Corona-Leugner
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Wissenschaft

Mit Virus verbreiten sich Verschwörungen

Die Pandemie bietet einen guten Nährboden für Verschwörungstheorien. Das spaltet Familien und Freundeskreise. Gespräche können Falschinformationen und Irrglauben entgegenwirken, sachliche Argumente helfen oft mehr als Vorwürfe.

Verschwörungstheorien gehören zu unserem Alltag. Es gibt sie in allen Formen – von der Mondlandung bis zur Corona-Pandemie. Die nicht immer übersichtliche Lage in der Pandemie, und die große Unzufriedenheit in der Bevölkerung befeuern ihre Ausbreitung. Mehr als die Hälfte der Menschen glauben eher dem eigenen Gefühl als dem Wissen von Experten, meint der Bozner Psychiater Mario Horst Lanczik. Corona-Leugner fühlen sich stark, ihre Verschwörungsmythen werden im Internet von Gleichgesinnten bestärkt und befeuert.

Corona-Leugner in den USA
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Die Corona-Pandemie hat viele Verschwörungstheorien hervorgebracht

Verschwörungstheoretiker sollte man mit Menschen zusammenbringen, die durch das Coronavirus Angehörige oder Freunde verloren haben, glaubt Lanczik. Am wirkungsvollsten wäre es, Führungen durch Intensivstationen anzubieten, damit Leugner mit eigenen Augen sehen, was von Ärztinnen und Pflegern geleistet wird und wie gefährlich das Virus ist, dass also Menschen leiden und auch sterben so Lanczik.

Psychiater Mario Horst Lanczik
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Psychiater Mario Horst Lanczik

Verschwörungstheorien als Flucht vor Realität

Für das eigene Unbehagen zimmern sich Verschwörungstheoretiker oft eine passende Unwahrheit zusammen. Der Glaube daran, und das abgrenzen von „allen anderen“ schweißt Menschen in digitalen Communitys dann zusammen. Die Wiener Journalistin Ingrid Brodnig entlarvt seit Jahren Lügenmärchen. In ihrem Buch ruft sie dazu auf, Einspruch zu erheben und Lügen zu entkräften.

Mit vielen Fakten funktioniere das aber oft nicht, das zeige nicht immer Wirkung bei überzeugten Verschwörungstheoretikern, so Brodnig. Stattdessen solle man andere Strategien ausprobieren. Mann könne beispielsweise das Spiel umdrehen und Fragen stellen, wie „Warum glaubt du das? Warum glaubst du dieser Quelle? Und was gibt dir das, wenn du das hörst?“, berichtete die Expertin.

Journalistin Ingrid Brodnig
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Ingrid Brodnig im Interview

Warnsignale beachten

Über diese Fragen könnten Menschen oft dazu gebracht werden, das eigene Denken genauer unter die Lupe zu nehmen. Verschwörungstheorien sind dabei nicht zu unterschätzen, konkrete Hilfe ist im Freundeskreis und in der Familie wichtig. Ansonsten bestehe die Gefahr der Radikalisierung, dafür gebe es aber Warnzeichen, so Brodnig.

So komme es etwa vor, dass Menschen ihr gesamtes Hab und Gut plötzlich in Gold investieren, weil sie davon überzeugt sind, dass der Finanzzusammenbruch kommen. Sie selbst habe mit einer Frau gesprochen, deren Vater mit Wasser verdünntes Bleichmittel trinke – online kursiere, dass das ein Heilmittel sei.

Corona-Leugner
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Verschwörungstheorien können gefährlich werden

Gesellschaftliche Verantwortung

Auch die Verantwortlichen in Politik und Wissenschaft seien gefragt, denn es gehe vor allem darum, den Menschen sachlich, aber verständlich die Wahrheit zu sagen, betonte Psychiater Mario Horst Lanczik. Wechselnde Aussagen wie „die Maske hilft, die Maske hilft nicht“ würden nur die Unsicherheit erhöhen, so der Psychiater.