Lkw- Kolonne auf der Autobahn
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Verkehr

Landtags-Phalanx gegen EU-Mautpläne

Eine breite Ablehnungsfront hat es am Mittwoch im Tiroler Landtag gegen die geplante Eurovignetten-Richtlinie gegeben, mit der die Mautregeln innerhalb der EU festgelegt werden sollen. Verkehrslandesrätin Ingrid Felipe (Grüne) bekräftigte geplante „Notwehrmaßnahmen“ gegen die Transitbelastung.

Im Tiroler Landtag wurde die vorläufige Einigung zwischen Rat und EU-Parlament zur Eurovignetten-Richtlinie massiv kritisiert. Mitte Juni hatten sich die EU-Verhandlungsführer auf neue Vorschriften verständigt, am 12. Juli wird im EU-Verkehrsausschuss darüber abgestimmt.

Die Novelle sieht ein de-facto Maut-Veto für Nachbarstaaten vor, zudem sollen zeitbasierte Vignetten bis 2029 durch ein kilometerbasiertes System ersetzt werden. Die vorgesehene CO2-Differenzierung und Rabatte für klimafreundlichere Fahrzeuge würden letztlich die Autobahnmaut für emissionsärmere Lkw um bis zu 75 Prozent verbilligen. „Für Österreich und Tirol inakzeptabel“, beantwortete Felipe die mündliche Anfrage aus den eigenen Parteireihen, was dies für das Land bedeute.

Mehr Verkehrsbelastung für Tiroler Bevölkerung befürchtet

Durch die Bevorzugung emissionsärmerer Lkws würde die Verkehrsbelastung „nicht weniger, sondern mehr“, so die für Verkehr zuständige Landeshauptmannstellvertreterin. In Tirol kämpfe man aber mit einem „Belastungs- und Lärmthema“, das sich auf die „schiere Menge an Fahrzeugen“ und nicht nur auf deren CO2-Ausstoß zurückführen lasse.

„Wenn wir keine besseren Werkzeuge von der EU bekommen, werden wir verstärkt dosieren müssen“, verwies Felipe auf die Lkw-Blockabfertigungen an der Grenze bei Kufstein. Derartige „Notwehrmaßnahmen“ müssten dann eben „intensiver und länger betrieben werden“.

Lkw-Blockabfertigung auf der Autobahn bei Kufstein
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An neuralgischen Tagen wird der Schwerverkehr bei Kufstein nur dosiert nach Tirol hereingelassen

Auch Opposition sieht Tirol massiv unter Druck

„Eine Dosierung bringt nur die Verlagerung des Verkehrs“, kritisierte Liste-Fritz-Klubobfrau LAbg. Andrea Haselwanter-Schneider die mangelnde Wirkung der Blockabfertigungen. Sie wollte von der grünen Verkehrslandesrätin wissen, wie man verhindern könne, dass der sich im Bau befindliche Brennerbasistunnel (BBT) nun zu einer „Kathedrale in der Wüste“ mutiert. Es brauche sowohl ein gutes Infrastrukturangebot als auch „flankierende Maßnahmen“, meinte Felipe. „Wir arbeiten in Tirol schon mit Verboten – wissend, dass dies nicht die optimale Lösung ist“. Besser wäre es, „Kostenwahrheit herzustellen und dadurch faire Bedingungen zwischen Straße und Schiene zu gewährleisten“. Nur so würde es zur gewünschten Verlagerung des Verkehrs – unter anderem eben über den BBT – kommen. Lukrierte Einnahmen sollten in Infrastruktur investiert werden, argumentierte Felipe.

Auch LAbg. Andreas Leitgeb (NEOS) und LAbg. Philip Wohlgemuth (SPÖ) orteten eine „zunehmende Verkehrsbedrohung“ durch die Novelle. Wohlgemuth war der Meinung, man müsse „rote Linien ziehen“, schließlich gehe es um die Gesundheit der Bevölkerung, Leitgeb kritisierte Zustimmungsforderungen. In eine ähnliche Kerbe schlug LAbg. Evelyn Achhorner (FPÖ), die sich auf das vorgesehene de-facto Maut-Vetorecht Deutschlands und Italiens bezog. Man arbeite hier „im besten Austausch und mit steigender Sensibilität“, versicherte Felipe und lobte EU-Abg. Barbara Thaler (ÖVP), die sich ihrer Ansicht nach am europäischen Parkett für die österreichischen Interessen starkmachen würde.

Langwieriger Weg zu Eurovignetten-Richtlinie

Über eine Novelle der Eurovignetten- oder Wegekostenrichtlinie wird am europäischen Parkett schon seit mehreren Jahren diskutiert. 2017 wurde der Vorschlag durch den deutschen Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) wieder aufgegriffen – mit dem Ziel, einen rechtlichen Rahmen für europaweite Lkw-Mautgebühren zu schaffen. Nächste Woche soll es zur Abstimmung im Europäischen Parlament kommen.

Verkehrslandesrätin Felipe appellierte in Richtung der Parteien, ihre „europäischen Familien“ zu sensibilisieren, das Thema müsse nachverhandelt werden. Ein von der schwarz-grünen Landesregierung eingebrachter Dringlichkeitsantrag, der sich gegen die Eurovignette in seiner jetzigen Form ausspricht, soll ein Zeichen in Richtung Brüssel setzen. Felipe hoffte, dass der Antrag von allen Parteien getragen werde, da so die Dringlichkeit und Eindeutigkeit der Belastung kraftvoll zum Ausdruck gebracht werde.