Der Sprecher der Staatsanwaltschaft Innsbruck, Hansjörg Mayr, in seinem Büro
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Chronik

StA ermittelt nach Datenleck bei PCR-Tests

In der Causa um offenbar mehr als 24.000 geleakte positive Tiroler PCR-Test-Ergebnisse hat die Staatsanwaltschaft nun ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Untersucht werde der Verdacht des Verstoßes gegen das Datenschutzgesetz sowie jener des widerrechtlichen Zugriffs auf ein Computersystem.

Mit den Ermittlungen, die sich gegen unbekannt richten, wurde das Landeskriminalamt beauftragt, sagte Sprecher Hansjörg Mayr der APA am Dienstag. Der Verdacht des widerrechtlichen Zugriffs auf ein Computersystem ergab sich aus Aussagen des Ex-Geschäftsführers der in die Kritik geratenen Firma HG Lab Truck, Tochterfirma der HG Pharma, Ralf Herwig, der meinte, dass er Opfer eines Hackerangriffs geworden sei. Ein Tatverdacht gegen eine konkrete Person habe sich aus den bisherigen Prüfungen nicht ergeben, so der Sprecher der Anklagebehörde.

Ex-Geschäftsführer von HG Pharma sprach von Hackerangriff

ORF Tirol und „Standard“ hatten vergangene Woche berichtet, dass Herwig die Daten im August per E-Mail in Form von Excel-Sheets – wie er betont verschlüsselt – verschickte. Herwig bestätigte das und erklärte das mutmaßliche Leck eben mit jenem Hackerangriff – mehr dazu in Massives Datenleck bei positiven CoV-Tests.

Er habe die Mail am 10. August zum Zweck eines „Back-up“ verschickt, so der umstrittene Urologe, dessen Firma ursprünglich für das Land Tirol die PCR-Testungen durchgeführt hatte. Wegen des Datenlecks habe er „IT-forensische Untersuchungen“ eingeleitet. Danach werde er die zuständige Behörde informieren und Strafanzeige stellen, kündigte der Ex-HG Pharma-Chef an.

Viele offene Fragen von allen Seiten

Offen blieb bisher, weshalb Herwig im August noch Zugriff auf die Daten hatte bzw. diese versendete – er war im Mai nach schwerer Kritik als Geschäftsführer abgetreten. Die Leitung des Unternehmens blieb allerdings in Familienhand: Die operativen Agenden der HG Lab Truck übergab der Urologe Anfang Juni an seine Ehefrau.

Unterdessen leitete auch die Datenschutzbehörde eine Prüfung wegen des Verdachts auf Verstoß gegen die Datenschutzgrundverordnung ein, es sei ebenfalls ein Verwaltungsstrafverfahren möglich, hieß es. Auch Betroffene könnten Beschwerde bei der Behörde einreichen – Liste-Fritz-Klubobfrau Andrea Haselwanter-Schneider kündigte etwa an, das zu tun. Ihre Daten waren offenbar ebenfalls geleakt worden. Datenschützer kritisierten, dass man derart sensible Informationen nicht einfach per E-Mail versenden dürfe.

Land schloss eigene Schwächen bei Datenschutz aus

Seitens des Landes betonte man, dass man nach derzeitigem Wissensstand ausschließen könne, dass Gesundheitsdaten von eigenen Servern und Systemen an die Öffentlichkeit gelangt sind. „Und auch alle Vertragspartner wurden und werden grundsätzlich in Datenschutzklauseln standardmäßig verpflichtet, personenbezogene und sensible Daten zu schützen.“

Für die Umsetzung und Einhaltung der Datenschutzbestimmung sei der jeweilige „datenverarbeitende Vertragspartner“ verantwortlich. „Sollte es tatsächlich zutreffend sein, dass Gesundheitsdaten entgegen den Vereinbarungen an Dritte weitergegeben wurden, ist dies schärfstens zu verurteilen und behält sich das Land Tirol rechtliche Schritte vor“, erklärten die Verantwortlichen.

Das Auf und Ab der HG Pharma seit Beginn der Pandemie

Die Causa HG Pharma bzw. HG Lab Truck beschäftigt seit Frühjahr immer wieder Medien und Politik. Die schwarz-grüne Landesregierung war Anfang Mai wegen der Causa unter Beschuss geraten. Vor allem die Direktvergabe des rund acht Millionen Euro schweren Auftrags ohne Ausschreibung im vergangenen September an die Firma Herwigs sorgte für scharfe Kritik. Ein unrechtmäßiges Handeln dabei stellte das Land stets in Abrede. Es war zu offenbar teils falschen Mutationsbewertungen bei den Tiroler PCR-Proben durch die HG Lab Truck gekommen. Rund 380 Fälle mussten nach einem vorläufigen Zwischenergebnis der bisherigen Sequenzierungen der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) umgestuft werden.

Zudem war die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) aktiv geworden und hatte im Juli einen Vorhabensbericht an die Oberstaatsanwaltschaft Wien übermittelt. Es stand der Vorwurf im Raum, dass die HG Lab Truck die vom Land in Auftrag gegebenen PCR-Tests „nicht sach- und fachgerecht durchgeführt hätte bzw. zur Durchführung solcher Tests nicht qualifiziert und berechtigt gewesen sei“. Über Anklage oder Nichtanklage entscheidet das Justizministerium.