Herzinfarkt
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Wissenschaft

CoV lässt Herzinfarktrisiko steigen

Dass Menschen mit einer genetisch bedingten erhöhten Konzentration des Lp(a)-Blutfetts doppelt so gefährdet sind, einen Herzinfarkt zu erleiden, ist bekannt. Innsbrucker Forscher zeigten nun, dass dieses Risiko durch eine Coronavirus-Infektion um das Eineinhalbfache steigt.

Studienleiter Florian Kronenberg leitet das Institut für Genetische Epidemiologie der Medizinischen Universität Innsbruck. Er riet im APA-Gespräch, die Lp(a)-Konzentration zumindest einmal im Leben zu messen. „Obwohl bestens bekannt ist, dass eine erhöhte Lp(a)-Konzentration das Herzinfarktrisiko verdoppelt, wird dieser Faktor noch zu wenig berücksichtigt“, warnte Kronenberg.

Lp(a)

Lipoproteine bestehen aus Fetten und Eiweißen. Das Lipidprotein Lp(a) ist im Blut nachweisbar. Erhöhte Werte weisen unter anderem auf ein gesteigertes Risiko für Arterienverkalkung hin.

Jeder fünfte Mensch in Österreich weise mit einem Wert von 50 Milligramm pro Deziliter eine erhöhte Lp(a)-Konzentration auf, hieß es. Die allermeisten Betroffenen seien sich dessen aber nicht bewusst, erklärte der Experte. Die Menge dieses Lipoproteins im Blut ist genetisch festgelegt und variiert stark zwischen verschiedenen Menschen. „Meist wird nur über Cholesterin gesprochen“, ortete Kronenberg großen Aufklärungsbedarf.

Aufnahmen Blutgefäße auf einem Monitor
ORF
Eine Covid-Erkrankung setzt den Blutgefäßen zu

Auch Thrombose-Risiko erhöht

Als bekannt wurde, dass Covid-Patientinnen und Patienten fünfmal häufiger Thrombosen erleiden – mehr dazu in Covid kann Thrombose-Risiko erhöhen –, habe man beschlossen, den Zusammenhang zwischen einer Coronainfektion und der Lp(a)-Konzentration näher zu untersuchen, berichtete der Studienleiter.

Sein Team habe bei der Studie auf populationsbasierte Daten aus dem Vereinigten Königreich zurückgreifen können: „Ein großes Glück – diese Daten spiegeln einen Bevölkerungsquerschnitt wider, so lassen sich die Ergebnisse in Relation setzen“. Die Innsbrucker Analyse basiert auf Daten von 460.000 Personen aus der UK-Biobank. Rund 7.000 davon hätten eine CoV-Infektion durchgemacht, der Rest wurde als Kontrollgruppe berücksichtigt, präzisierte der Mediziner.

Herzinfarkte werden wahrscheinlicher

Dass Lp(a) das Thrombose-Risiko begünstigt, könne man ausschließen, berichtete der Innsbrucker Epidemiologe, das Herzinfarkt-Risiko sei jedoch verglichen mit der Kontrollgruppe um das rund Eineinhalbfache erhöht. Das Auftreten von Herzinfarkten mit Corona-Infektionen und gleichzeitig erhöhten Lp(a)-Konzentrationen sei somit deutlich wahrscheinlicher.

Die Innsbrucker Untersuchung sei weltweit die erste Studie, die diesen Zusammenhang beleuchtet, meinte Kronenberg. Die Erkenntnisse würden sich auf die ersten achteinhalb Monate der Pandemie, also die erste Welle, beziehen. Sollten weitere Daten zur Verfügung stehen, könne er sich weitere Studien vorstellen.

Patient in Intensivstation
ORF
Medikamente gegen erhöhte Lp(a)-Fette gibt es derzeit noch keine

Fehlende medikamentöse Therapie

Dass wenig über Lp(a) bekannt sei, liege womöglich auch an der fehlenden medikamentösen Therapie, so Kronenberg. Momentan gebe es, im Gegensatz zu cholesterinsenkenden Medikamenten, keine spezifische Medikation für Menschen mit erhöhter Lp(a)-Konzentration. Eine großangelegte Studie laufe jedoch. Der Forscher rechnet damit, dass bis zum Jahr 2024 ein Lp(a)-senkendes Medikament auf den Markt kommen wird. Dadurch werde das Thema wohl „stärker in das Gesichtsfeld der Ärzte rücken“, mutmaßte der Innsbrucker Mediziner.

Kronenberg rät insbesondere jenen, in deren Familien es häufiger zu Herzinfarkten gekommen war, die Lp(a)-Konzentration zu bestimmen. „Schließlich gibt es auch viele beeinflussbare Risikofaktoren: ein rauchfreies Leben, ausreichende Bewegung, gesunde Ernährung“. Auch einen erhöhten Blutdruck oder Diabetes könne man „gut einstellen“ und „möglichst gut in den Griff bekommen“. Dies sei besonders bei Patienten mit hohen Lp(a)-Konzentrationen sehr wichtig. Je früher eine Bestimmung der Lp(a)-Konzentration erfolge, desto besser könne man sich darauf einstellen, so die Empfehlung.