackt, etikettiert und eingelagert werden. „Dann schauen wir uns die Bestellungen für die Woche an, und dann wird am Nachmittag ausgeliefert.“

Knödel in der Tiefkühltruhe
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Zu ihren Kunden zählt Kirchmair zahlreiche Hotels und Gastronomiebetriebe, auch zahlreiche Privatkunden werden von der 27-Jährigen beliefert.