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Wirtschaft

Chancen für Wirtshäuser nach Pandemie

Zehn Prozent der klassischen Gasthäuser in den Tiroler Dörfern haben in den zehn Jahren vor der CoV-Pandemie zugesperrt, ebenso viele sind laut einer Umfrage von Schließung gefährdet. Eine Initiative soll gegenlenken. Liefer- und Abholservices aus der Zeit der Lockdowns seien auch künftig eine neue Chance, so Experten.

Der klassische Stammtisch und das Zusammensitzen im Dorfwirtshaus seien bei Jüngeren nicht mehr gefragt, so Alexander Plaikner vom Innsbrucker Uni-Institut für Strategisches Management, Marketing und Tourismus. Der Experte untersucht im Zuge des Projekts „#dufehlst – Tiroler Wirtshäuser suchen DICH“ Hintergründe und mögliche Lösungsstrategien für das Wirtshaussterben.

Zum Teil hätten Wirtsleute auch damit zu kämpfen, dass es keine Nachfolger gibt, die den Betrieb später übernehmen wollen. Eine Rolle spiele auch die Personalsituation in der Gastronomie, so Plaikner. Und es sei wirtschaftlich oft lukrativer, die Häuser in Ferienwohnungen oder überhaupt in Wohnraum umzuwandeln. Trotzdem sieht Plaikner auch neue Chancen. Mit der entsprechenden Beratung und Hilfe gebe es durchaus Perspektiven für neue Interessenten. In der Pandemie habe sich gezeigt, dass etwa durch ein Abholserice für Speisen und Getränke auch neue Kunden und Gäste gewonnen werden können. Nach dem Lockdown gebe es auch wieder mehr Lust auf gemeinsame Lokalbesuche.

Erste Erfolge durch Intiative auf Landesebene

Das Projekt zum Erhalt der Gasthäuser wurden von Land Tirol, Wirtschaftskammer sowie Tirol Werbung und Standortagentur entwickelt. Dabei wurden bestehende Leerstände erhoben und Förder- und Beratungsstellen installiert. Jetzt starte die nächste Phase, in der es vor allem um Lösungen und konkrete Unterstützungen bei schließungsgefährdeten oder bereits geschlossenen Wirtshäusern gehe, hieß es am Montag bei eine Pressekonferenz in Innsbruck. Denn verschwinde das Gasthaus im Ort, bleibe eine Lücke für das Dorfleben.

Alexander Plaikner (Uni Innsbruck), Alois Rainer (WK Gastronomie) und Josef Margreiter (Lebensraum Tirol Holding) bei der Pressekonferenz zu den Maßnahmen gegen das Wirtshaus-Sterben
Lebensraum Tirol Holding/Lechner
Bei der Pressekonferenz mit dem Wirtschaftswissenschafter Alexander Plaikner, mit Gastronomie-Obmann Alois Rainer und Lebensraum-Tirol-Holding-Chef Josef Margreiter wurden erste Erfolge präsentiert

Wie Josef Margreiter, Geschäftsführer der Lebensraum Tirol Holding als Dachgesellschaft für Tirol Werbung und Standortagentur, erklärte, könnten im Zuge des Projekts neuen Wirtsleuten geeignete Standorte vermittelt werden. In der Startphase gebe es Beratungen sowie Hilfe bei Förderansuchen.

Es gebe bereits einige Beispiele für wieder eröffnete Gasthäuser wie das Canisiusbrünnl und das Peterbrünnl im Raum Innsbruck. Bisher habe es 50 Orientierungsgespräche mit Orts-Chefs gegeben, wo die Gasthausproblematik bestehe. Daraus hätten sich in zwei Drittel der Fälle Beratungen mit Wirtshaus-Übergebern und möglichen Übernehmern ergeben. In 25 Fällen seien rechtliche Fragen oder andere Formalitäten geklärt worden.

„Verpackte“ Wirtshäuser als Hinweis auf Leerstände

Alois Rainer, Obmann der Gastronomie-Fachgruppe in der Wirtschaftskammer, verwies auf die wirtschaftliche Bedeutung der Wirtshäuser. Dabei handle es sich oft um Familienbetriebe, die regional verwurzelt seien und Produkte aus der Region verarbeiten.

Gasthaus Neuwirt in Virgen (Osttirol)
Tirol Werbung/Philipp Reiter
Das Gasthof Neuwirt in Virgen in Osttirol sucht neue Betreiber, ein Riesentranparent macht darauf aufmerksam

Um auf Leerstände aufmerksam zu machen, werden betroffene Häuser entsprechend mit Transparenten markiert. eine Webseite soll als Vermittlungsplattform dienen. Im September sind auch Beratertage in „Pop-Up“-Wirtshäusern geplant, die extra dafür wiederöffnet werden. Im Herbst sollen dann auch Details der Studie „Gasthaussterben in Tirol“ vorliegen.