Die Ausstellung zeigt auch Kurioses, wie etwa diese Postkarte rund um das Jahr 1905
Stadtarchiv/Stadtmuseum
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Kultur

Nüchterne Blicke auf historische Gasthäuser

Eine Sonderausstellung unter dem Titel „Lokal–Geschichten: Nüchternes aus ehemaligen Innsbrucker Gasthäusern“ widmet sich im Stadtarchiv/Stadtmuseum ab Donnerstag historischen Gasthäusern und ihrer Bedeutung für Stadt und Menschen.

Vor allem während des Lockdowns hat sich gezeigt, wie wichtig Gasthäuser, Bars und Kaffeehäuser für Kommunikation und zwanglose Begegnungen zwischen ihren Besucherinnen und Besuchern sind. Sind sie geschlossen, dann fehlt etwas. Die Ausstellung macht jetzt einen wichtigen historischen Teil der Innsbrucker Kultur sichtbar.

Renate Ursprunger und Niko Hofinger vom Stadtarchiv/Stadtmuseum Innsbruck nutzten während der Pandemie die Zeit der geschlossenen Lokale und bearbeiteten die Schätze des Stadtarchivs aus ehemaligen Innsbrucker Gasthäusern. Dabei haben sie Kurioses, Modernes und Nostalgisches zusammengetragen.

Ersatz-Wohnzimmer für viele

„Die Gasthäuser waren das Wohnzimmer“, erklärte Niko Hofinger. „Die Menschen haben zuhause beengt in kleinen Wohnungen gelebt. Wenn man hinaus wollte, ist man ins Gasthaus gegangen, hat dort seine Freunde getroffen und seinen Verein, hat dort gesungen oder politisiert.“

Im Gasthaus war auch viel Kultur beheimatet: „Die Musik hat dort gespielt. Das städtische Symphonieorchester ist 1894 noch durch die Gastgärten getourt und hat im Sommer jeden Abend auf einer anderen Bühne gespielt“, erzählte der Experte. „Auf den großen Bühnen gab es zudem volkstümliches Theater, oft mit vielen hundert Zuschauern. Viele dieser Funktionen waren für das städtische Leben enorm wichtig.“

Selbst wenn sie sich privat, in geselligem Rahmen trafen, trugen die Mitglieder des Vereins der Innsbrucker Kommissionäre ihre Uniformen, ihre Kopfbedeckungen, versehen mit dem Namen jenes Hotels oder Gasthauses, für das sie arbeiteten, vor 1911
Verein der Hotelkommissionäre Innsbrucks
Selbst wenn sie sich privat, in geselligem Rahmen trafen, trugen die Mitglieder des Vereins der Innsbrucker Kommissionäre ihre Uniformen, ihre Kopfbedeckungen, versehen mit dem Namen jenes Hotels oder Gasthauses, für das sie arbeiteten, vor 1911

Neben Plakaten, Ansichtskarten und Fotos sind in der neuen Ausstellung auch Speisekarten, Gästebücher, Gewerbeakte und eine Sammlung von Geschirr aus den ehemaligen Stadtsälen zu sehen.

Auch Orte des Kampfes

„In Gasthäusern ist natürlich auch gerauft worden“, berichtete der Experte. Ein bedeutendes Innsbrucker Ereignis der 1930er-Jahre war die Höttinger Saalschlacht, bei der sich sozialdemokratische und nationalsozialistische Schlägertrupps zu einer Massenschlägerei verabredet haben.

„Da ist auch zugestochen worden und es hat Todesopfer gegeben“, schilderte Hofinger. „Die Höttinger Gendarmerie ist viel zu spät und mit viel zu wenigen Beamten erschienen und hat versucht, dort Frieden zu stiften. Der Säbel des damaligen Gendarmerie-Inspektors hängt bei uns in der Ausstellung.“

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Das Innsbrucker Stadtcafé
Stadtarchiv/Stadtmuseum
Das Innere des alten Innsbrucker Stadtcafé
Das Innsbrucker Stadtcafé
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Das Stadtcafé war bei seinen Besucherinnen und Besuchern sehr beliebt
Das Innsbrucker Stadtcafé
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Das Stadtcafé war neben dem Innsbrucker Landestheater angesiedelt
Das Innsbrucker Löwenhaus
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Das Gasthaus Löwenhaus an der Innpromenade
Die Löwenbrauerei des Innsbrucker Löwenhaus
Stadtarchiv/Stadtmuseum
Zum Gasthaus gehörte damals auch das Löwenbräu

Ausstellungstermine

Die Ausstellung im Stadtarchiv/Stadtmuseum Innsbruck in der Badgasse 2 ist bis 25. Februar 2022 von Montag bis Freitag, von 9.00 bis 17.00 Uhr zu sehen. Das Begleitprogramm wird im Herbst bekanntgegeben.

Brücke aus der Einsamkeit

Viel der alten Gasthauskultur sei natürlich inzwischen verloren gegangen. Wenn man sich aber ansehe, wie sehr die Menschen im vergangenen Jahr die Gasthäuser vermisst haben, könne man durchaus sehen, wie viele Funktionen Gasthäuser auch heute noch erfüllten: „Es ist die Sehnsucht nach einem Ort, wo man informell hingehen kann, wo man Leute trifft, die man kennt, wo man seinen Stammtisch hat. Es ist die Brücke von der Einsamkeit in die Gruppe. Das ist immer noch so“, zeigte sich der Experte des Innsbrucker Stadtarchivs überzeugt.

Es sei schade, dass viele der schönen Innsbrucker Gastgärten inzwischen verschwunden seinen. „Wahrscheinlich ist es nicht finanzierbar, einen großen Garten zu mieten oder zu besitzen, den man als Wirt nur das halbe Jahr bespielen kann. Stück für Stück sind so zum Beispiel aus Wilten viele Wirtshäuser und Gastgärten verschwunden“, so Hofinger. Als Innsbruckerin oder Innsbrucker habe man es zum Glück aber nicht weit von der Stadt zu den Ausflugsgasthäusern der Umgebung.