Für die Freiheitlichen war das vergangene Jahr einmal mehr ein Auf und Ab. Seit dem Ibiza-Video kam die FPÖ nicht zur Ruhe, die 1,5 Jahre Koalition auf Bundesebene und das abrupte Ende hinterließen offenbar auch in Tirol tiefe Spuren. Als einzige der Tiroler Parteien wollen die Freiheitlichen keine Koalition mit der ÖVP – zumindest, solange es keinen Wechsel an der Spitze der Volkspartei gebe, erklärte der Landesparteiobmann und Klubobmann der Tiroler Freiheitlichen, Markus Abwerzger, im ORF Tirol Sommergespräch.
Gesprächsbereitschaft „nach Platter“
Man habe die ÖVP in den letzten Jahren genau kennengelernt, von den „grausligen Chatnachrichten“ bis hin zum Ibiza-Untersuchungsausschuss. Da falle es schwer, Vertrauen für eine Zusammenarbeit aufzubauen, so Abwerzger. Dass die jüngsten Skandale erst durch Aussagen von FPÖ-Politikern im sogenannten „Ibiza-Video“ ins Rollen gebracht wurden, ließ Abwerzger dabei aus.
Eine Zusammenarbeit mit der „Platter-ÖVP“ lehnte er aber klar ab. Was die Türkisen im Bund versucht hätten, nämlich Österreich unter ihre Kontrolle zu bringen, habe die Tiroler ÖVP in Tirol bereits vor 40 Jahren geschafft.

Es gebe vernünftige Kräfte in der Tiroler ÖVP, die hätten allerdings derzeit nicht das Sagen, erklärte der Klubobmann der Freiheitlichen weiter. Wenn es Änderungen an der Spitze gebe, sei man natürlich gesprächsbereit, ließ er sich eine Hintertür offen. So sicher sitze Platter nämlich nicht im Sattel, zeigte sich Abwerzger überzeugt. Die Karten würden nach den nächsten Landtagswahlen neu gemischt.
Zu schwach zum Regieren
Die Ausgangslage für eine Regierungsbeteiligung ist allerdings auch für die Freiheitlichen nicht die beste. Um stark genug für die Regierung zu sein, müsste die FPÖ in Tirol 20 Prozent erreichen, gab Abwerzger an. Dass das schwierig zu erreichen sein wird, gab er offen zu: „Ich bin nicht blauäugig“. Er habe die jüngste Vergangenheit der FPÖ, von Ibiza bis zum Spesenskandal, nicht vergessen.
Da gäbe es noch immer viel Aufholbedarf, um das Vertrauen der Wählerinnen und Wähler wieder zurückzugewinnen. Ein Zugewinn bei den Landtagswahlen 2023 „wäre schön“, zeigte sich Abwerzger dennoch optimistisch. Das sei auch wichtig, um in Zeiten wie diesen „für Wirbel“ zu sorgen. Dann könne sich auch einmal in Tirol eine Mehrheit ohne ÖVP ausgehen, hoffte der Klubobmann.
Machtwechsel kritisch beobachtet
Für Beruhigung in der Bundes-FPÖ soll jetzt der neue Bundesparteiobmann Herbert Kickl sorgen. Widersprüche innerhalb der Partei und interne Streitigkeiten führten im Frühsommer zu dem Machtwechsel an der Spitze der FPÖ. Klubobmann Markus Abwerzger war damals einer der ersten, der sich klar für Herbert Kickl an der Spitze der Partei aussprachen.
Dass Kickl polarisiert, ist für Abwerzger dabei kein Nachteil. FPÖ-Politiker würden immer polarisieren, „man mag sie, oder eben nicht“, alles dazwischen sei nicht der Anspruch der Partei, so Abwerzger. Er stellte sich im ORF Sommergespräch einmal mehr klar hinter Kickl und bezeichnete ihn als „besten Innenminister aller Zeiten“.
Die Pandemie als Zugpferd
Abseits der Streitigkeiten in der Bundespartei hatte die FPÖ im vergangenen Jahr Schwierigkeiten mit Themen aufzufallen. Eine der wenigen Möglichkeiten bot dabei die Pandemie – hier setzten die Freiheitlichen auf Kritik der Maßnahmen. Im Sommergespräch sah Abwerzger bereits wieder erste Anzeichen für eine „falsche Panikmache“ um die Coronazahlen und den Herbst.
Er sprach sich erneut gegen eine Impfpflicht aus. Auch in den Gesundheitsberufen brauche es keine verpflichtende Impfung, viele aus dem Gesundheitspersonal seien bereits geimpft. Außerdem würde das „die Büchse der Pandora“ öffnen, und so eine generelle Impfpflicht möglich machen. Das passe für die FPÖ nicht zum Grundgedanken der Freiheit bei diesen Entscheidungen, so Abwerzger.
Aufmarsch am Brenner
Kritik äußerte Abwerzger auch am Umgang der schwarz-grünen Regierung mit dem Transit in Tirol. Die Freiheitlichen hätten im Landtag zwar alle Anträge dazu mitgetragen, aber nur „um sich nicht den Schwarzen Peter zuschieben zu lassen“, erklärte Abwerzger. Um den Transit zu reduzieren brauche es eine Zusammenarbeit mit der EU. Wenn diese allerdings immer wegschaue, müsse Tirol sich selber helfen und Blockaden am Brenner machen. Landesübliche Empfänge für die Vertreter der EU würden da wenig helfen, so Abwerzger.

Auf die Straße gehen gegen den Transit ist also der Plan B für die FPÖ. Erst einmal heißt es in den nächsten Monaten aber Stimmen für die Gemeinderatswahlen 2022 zu sammeln. Das Ziel der Tiroler FPÖ ist hier bescheiden: In gleich vielen Gemeinden wie 2016 anzutreten und die Zahl der Gemeinderäte in etwa zu halten. Das große Ziel, das „System ÖVP zu zerbrechen“, werde damit aber wohl noch nicht funktionieren, trotzdem sei das Antreten bei den Gemeinderatswahlen sehr wichtig für die Demokratie, zeigte sich Abwerzger einsichtig.