Das Tiroler Raumordnungsgesetz bezeichnete Universitätsprofessor Peter Bußjäger aber grundsätzlich trotz dieser Kritik als verfassungskonform. „Freizeitwohnsitze dürfen beschränkt werden, weil leistbares Wohnen im öffentlichen Interesse ist“, strich er bei einer Pressekonferenz heraus. Es gelte jedoch, in der Praxis verstärkt darauf Rücksicht zu nehmen, dass auch mehrere Wohnsitze zur Berufsausübung möglich seien. „In diesem Fall haben wir es dann mit einem Nebenwohnsitz, nicht mit einem illegalen Freizeitwohnsitz zu tun“, fügte der Universitätsprofessor hinzu.
Es müsse jedenfalls, bevor es zu Kontrollen in Bezug auf mögliche illegale Freizeitwohnsitze komme, ein begründeter Verdacht vorliegen, so Bußjäger. „Immerhin sind solche Kontrollen Eingriffe in das Privat- und Familienleben“, betonte der Jurist. Pauschale Anzeigen oder Listen mit verdächtigen Wohnsitzen führen diesbezüglich nicht zum gewünschten Ziel von klaren Rahmenbedingungen im Nebenwohnsitz-Umfeld, so Bußjäger.
Rechtsanwalt ortet voreingenomme Behörde
Auch Rechtsanwalt Stefan Rass schlug in diese Kerbe. „Zum Teil werden bei Nebenwohnsitzen auch neue Lebensformen wie Homeoffice und neuen Technologien verkannt und außer Acht gelassen“, meinte Rass. Er habe insgesamt das Gefühl, dass zum Teil alles außer Hauptwohnsitzen als Freizeitwohnsitze gesehen werden, so der Rechtsanwalt. Die Behörden seien hier voreingenommen, ergänzte er.

Deshalb brauche es klare Handlungsanleitungen für Bürgermeister und Gemeinden, forderten Bußjäger und Rass. Das führe letzten Endes auch zur Rechtssicherheit für Käufer und Nutzer von Immobilien und für Bauträgern. Es gehe aktuell vor allem darum zu klären, unter welchen Bedingungen Behörden mit Kontrollen beginnen dürfen, so Bußjäger.
Land will Wasser- und Stromverbrauch überprüfen lassen
Das Land Tirol versucht bereits seit Jahren, gegen illegale Freizeitwohnsitze vorzugehen. Anfang 2020 etwa hatte der Tiroler Landtag ein Gesetz beschlossen, das Kontrollen zielgerichteter ermöglichen soll. Überprüfen wollte man etwa Daten wie Wasser- und Stromverbrauch, um Verdachtsmomente zutage zu fördern. Es handle sich dabei um kein Kavaliersdelikt, sondern trage maßgeblich dazu bei, dass die Preise für Wohnraum immer weiter steigen und für Einheimische die Schaffung von Eigentum immer schwieriger werde, betonte der für Wohnbau zuständige Landesrat Johannes Tratter (ÖVP) in einer Aussendung.
„Dass Immobilienentwickler damit keine Freude haben, ist für mich nachvollziehbar. Aber der berechtigte Wunsch der Bevölkerung nach leistbarem Wohnraum ist für mich definitiv höher zu bewerten, als die Profitmaximierung einiger weniger“, so Tratter.