Schild Ortsende Ischgl im Paznaun
APA/JAKOB GRUBER
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Politik

Causa Ischgl: Neue Details zu Ausreisechaos

Der streng vertrauliche Ischgl-Vorhabensbericht ist von der Oberstaatanwaltschaft Innsbruck laut „profil“ an das Justizministerium geschickt worden. Strafrechtlich relevant ist vor allem die Frage, wer für das Abreise-Chaos des 13. März 2020 verantwortlich ist. Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) habe in Zeugeneinvernahme den Bundeskanzler belastet, so profil.

Sebastian Kurz (ÖVP) habe ihm zwar am 13. März 2020 mitgeteilt, dass er im Einvernehmen mit dem damaligen Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) nach entsprechenden Informationen aus den Stäben beschlossen hätte, dass über das Paznaun und St. Anton am Arlberg die Quarantäne verhängt wird, so Platter laut „profil“. Der Zeitpunkt sei aber „schlichtweg kein Thema“ gewesen. Platter betonte, umgehend seinen höchsten Beamten und Leiter des Tiroler Krisenstabes – Herbert Forster – mit der Ausarbeitung eines Quarantäne-Konzepts beauftragt zu haben.

Bundeskanzler verkündete Quarantäne

Dreieinhalb Stunden nach dem Telefongespräch zwischen Kurz und Platter trat der Kanzler vor die Presse und verkündete die Quarantäne mit den Worten: „Diese Gebiete werden ab sofort isoliert“. Tausende Touristen ergriffen daraufhin die Flucht. Die Quarantäneankündigung sei „überraschend, ohne unmittelbare Zuständigkeit und ohne substanzielle Vorbereitung“ geschehen, hielt bereits die Expertenkommission unter Ex-Höchstrichter Ronald Rohrer fest.

Platter sieht sich falsch verstanden

Platter sah sich indes im „profil“-Bericht falsch verstanden. „In keinster Weise fand von LH Platter eine Belastung des Bundeskanzlers in der Causa Ischgl statt. Diese Interpretation ist falsch und nicht zulässig“, hieß es in einer Reaktion von Platters Büro gegenüber der APA. Es hätten in den damals „sehr herausfordernden ersten Pandemie-Tagen alle ihr bestens gegeben“. „Zurückblickend auf die nun seit 1,5 Jahren andauernde Pandemie lässt sich feststellen, dass durch die im März von Bund und Land in Tirol getroffenen Maßnahmen die Situation rasch in den Griff bekommen werden konnte“, betonte das LH-Büro.

Fünf Beschuldigte

Fünf Personen führt die Innsbrucker Staatsanwaltschaft mit Abschluss der mehr als einjährigen Ermittlungen als Beschuldigte. Darunter sind Tirols höchster Beamter – Landesamtsdirektor Forster – und der für Ischgl verantwortliche Bezirkshauptmann von Landeck, Markus Maaß. Dazu kommen zwei weitere Beamte der Bezirkshauptmannschaft Landeck sowie der Ischgler Bürgermeister Werner Kurz. Forsters Anwalt meinte gegenüber „profil“, dass der Landesamtsdirektor durch die Ermittlungsergebnisse jedenfalls entlastet werde. Seinem Mandanten sei eine „sofortige“ Quarantäne ab 14.00 Uhr in „keiner Weise“ beauftragt worden. Es sei auch „unzumutbar“ und „menschenunmöglich“, innerhalb von nur dreieinhalb Stunden so ein Management auf die Beine zu stellen.

Laut dem Anwalt sei kein Vertreter der Bundesregierung von der Staatsanwaltschaft einvernommen worden. „Meines Erachtens könnte das Justizministerium mit dem Vorhabensbericht aber ergänzende Ermittlungen anordnen. Dann könnte auch die Verantwortung des Bundes geprüft werden“, war der Anwalt der Meinung. Der Ball in der heiklen Causa liegt nun bei Justizministerin Alma Zadić. Mit einer Entscheidung ist im Herbst zu rechnen. Im Justizministerium wird über Anklage oder Einstellung des Verfahrens entschieden.