Gedenkstätte für SS-Soldaten in Imst
ORF
ORF
Politik

Zweifelhafte Gedenkstätte in Imst

Eine Gedenkstätte für drei NS-Soldaten in der Gemeinde Imst sorgt seit Tagen auch außerhalb Tirols für Aufregung. Diese Soldaten gehörten nämlich der Waffen-SS an, die 1946 in Nürnberg zur verbrecherischen Organisation erklärt wurde.

Das Denkmal für die drei Soldaten befindet sich im Putzenwald in Imst. Einheimische wundern sich über diesen Gedenkkult. Sie stellten Recherchen im Berliner Bundesarchiv an und fanden heraus, dass die drei Soldaten, derer hier gedacht wird, langjährige Mitglieder der Waffen-SS und Totenkopf-Infanterie-Einheit des nationalsozialistischen Regimes waren. Die Totenkopf-SS war berüchtigt und als Division an mehreren Kriegsverbrechen aktiv beteiligt und in Konzentrations- und Vernichtungslagern tätig.

Der Ex-FPÖ-Politiker Wilhelm Grissemann besucht und verteidigt das zweifelhafte Ehrenmal trotzdem. Eine Aufarbeitung der Vergangenheit hält er für überflüssig: „Da gibt es einen guten lateinischen Spruch: ‚De mortuis nihil nisi bene‘ – Über die Toten nur mehr Gutes“, so Grissemann.

Wilhelm Grissemann gedenkt den toten NS-Soldaten
ORF
Wilhelm Grissemann zündet eine Kerze für die toten SS-Soldaten an

Fakten offenbar bewusst verschwiegen

Nicht alle sind seiner Meinung. Man habe die militärischen Ränge der drei Soldaten an der Gedenkstätte etwa bewusst nicht angeführt, gab Sabine Schuchter, die Leiterin des Imster Museums im Ballhaus, zu bedenken: „Es ging dann das Gerücht um, es handle sich um drei arme, unschuldige Buben, die verraten worden seien. Das verkennt natürlich schon die Tatsachen“, so die Expertin.

„Es hat uns betroffen gemacht, dass in Imst drei SS-Angehörigen gedacht wird – und für die tatsächlichen, wehrlosen Opfer des NS-Regimes gibt es gar nichts“, empörte sich auch der Imster Andreas Wohlfahrter.

Imster vor der Gedenkstätte für die SS-Soldaten
ORF
Mehrere Imsterinnen und Imster wünschen sich eine kritische Aufarbeitung

Kritische Zusatztafel wurde zerstört

Gemeinsam mit Gleichgesinnten brachte er daher eine Zusatztafel mit Informationen am Denkmal an. „Nachdem in Imst eine sehr zögerliche Aufarbeitung der NS-Vergangenheit stattfindet, wollten wir einen Denkanstoß geben, um zu zeigen, dass das SS-Angehörige und keine normalen Soldaten waren“, sagte Heltschl. Diese Tafel wurde allerdings bald darauf zerstört.

Grissemann sagte, er verstehe die Initiative nicht: „Wo führt das denn alles hin? Frau Schuchter ist eine selbst ernannte Spezialistin, die offenbar die ganze NS-Zeit aufarbeiten will“, so Grissemann. Er wolle sich „anschauen“, wie das ausschaut.

Zerstörte Zusatztafel für die Gedenkstätte für SS-Soldaten in Imst
ORF
Die Zusatztafel, die über die militärischen Ränge der Soldaten informierte, wurde beschädigt

Gemeinde will Aufarbeitung

Das SS-Denkmal steht auf Gemeindegrund. Die Verantwortung für den weiteren Umgang ist also wohl hier zu suchen. Man habe sich in der Gemeinderatssitzung zu der Gedenkstätte beraten, sagte der Imster Bürgermeister Stefan Weirather (ÖVP). Man sei in der Umsetzungsphase: „Wir möchten das historisch aufarbeiten. Sabine Schuchter ist dabei, das gemeinsam mit einem Team vorzubereiten. Sie wird dem Kulturausschuss dann mitteilen, wie diese Aufarbeitung geschehen soll“, so der Bürgermeister.

Der Imster SPÖ-Gemeinderat Richard Aichwalder will kein zögerliches Vorgehen. In einer schriftlichen Stellungnahme ließ er ausrichten: „Jeder Tag, der nun vergeht, ist angesichts der Situierung auf Gemeindegrund durchaus auch ein Tag des stillen Gutheißens. Das haben sich weder der weit überwiegende Teil der Imsterinnen und Imster noch die zahllosen Opfer des Nazi-Regimes verdient. Das Schandmal muss weg.“

Die drei SS-Soldaten sollen im Wald hingerichtet worden sein – ohne Prozess. Auch diese Geschichte müsse aufgearbeitet werden, sind sich alle einig. Sie sehe die Diskussion jedenfalls sehr positiv, sagte Schuchter: „Dadurch werden Möglichkeiten eröffnet, das Thema Erinnerungskultur breiter zu diskutieren und auch in Imst einen Ort zu schaffen, wo man auch der Opfer gedenkt.“