Wald am Innufer in Kufstein
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Chronik

Mordverdacht in Kufstein: Zweifel an Motiv

Rund um den gewaltsamen Tod eines 77-jährigen Kufsteiners bezweifelt der Anwalt des Beschuldigten das ursprünglich genannte Motiv. Der 29-Jährige hatte angegeben, er habe sein Opfer erstochen, weil er ins Gefängnis wolle. Hintergrund könnte laut Anwalt aber ein früherer Missbrauch sein.

Der Anwalt Alexander Swancar konnte am Freitag ein erstes längeres Gespräch mit seinem Mandanten führen. Danach erklärte er im ORF-Interview, dass sich der 29-Jährige und das Opfer von früher gekannt hätten: „Man kann sagen, dass das eine gezielte, geplante Tötung des Opfers war.“ Offensichtlich sei es möglich, dass es in der Vergangenheit zu einem Missbrauch des heute 29-Jährigen durch sein Opfer gekommen sei. Sein Mandant sei damals im Alter von sechs bis acht Jahren gewesen, so Swancar: „Das dürfte immer geschwelt sein in ihm, immer in der Psyche geschwelt sein und dürfte dann schlussendlich zu der Tathandlung geführt haben.“

Als Kind sei der Beschuldigte mit seinem späteren Opfer in Kontakt gekommen, weil seine Großeltern Nachbarn des Mannes waren. „Das jetzige Opfer hat immer auf die Kinder so ein wenig aufgepasst. Der hatte eine große Eisenbahn, da haben die Kinder immer damit gespielt. Und im Rahmen des Spielens mit der Eisenbahn soll es da zu Übergriffen gekommen sein“, erläuterte Swancar die möglichen Hintergründe der Bluttat. Möglicherweise gebe es auch weitere Missbrauchopfer.

Tatort Kufstein nahe Krankenhaus
ORF
Die Leiche des 77-Jährigen wurde mit Stichwunden in einem Waldstück am Inn in Kufstein gefunden

Staatsanwaltschaft erwägt weitere Erhebungen

Bei der Staatsanwaltschaft Innsbruck zeigte man sich am Freitag überrascht über die mögliche Wendung, was das Motiv anbelangt. Den Ermittlern gegenüber habe der 29-Jährige bisher immer angegeben, dass er mit seiner Lebenssituation unzufrieden sei und deshalb ins Gefängnis wollte. Er habe deshalb nach einem alleinstehenden, älteren Mann als Opfer Ausschau gehalten – mehr dazu in Mordopfer war 77-jähriger Einheimischer. Wie der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Hansjörg Mayr, erklärte, werde man jetzt auf eine Mitteilung des Anwalts warten und dann allenfalls weitere Erhebungen einleiten, um die Hintergründe der Tat zu ergründen.

Der 29-jährige Beschuldigte hat eine wechselvolle Geschichte hinter sich. Zeitweise war er obdachlos und ohne Arbeit, immer wieder in psychiatrischer Behandlung. Derzeit sitzt er in der Innsbrucker Justizanstalt in Untersuchungshaft. Ein psychiatrischer Sachverständiger führte am Donnerstag ein erstes Gespräch mit dem 29-Jährigen. Bis es zu einer Anklageerhebung kommt, dürfte es laut Staatsanwaltschaft mindestens einige Wochen dauern.