Die Freiwilligen schwingen in der Gemeinde Mühlbachl am Fuß der Serles die Sensen, Pflegen die Weiden, entfernen Neophyten – also invasive Pflanzenarten – oder setzen zugewachsene Wanderwege wieder in Stand. Sie kommen aus Tirol, aber auch aus Luxemburg, Polen, Italien oder Ungarn. Vier Wochen lang sind sie Teil des Projekts „Rückenwind“ des Vereins Cubic, finanziert durch den Europäischen Solidaritätskorps und Arbeiterkammer Tirol.
Klimawandel wird direkt erlebbar
Bereits die Anreise ins Wipptal passiert mit dem Zug, gemäht wird mit der Hand – und wo es geht, kommt Muskelkraft statt Maschinen zum Einsatz. Nachhaltigkeit ist ein wichtiger Teil der Aktion, wie Betreuer Johannes Fritsch schildert: „Ich empfinde es als besonders wertvoll, dass so abstrakte Dinge wie der Klimawandel über Erzählungen von Einheimischen für die Jugendlichen erlebbar werden. Der Alpenverein hat uns zum Beispiel gelehrt, dass die Latschen, die wir zurückschneiden, früher nur fünf Zentimeter im Jahr gewachsen sind. Mittlerweile sind es schon zwanzig.“
Die jungen Menschen bekämen bei ihrer Arbeit am Berg viele solcher Auswirkungen der Erderwärmung also direkt mit – und trügen diese Erfahrungen dann auch mit in ihre jeweiligen Herkunftsregionen. Das verändere den Blick auf Natur und Umweltschutz nachhaltig, ist er sich sicher, glaubt der Sozialarbeiter. Das Projekt im Wipptal endet kommende Woche, viele weitere Projekte stehen aber bereits in den Startlöchern.

Selbstbewusstsein und Perspektiven
Das Angebot des Vereins ist kostenlos und richtet sich an alle jungen Tirolerinnen und Tiroler zwischen 17 und 30 Jahren, die sich auf beruflicher Orientierungssuche, in einer Umbruchsphase oder einer Auszeit befinden, wichtige Auslandserfahrungen für ihre weitere Zukunft erwerben möchten und dabei einer sinnvollen, nachhaltigen Tätigkeit nachgehen wollen.
Ziel sei es, junge Menschen zu motivieren, ihr Leben in die Hand zu nehmen und gemeinsam Möglichkeiten und Perspektiven zu schaffen, wie Cubic-Leiter Leo Kaserer erklärt: „Sie lernen sich selber spüren und erkennen, dass sie wertvolle Fähigkeiten haben und daran wachsen können. Sie behaupten sich in einer Gruppe, lernen Berufliches und Interkulturelles – und vor allem die Erkenntnis: Wenn ich an etwas arbeite, dann kann ich etwas erreichen und schaffen!“

Boote bauen in England, Radlkino in Tirol
Die Projekte reichen vom nachhaltigen Gartenanbau in Portugal über die Organisation von Theaterworkshops in Belgien bis hin zu Umweltschutz-Einsätzen in Griechenland. In Cornwall in England können Jugendliche einen Monat lang gemeinsam mit einem Fischer ein Boot restaurieren: „Ein altes Ruderboot wird wieder fahrtauglich gemacht. Die Jugendlichen sägen, schleifen und malen und das fertige Boot wird für einen guten Zweck versteigert“, so Kaserer. Im November wird mit Tiroler Hilfe das zwanzigste Boot gebaut.
Auch weitere Projekte in Tirol sind in Vorbereitung, etwa eine „Radlkino“-Reihe, wie Leo Kaserer schildert: „Das ist eine verrückte Idee, bei der wir den Strom für Beamer und Sound selber auf den Rädern durch Strampeln erzeugen. Auch die Bevölkerung tritt immer wieder selbst in die Pedale!“ Im September gibt es Vorstellungen in mehreren Tiroler Orten. Für viele Rückenwind-Kurse und Projekte gibt es derzeit noch freie Plätze. Anmelden kann man sich online.