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Chronik

865 Anzeigen im Stadtmagistrat „versickert“

In Innsbruck sind in den letzten sechs Jahren 865 Anzeigen der Polizei in einem Mailordner der Stadtverwaltung unbemerkt „liegen“ geblieben. Rund 25.000 Euro sollen dadurch der Magistratskassa entgangen sein. Die Magistratsdirektion erstattete Selbstanzeige.

Für die mittlerweile verjährten Anzeigen wurden nie Strafbescheide ausgestellt, berichtete die „Tiroler Tageszeitung“ (Mittwochsausgabe). Das Ergebnis einer umfassenden Untersuchung sei der Staatsanwaltschaft Innsbruck zur rechtlichen Prüfung übermittelt worden, bestätigte Vizebürgermeister Johannes Anzengruber (ÖVP).

Strafzettel hinter Scheibenwischer
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Verstöße auch gegen die Straßenverkehrsordnung wurden jahrelang nicht geahndet

Keine Strafbescheide ausgestellt

2015 und 2020 waren es 444 Anzeigen, die nicht geahndet wurden und dann verjährt sind, weil im Magistrat keine Strafbescheide ausgestellt wurden. „Meist ging es dabei um Verstöße gegen das Meldegesetz, die Jugendschutzverordnung sowie die Straßenverkehrsordnung“, so Anzengruber. Seit 2020 blieben weitere 421 Anzeigen für die Betroffenen ohne Folgen. Dabei habe es sich vor allem um Verstöße gegen das Epidemiegesetz und die Covid-Bestimmungen gehandelt. Für die insgesamt 865 Anzeigen wurden in der Theorie etwa 40.000 Euro Strafgelder nicht eingehoben. In der Praxis müsse man aber eher von einem Schaden in der Höhe von 25.000 Euro ausgehen, hieß es.

Fehler im System

Hinter dem Versickern der Anzeigen auf dem Weg von der Polizei zum Magistrat liegen offenbar Systemfehler und Versäumnisse. So sei es etwa der Fall, dass die Innsbrucker Stadtverwaltung ein anderes Anzeigen-Programm wie die Polizei verwendet. Um Akten dennoch übermitteln zu können, musste eine Schnittstelle eingerichtet werden. „Und diese Schnittstelle benötigt aber die Deliktcodes, um die Anzeigen an die zuständigen Abteilungen weiterzuleiten“, erklärte Vizebürgermeister Anzengruber. Sei der Code nicht eingespeist, so habe die Schnittstelle bisher die Anzeigen an einen Mailordner mit der Bezeichnung „unbearbeitet“ geschickt. Und für diesen Ordner sei offenbar niemand zuständig gewesen, „hier wurde nie reingeschaut“.