„Es macht Sinn, sich mit dem Thema zu befassen, bevor man mit einem Anlassfall konfrontiert ist“, schrieb ein Teilnehmer des Seminars am Ende des Workshops. Manche hätten zuerst gezögert, offen über den Umgang mit sexueller Belästigung am Arbeitsplatz zu sprechen, für andere sei es ein längst überfälliger Schritt gewesen, so der Verein.
Belästigungen häufig abseits der Aufmerksamkeit
Projekt- und Seminarleiterin Sonja Karbon weiß, wovon sie spricht. Der Verein Frauen im Brennpunkt entwickelte in den letzten drei Jahren im Rahmen des EU-geförderten Projekts „Be Aware!“ mit Projektpartnern aus Spanien, der Türkei, Bulgarien und Litauen ein Programm, das Unternehmen nutzen können, um Führungspersonen für das Thema zu sensibilisieren.

„Viele Unternehmen halten es zuerst für ein Schuldeingeständnis, wenn sie sich offiziell mit sexueller Belästigung auseinandersetzen“, so Karbon, „aber dann erkennen sie meistens schon in den Vorgesprächen: Es zeugt von Professionalität und Sensibilität, sich frühzeitig innerhalb der Organisation mit sexueller Belästigung zu beschäftigen. Denn sie ist nicht nur dort vorhanden, wo Skandale öffentlich werden, sondern geschieht häufig sehr subtil, abseits der allgemeinen Aufmerksamkeit.“

Machtverhältnisse und Organisationskultur
Unter den 20 Tiroler Firmen haben MED-EL, das Rote Kreuz Innsbruck und das AMS Tirol das Angebot der Workshops bereits in Anspruch genommen. Sie sind Arbeitgeber für rund 15.000 Tiroler Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Es gibt ein kostenloses E-Learning-Programm, das über rechtliche Rahmenbedingungen, mögliche Reaktionen und Präventionsmaßnahmen informiert. Es geht um bestehende Machtverhältnisse, um Strategien zur Risikominimierung und um die interne Organisationskultur.
Projektleiterin Karbon sieht nach den ersten Seminaren eine spürbare Verbesserung des Betriebsklimas: „Sowohl Männer als auch Frauen fühlen sich am Arbeitsplatz wohler, wenn die Unternehmensführung selbstbewusst signalisiert: Belästigungen sind hier fehl am Platz.“ Das Projekt geht jetzt zu Ende. Frauen im Brennpunkt will die Ergebnisse aber auch künftig in Form von Seminaren weitertragen, heißt es.