Wolf
Getty Images/Moment RF/Copyright Michael Cummings
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Politik

Geisler prüft Möglichkeit für Wolfsabschuss

Agrarlandesrat Josef Geisler (ÖVP) sucht nach einer EU-rechtskonformen Lösung, um „Problemwölfe“ entnehmen zu können. Als Vorbild diene Finnland. Dort dürften Wölfe geschossen werden, wenn Herdenschutzmaßnahmen nicht greifen, so Geisler gegenüber der APA.

Es gehe um die Ausweisung von Weideschutzgebieten, wo Herdenschutzmaßnahmen nicht greifen. Dort sollen Problemwölfe entnommen – also abgeschossen – werden können. So werde es etwa in Finnland gemacht, meinte der Agrarlandesrat.

Gutachten soll Möglichkeit prüfen

Die Gebiete von Rentierzuchtbetrieben seien in Finnland als „sensibel“ definiert worden, Wölfe dürften leichter gejagt werden. Die Finnen hätten das bereits beim EU-Beitritt für sich reklamiert, beim Beitritt Österreichs habe die Wolfsproblematik noch nicht bestanden. Ein Gutachten prüfe nun diese Möglichkeit. Das sei aber nicht einfach, da die rechtlichen Möglichkeiten des Landes „durchaus überschaubar“ seien, klagte Geisler.

Schwieriger Herdenschutz

Die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie der EU (FFH-Richtlinie) weise Land und Bund in die Schranken und bestimme den Schutzstatus der Wölfe. Der Forderung – wie von vielen Schafbauern hierzulande gestellt – nach einem „wolfsfreien Alpenraum“ erteilte Geisler eine Absage. Dennoch versuche das Land, „des Problems Herr zu werden“. Auch mittels Herdenschutzmaßnahmen wie der Zusammenfassung kleinerer Herden in größere Einheiten, Einzäunungen oder des Besenderns von Wölfen – mehr dazu in Beschluss für Herdenschutz und Wolf-Studie.

Das sei allerdings gar nicht so einfach: In Tirol habe man im vergangenen Jahr versucht, ein Tier zu besendern und dafür extra „Experten aus Polen“ eingeflogen. „Doch sogar die sagen, das geht bei uns nicht, weil das Gebiet zu weitläufig und gebirgig ist“, sagte der Landesrat. Auch die Einzäunung von allen Herden sei nicht möglich, war er überzeugt.

Geisler will nicht mehr auf die EU warten

Tirol wolle, statt auf eine Lösung durch die EU zu warten, mit den Weideschutzgebieten einen „regionalen Weg“ gehen. Im vergangenen September kündigte Geisler an, auf Basis eines Gutachtens des Innsbrucker Europarechtsexperten Walter Obwexer wegen Ungleichbehandlung mit anderen EU-Staaten eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zu erwägen. In anderen EU-Ländern genieße der Wolf einen geringeren Schutzstatus – wie in Finnland, so Geisler. Aber weil das „zehn Jahre oder länger“ dauern könne, wolle man nun eher davon abgehen. Für Geisler, der auch Bauernbundobmann ist, fehlt den EU-Politikern in Brüssel einfach das Wissen, „wie eine Schafalm in Tirol funktioniert“.

250 gerissene und vermisste Schafe im Vorjahr

In Tirol wurde heuer bereits 17-mal ein Wolf und viermal ein Bär bei gerissenen Tieren nachgewiesen. Im Vorjahr wurden zehn verschiedene Tiere identifiziert, 250 gerissene und vermisste Schafe sowie Ziegen standen in Zusammenhang mit großen Beutegreifern. Geisler war überzeugt, dass uns Wölfe und Bären in Zukunft noch stärker beschäftigen werden als jetzt.

Er wisse aus dem italienischen Trentino, dass jährlich rund 100 Jungwölfe auf die Welt kämen. „Das ist ein Problem für die Zukunft“, sagte er. Auch bei Bären könne er sich – sofern ein Exemplar als „Problembär“ definiert werde – einen Abschuss vorstellen. Allerdings sei einer Besenderung, also eine „gelindere Maßnahme“, bei einem Bären deutlich leichter durchzuführen als bei Wölfen.

Grüne: Abschuss nur unter bestimmten Voraussetzungen

In Sachen Besenderung bei Wölfen sah der grüne Regierungspartner am Freitag indes „Aufholbedarf“. Besenderung und Vergrämung seien „zentrale Abwehrmaßnahmen“, sagte LAbg. Georg Kaltschmid (Grüne) in einer Aussendung. Seiner Ansicht nach fehle in Tirol „die breite Bereitschaft, den Herdenschutz umzusetzen“, auch das Engagement der Landwirtschaftskammer sei „mehr als überschaubar“ gewesen und grenze „schon fast an Arbeitsverweigerung“.

Herdenschutz sei „aufgrund der extremen Topografie in Tirol nicht überall möglich“, räumten die Grünen ein. Die Weideschutzzonen seien als Ergänzung vorstellbar, doch es gelte: Die Genehmigung für einen Abschuss sei nur dann zu erteilen, „wenn andere Maßnahmen nicht gegriffen haben und der Wolf nach klar definierten Kriterien als Problemwolf einzustufen ist“, sagte Kaltschmid. Er hielt aber fest: „Wir werden einen Umgang mit dem Wolf finden müssen.“

WWF will Ausbau des Herdenschutzes

Der WWF konnte indes mit den Weideschutzzonen nichts anfangen, da diese gleichbedeutend mit den „wolfsfreien Zonen“ seien, hieß es in einer Stellungnahme gegenüber der APA. Diesen wurde im Vorjahr von EU-Umweltkommissar Virginijus Sinkevicius eine klare Absage erteilt. „Anstatt alte, untaugliche Vorschläge als vermeintliche Lösungen zu präsentieren, muss die Politik dringend Maßnahmen entwickeln, die den Betroffenen konkret helfen“, sagte Christian Pichler vom WWF. Für Pichler sei der „Ausbau fachgerechter Herdenschutzmaßnahmen“ mit Blick auf Erfolge in den Nachbarländern „oberstes Gebot“.