Sternenkreise rund um den Polarstern
Hermann Hammer
Hermann Hammer
Wissenschaft

Der Entstehung von Leben auf der Spur

Innsbrucker Physiker haben möglicherweise wieder einen Schritt geschafft, der das Verständnis der Grundlagen des ersten Lebens bildet. Sie haben herausgefunden, wie negativ geladene Moleküle im All entstehen könnten. Solche Verbindungen könnten für die Entstehung von Leben maßgebend gewesen sein.

Kälte macht träge, das gilt besonders für die extreme Kälte im Weltall. In den kalten Wolken zwischen den Sternen braucht es schon eindeutige Verhältnisse, damit überhaupt noch eine Reaktion abläuft, anders gesagt, es braucht negativ oder positiv geladene Teilchen, sogenannte Ionen.

Milchstraße mit Almhütte im Vordergrund
Hermann Hammer
Schon beim gewöhnlichen Blick auf die Milchstraße erkennt man die dunklen Wolken, welche die Sterne dahinter verdecken

Negative Kohlenstoffverbindungen erst 2006 entdeckt

Bis vor wenigen Jahren ging man davon aus, dass es nur positiv geladene Verbindungen in diesen Wolken gibt. Im Fachjournal „Physical Review Letters“ berichten nun Innsbrucker Physiker, wie es zur Bildung negativ geladener Ionen kommen kann. Negativ geladene Kohlenstoffverbindungen im Weltraum wurden erstmals 2006 entdeckt. Bis dahin ging man davon aus, dass negativ geladene Teilchen rasch durch Kollisionen mit anderen Atomen oder Molekülen bzw. durch UV-Licht zerstört würden. Wie es zur Bildung negativ geladener Ionen kommt, war bisher unklar.

Forscher holten das All ins Labor

Die Forschungsgruppe um Roland Wester vom Institut für Ionenphysik und Angewandte Physik der Universität Innsbruck versucht, die Entwicklung elementarer Moleküle im All besser zu verstehen und hat dazu vor einigen Jahren ein eigenes Labor aufgebaut. Herzstück davon ist eine Ionenfalle, „mit der wir, vereinfacht gesagt, das All ins Labor holen können“, so Wester. Die Apparatur erlaubt es, die Bildung von chemischen Verbindungen im Detail zu studieren.

In ihrem aktuellen Experiment haben die Physiker Moleküle aus drei Kohlenstoffatomen und einem Stickstoffatom erzeugt, dieses ionisiert und in der Ionenfalle bei extrem tiefen Temperaturen mit Laserlicht beschossen. Dabei änderten sie die Frequenz des Lichtes kontinuierlich so lange, bis die zugeführte Energie groß genug war, um ein Elektron aus dem Molekül zu lösen.

Prozess im Weltall verläuft umgekehrt

Im Weltall dürfte dieser Prozess genau gegenteilig ablaufen – was allerdings unter Laborbedingungen derzeit einfach nicht nachvollzogen werden kann, wie Wester gegenüber der APA erklärte. „Wir nutzen aus, dass solche Elementarprozesse mit umgekehrter Zeit genauso ablaufen – und wenn ich das verstehe, verstehe ich auch den inversen Prozess“, so der Physiker.

Tatsächlich finden sich in interstellaren Wolken solche stabförmigen Moleküle aus drei Kohlenstoff- und einem Stickstoffatom, in denen die Ladung asymmetrisch verteilt ist. Das Molekül hat also an einem Ende mehr positive und am anderen Ende mehr negative Ladung, was man „Dipol“ nennt. Dadurch kann es ein freies Elektron einfangen und wird negativ geladen. Damit ist es bereit für weitere Reaktionen – „welche das sein könnten, das ist eine weitere noch ungeklärte Frage“, so Wester.