Lkws auf der Europabrücke
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Verkehr

Tiroler Kritik an Eurovignetten-Kompromiss

Die Einigung über die Eurovignette zwischen Unterhändlern der EU-Länder und des Europaparlaments sorgt in Tirol für scharfe Kritik. Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) sieht in der geplanten EU-Mautrichtlinie Rückschritte in der Transitproblematik.

Es werde offenbar von manchen „nur das Ziel verfolgt, die Hürden für den Straßentransit zu senken und damit im Gegenzug die dringend notwendige Güterverlagerung auf die Schiene zu torpedieren“, zeigte sich Platter enttäuscht. Vor allem Hinweise, wonach Italien und Deutschland beim allfälligen Erhöhungen der Maut auf der Brennerstrecke eine Art Veto-Recht haben sollen, stießen dem Tiroler Landeshauptmann sauer auf.

Ein derartiges Veto-Recht sei völlig indiskutabel. „Ich erwarte mir in dieser Frage die volle Unterstützung der Bundesregierung im Sinne des Transitkapitels im Regierungsübereinkommen“, nahm Platter den Bund in die Pflicht. Dabei hätte die Eurovignette das „Potenzial, einen Paradigmenwechsel in der europäischen Verkehrspolitik einzuleiten“, meinte Platter. Stattdessen werde es von manchen in der EU gegen die Eindämmung des Straßentransits und die Verlagerung auf die Schiene gearbeitet.

Mehrere Lkw sind auf der Brennerautobahn unterwegs.
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Die Coronavirus-Pandemie hat den Verkehr insgesamt auf der Brennerstrecke eingebremst, den Lkw-Transit allerdings nur leicht

Grüne Verkehrslandesrätin hofft auf Korrekturen

Die für den Verkehr zuständige Landeshauptmannstellvertreterin Ingrid Felipe (Grüne) sprach von einer „chaotischen Nacht- und Nebelaktion“ und einer Verhöhnung des „Green Deal“. Das könne keineswegs im Sinn der Europäischen Kommission sein „Ich bin bezüglich der weiteren Vorgehensweise in enger Abstimmung mit Bundesministerin Gewessler (Grüne), die bereits mit dem nächsten Vorsitzland Slowenien Kontakt aufgenommen hat, um dort für wesentlich wirksamere Akzente in der zukünftigen europäischen Verkehrspolitik einzutreten“, erklärte Felipe.

Sie gab sich hoffnungsvoll, dass in Bezug auf die EU-Mautrichtlinie noch Korrekturen zum Besseren möglich sind. Die Verhandlungen seien noch nicht zu Ende, es gelte nun alle Hebel in Bewegung zu setzen, um diesen „faulen Kompromiss noch zu einer verkehrs- und klimapolitisch vernünftigen Lösung zu machen“, betonte Felipe.

Opposition sieht Versagen von EU und Landesregierung

Die Tiroler FPÖ nahm die Eurovignetten-Einigung zum Anlass, heftige Kritik an der EU zu üben. „Die EU hat ihre Glaubwürdigkeit verspielt, jetzt gilt es alleine zu kämpfen“, so der freiheitliche Landesobmann Markus Abwerzger in einer Aussendung mit. Er sah aber auch eine Mitverantwortung der Landespolitik: „Die schwarz-grüne Landesregierung hat es seit Jahren verabsäumt, die angespannte Situation des Transits in Brüssel klar und deutlich darzulegen, LH Günther Platter und LHStv. Ingrid Felipe tragen Mitschuld am Verhandlungsdebakel“. Es brauche nun Notmaßnahmen, Abwerzger brachte sogar ein mögliches „Sperren der Brennerautobahn“ ins Spiel.

Eine „Transitlawine“ sah unterdessen SPÖ-Verkehrssprecher LAbg. Philip Wohlgemuth auf Tirol zurollen. „Die Unterstützungssignale und das angedeutete Verständnis von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen vor wenigen Wochen für Tirol waren offenbar nur das Leuchten einer Warnblinkanlage für mehr Transit“, meinte Wohlgemuth. Er sah neben der Europäischen Union auch „die Tiroler Volkspartei und die Grünen in Tirol, Wien und Brüssel“ in der Pflicht: „Den Ankündigungen seit 2018 müssen endlich Taten folgen. Nach der coronabedingten Entspannung beobachten wir bereits wieder ein stetes Steigen der Verkehrszahlen“. Tirol brauche jedenfalls „mehr Durchsetzungskraft und Unterstützung in der EU“.

Beschluss in EU-Gremien noch ausständig

Die Einigung auf europäischer Ebene war am Mittwoch auch auf Kritik von Europaparlamentariern von ÖVP und FPÖ gestoßen. Die europäischen Grünen hatten bereits angekündigt, im EU-Parlament gegen den Kompromiss zu stimmen.

Der Beschluss muss noch offiziell von den EU-Ländern und dem Europaparlament angenommen werden. Nachdem die Richtlinie in Kraft getreten ist, haben die EU-Länder den Angaben zufolge zwei Jahre Zeit, die Bestimmungen in nationales Recht zu übernehmen.