Das Flüchtlingsheim in Oberperfuss
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Wirtschaft

Flüchtlingsheim in Oberperfuss schließt

Das Flüchtlingsheim in Oberperfuss (Bezirk Innsbruck-Land) wird nach sechs Jahren geschlossen. Die Tiroler Sozialen Dienste haben den Vertrag gekündigt, weil sich der Betrieb nicht mehr rentiert. Die ehrenamtlichen Begleiterinnen und Begleiter protestieren.

Als das Heim 2015 öffnete, lebten 45 geflüchtete Menschen dort. Zuletzt waren es nur mehr 14. Obwohl das Heim von der Bevölkerung gut angenommen wurde, wird eine Schließung bereits seit Längerem diskutiert – mehr dazu in Oberperfuss: Helfer gegen Heimschließung. Die Tiroler Sozialen Dienste (TSD) haben jetzt den Mietvertrag gekündigt, Ende September läuft er aus.

Ehrenamtliche: „Menschen haben Angst“

Bereits jetzt wurde damit begonnen, erste Menschen in neue Unterkünfte umzusiedeln. Eine Familie wohnt jetzt etwa in der Leutasch. Das bringe unnötig Stress und Angst, kritisierte Elisabeth Schatz vom Team der Freiwilligen: „Die Leute haben das Gefühl, sie haben ab morgen keinen Schlafplatz mehr. Wir ärgern uns, dass mit den Menschen nicht ordentlich geredet wurde. Diese Vorgangsweise ist unmöglich, besonders für alle, die sowieso in Unsicherheit leben.“

Ehrenamtliche Begleiterinnen und Begleiter für geflüchtete Menschen in Oberperfuss
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Das Flüchtlingsheim in Oberperfuss gibt es seit sechs Jahren

Schließung schon länger geplant

Alle betroffenen Bewohnerinnen und Bewohner seien informiert worden, verteidigten sich die TSD. Man müsse Zeit für kleinere Renovierungsarbeiten einplanen. Eine Übersiedlung in den Ferien käme zudem Familien mit schulpflichtigen Kindern entgegen. Anderen wolle man mehr Zeit geben, erklärte Prokurist Florian Stolz: „Wir versuchen grundsätzlich, unsere Klientinnen und Klienten nicht oft umzusiedeln, weil sie durch ihre Flucht schon viele Ortswechsel hinter sich haben. Die Schließung steht aber schon über eineinhalb Jahre im Raum, das wissen sie auch.“

Ehrenamtliche Begleiterinnen und Begleiter für geflüchtete Menschen in Oberperfuss
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Betroffene mit schulpflichtigen Kindern sollen früher übersiedeln

Flüchtlinge im Ort verwurzelt

Die Freiwilligen wünschen sich, dass im Gebäude Sozialwohnungen entstehen. Viele Flüchtlinge seien tief im Dorf verwurzelt, sie jetzt herauszureißen sei grausam, wie Freiwilligen-Sprecherin Elisabeth Schatz betonte: „Vielfach leben sie schon seit über sechs Jahren im Dorf. Sie sind bestens integriert und viele Menschen im Dorf habe mit den Bewohnerinnen und Bewohnern guten Kontakt. Es gibt gemeinnütziges Arbeiten, Hilfen beim Deutschlernen, Benefiz-Abende, Skikurse für die Kinder, das tut ihnen gut, aber das tut auch uns Dörflern gut“, zeigte sie sich überzeugt.

Ehrenamtliche Begleiterinnen und Begleiter für geflüchtete Menschen in Oberperfuss
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Freiwillige helfen den geflüchteten Menschen seit Jahren, sich im Dorf zu integrieren

Familie braucht vorübergehende Wohnung

Laut TSD gebe es dieser Tage noch Gespräche mit dem Vermieter des Gebäudes, ob zumindest eine betroffene Flüchtlingsfamilie länger dort wohnen bleiben darf: „Wir besprechen, ob es eine Kulanzlösung geben könnte. Die Familie hat schon eine Wohnung in Aussicht. Das ist auch ein Verdienst des Freundeskreises in Oberperfuss, der geholfen hat, etwas zu finden. Ein paar Monate müssen aber überbrückt werden. Wir versuchen, hier eine Lösung zu finden.“

Die Tiroler Sozialen Dienste zeigen sich dankbar für die bisherige Unterstützung durch die freiwilligen Helferinnen und Helfer: „Die Tatsache, dass so viele mit einem positiven Asylbescheid ausgezogen sind, ist nicht zuletzt ihrem Engagement zu verdanken, die mit Deutschnachhilfe und vielem mehr einen unschätzbaren Beitrag geleistet haben“, so Stolz. Man verstehe, dass viel Emotion dabei sei, wenn das Heim jetzt geschlossen werde.