Ignorieren bzw. Brechen der Heimquarantäne mit Absonderungsbescheid
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Gericht

Quarantänebrecher vermehrt vor Gericht

Seit Beginn der Pandemie landen immer wieder Menschen vor Gericht, die ihren Covid-Absonderungsbescheid ignoriert und andere dadurch gefährdet haben. Damit ist eine Straftat wieder in den Fokus gerückt, die die Justiz in Tirol lange kaum beschäftigte.

Früher landeten vor dem Tiroler Landesgericht zwei bis drei Fälle pro Jahr, in denen es um übertragbare Krankheiten ging. Seit der Pandemie sind es deutlich mehr, denn wer corona-positiv ist und trotzdem aus dem Haus geht und andere trifft, obwohl er diese anstecken könnte, macht sich strafbar: „Im Schnitt haben wir drei Verhandlungen im Monat, manchmal aber auch zwei bis drei pro Woche. Begonnen hat das bereits im letzten Herbst, als die ersten Verhandlungen vor Gericht anberaumt wurden“, schilderte Gerichtssprecher Andreas Stutter.

Pensionisten, Paare, Obdachlose

Die Angeklagten selbst sind meist unbescholten, Ersttäter und gesellschaftlich so breit gefächert wie ihre Gründe für den Quarantäne-Bruch. Die Palette zieht sich von Jung bis Alt: „Die Mehrzahl denkt einfach nicht daran. Die wollen hinaus und gehen einfach spazieren oder treffen sich mit jemandem, weil sie das für notwendig erachten. Manchmal sind sie auch in Fernbeziehungen und wollen einfach ihren Partner sehen. Für Obdachlose ist es auch oft schwierig, einzusehen, warum sie abgesondert im Heim bleiben sollen“, so Stutter.

Gassi während Heimquarantäne mit Absonderungsbescheid
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Auch eine Gassi-Runde ist während einer Heimquarantäne nicht erlaubt

Anzeigepflichtige Krankheiten in Österreich

Der Anzeigepflicht unterliegen in Österreich etwa Diphterie, eine Salmonellenvergiftung, Masern oder Röteln, viele Geschlechtskrankheiten, Noroviren, Tollwut und inzwischen auch Infektion mit dem Coronavirus.

Strafbar auch ohne Ansteckung

Vergangene Woche wurden erneut zwei Fälle am Landesgericht verhandelt. Im Fokus steht dabei §178 des Strafgesetzbuches – die „vorsätzliche Gefährdung von Menschen durch übertragbare Krankheiten“. Es muss nicht zu einer tatsächlichen Virusübertragung kommen, der Vorsatz genügt, warnte der Gerichtssprecher: „Das ist eine Form der inneren Überzeugung. Der spätere Angeklagte muss es ernstlich für möglich halten und sich damit abfinden, dass eine Ansteckung eintreten kann. Und dann riskiert er das trotzdem.“

Der Straftatbestand selbst ist nicht neu und betrifft alle auch nur beschränkt melde- und anzeigepflichtigen Krankheiten. In den 1980er-Jahren wurde er im Zusammenhang mit HIV/AIDS schlagend, wie Stutter schilderte: „Hier hat es phasenweise gehäuft Verfahren gegeben, vereinzelt auch bei Tuberkulose oder Syphilis.“

Oberlandesgericht und Landesgericht Innsbruck
Hermann Hammer
Phasenweise werden bis zu drei Fälle von Quarantäne-Bruch vor dem Landesgericht verhandelt

Schuldspruch und bedingte Strafe

Wenn jetzt Menschen vor Gericht stehen, die eine Covid-Heimquarantäne gebrochen haben, enden diese Prozesse meist tatsächlich in Schuldsprüchen. Das gesetzlich mögliche Höchststrafmaß sind drei Jahre Gefängnis: „Das wurde meines Wissens bisher noch nicht ausgesprochen. Meist sind es bedingte Strafen, teilweise auch Geldstrafen“, erläuterte der Gerichtssprecher. Die Höhe der Geldstrafe ist einkommensabhängig.

Ist ein Angeklagter bereits einschlägig vorbestraft, etwa durch Verurteilungen wegen Körperverletzung, kann die verhängte Strafe allerdings durchaus strenger ausfallen. Vor kurzem wurde so ein Angeklagter am Innsbrucker Landesgericht etwa zu 18 Monaten bedingter Haft verurteilt.