Mit Ende Juni sind die Stundungen ausgelaufen, die den Unternehmen während der Krise genehmigt wurden. Fast sechs Milliarden Euro an Steuern oder Sozialversicherungsbeiträgen müssen österreichweit insgesamt nachbezahlt werden, zusätzlich zu den laufenden Abgaben – mehr dazu in Steuerstundungen laufen aus.

KSV: „Keine Pleitewelle durch Stundungen“
Klaus Schaller vom Kreditschutzverband 1870 (KSV) glaubt nicht, dass in Tirol jetzt eine Pleitewelle drohe: „Klar ist aber, dass die Insolvenzzahlen in den nächsten Monaten ansteigen werden mit einem Trend, der bis ins Jahr 2022 hinüberreichen wird. Ich gehe davon aus, dass wir schon deutlich über den Insolvenzzahlen von 2019 zu liegen kommen werden“, so der Experte.
In den letzten Monaten seien in Tirol kaum Insolvenzen vorgekommen. „Wir haben ein historisch niedriges Niveau und schieben dadurch eine gewisse Bugwelle vor uns her. Es gibt derzeit Unternehmen am Markt, die ohne Pandemie bereits früher in die Insolvenz geschlittert wären. Ein funktionierender Wirtschaftsraum braucht auch Insolvenzen, weil sonst die Marktbereinigung komplett fehlt“, erklärte Schaller. Vor der Pandemie sei die Wirtschaftslage in Tirol zudem sehr gut gewesen. Auch die niedrigen Zinsen kamen den Betrieben entgegen.

Ratenmodell mit zwei Phasen
Um Unternehmenspleiten zu verhindern, können die fälligen Beträge auch etappenweise beglichen werden. Die angestauten Schulden werden damit nicht auf einmal fällig: Bis Ende September 2022 müssen Unternehmerinnen und Unternehmer 40 Prozent ihrer Rückstände bezahlen, in einer zweiten Phase müssen sie bis Ende Juni 2024 die restlichen 60 Prozent nachzahlen. „Wir vom Kreditschutzverband erachten diese Lösung als sehr sinnvoll, weil den Unternehmern damit eine Chance gegeben wird, ihr wirtschaftliches Überleben sicher zu stellen“, zeigte sich Schaller vom Ratenmodell überzeugt.
Unternehmen konnten bis Ende Juni einen Antrag auf diese Ratenzahlung stellen. Die Österreichische Gesundheitskasse hat diese Frist noch bis 15. Juli verlängert, wie auf Anfrage des ORF Tirol bestätigt wurde – das Finanzamt nicht. Wirtschaftskammer und ÖGK glauben, dass die Firmen ihre noch ausständigen Zahlungen großteils begleichen werden können.

Rückzahlungen könnten drohen
Vielen heimischen Betrieben hat auch das Geld aus den verschiedenen „Corona-Hilfstöpfen“ geholfen. Allerdings wurde es nicht allen genehmigt, wie der Landespräsident der Kammer der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer Klaus Hilber zu bedenken gab: „Wir stehen vor einem Scherbenhaufen, weil wir ganz viele Ablehnungen haben. Viele Fristen sind bereits ausgelaufen und wir können keine neuen Anträge mehr stellen. Das wird eine große Herausforderung.“

Zusätzlich könnte das Prüfungsgesetz für die Coronaförderungen vielen Tiroler Firmen noch große Probleme bereiten. Bereits erhaltene Hilfszahlungen könnten dadurch im Nachhinein wieder aberkannt werden: „Da kommt in den nächsten Jahren vielleicht dann noch die Pleitewelle, wenn sehr viele Unternehmen dann aufgrund der Prüfungen die bereits ausbezahlten Förderungen wieder zurückzahlen müssen. Das wird noch ein großes Desaster“, prophezeite der Steuerrechtsexperte.
Zuerst müssen jetzt aber die gestundeten Beiträge und Abgaben nachgezahlt werden. Die Tiroler Wirtschaftskammer hilft Unternehmen dabei, eine zumutbare Ratenhöhe zu finden.