„Es wurde geklatscht, wir haben Aufmerksamkeit geschaffen – aber getan hat sich seit einem Jahr trotzdem nichts. Es ist bereits fünf Minuten nach 12, ein starkes soziales Netz ist das, was unsere Gesellschaft jetzt mehr denn je braucht“, so der Tiroler ÖGB-Vorsitzender Philip Wohlgemuth.
26.000 Pflegekräfte in Tirol
Gut 26.000 Pflegerinnen und Pfleger sind in Tirol beschäftigt. Dazu kommen zahllose pflegende Angehörige. Sie sind in der Altenpflege, in Krankenhäusern tätig und kümmern sich um Menschen mit besonderen Bedürfnissen.
Rahmenbedingungen für künftige Pflegekräfte
Der Fachkräftemangel im Pflegebereich sowohl in den Spitälern als auch in Alten- und Pflegeheimen wird laut Prognosen in den nächsten Jahren durch die Pensionswelle der geburtenstarken Jahrgänge verstärkt. Deshalb sei es umso wichtiger, in die Ausbildung zukünftiger Pflegekräfte zu investieren, erklärte Gerhard Seier, Vorsitzender der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst (GÖD) Tirol. Er verwies außerdem darauf, dass geforderte Weiterbildungsangebote oft kostenintensiv seien und es nur wenige Plätze gäbe.
Die Gewerkschaft will mit besseren Rahmenbedingungen die Belastungen für Beschäftigte minimieren und auf lange Sicht das Arbeitsfeld der Pflege attraktiver gestalten. Zugleich verwies die Gewerkschaft auf die Notwendigkeit von mehr Freizeit als Ausgleich vom belastenden Arbeitsalltag.
Plakataktion als Zeichen für Beschäftigte
Die Tiroler Gewerkschaften GPA, GÖD, younion_Die Daseinsgewerkschaft und vida setzten mit einer Plakataktion um 12.05 Uhr am Tiroler Landhausplatz ein Zeichen für Beschäftigte im Pflegebereich.
„Gleiche Bezahlung für gleiche Arbeit am gleichen Ort“
Harald Schweighofer, Landesgeschäftsführer der Gewerkschaft GPA Tirol, sah dabei vor allem die Tiroler Politik am Zug, das längst beschlossene Pflegepaktum umzusetzen: „Die Devise gleiches Gehalt für gleiche Arbeit am gleichen Ort ist man den Beschäftigten nach wie vor schuldig. Das ist schlichtweg ein untragbarer Zustand und wohl für niemanden nachvollziehbar, warum man hier seit Jahren säumig ist.“
Ein absolutes Muss sind nach Ansicht Schweighofers auch fair bezahlte Praktika im Gesundheits- und Sozialbereich. „Während ihrer Ausbildung müssen die Studierenden rund 2.500 Euro Studiengebühren bezahlen und im selbem Zeitraum 2.000 Praktikumsstunden absolvieren, das entspricht 2.000 Stunden unbezahlter Arbeit. Da muss endlich Fairness kommen.“
„Mehr Geld, mehr Personal, mehr Freizeit“
Mit der betriebsintern vereinbarten Zulage von 205 Euro sei in der Realität mehr Chaos verursacht worden, obwohl das Signal an die Beschäftigten gut gemeint gewesen sei, erklärte Verena Steinlechner-Graziadei, Vorsitzende der younion_Die Daseinsgewerkschaft Tirol. „Auch die ungleiche Bezahlung in so gut wie allen Altenheimen muss endlich in den Griff bekommen werden.“
Pflege sei sowohl psychisch wie auch physisch äußerst herausfordernd. Man spreche wirklich von Schwerarbeit, so Emanuel Straka, Sprecher für den Pflegebereich in der Gewerkschaft vida Tirol. Er betrachtete Verbesserungen der derzeitigen Arbeitssituation als vorrangiges Ziel. Die Formel laute mehr Geld, mehr Personal und mehr Freizeit, um den anhaltenden eklatanten Personalmangel im Bereich der Pflege zu meistern. Damit könnte man vielleicht auch jenes Personal, das der Pflege aufgrund der zu hohen Belastungen den Rücken gekehrt hat, zurückholen, meinte Straka.
Maßnahmenbündel sollte bald umgesetzt werden
Die Gewerkschaftsvertreter kündigten an, das zusammen mit Beschäftigten in der Pflege erarbeitete Maßnahmenbündel in den kommenden Wochen der Öffentlichkeit und den verantwortliche Politikern vorzustellen und erwarteten sich dann baldige Umsetzung. „Die Uhr tickt, es ist fünf nach zwölf!“, so Wohlgemuth abschließend.
Die Pflegesprecherin der SPÖ im Landtag, Claudia Hagsteiner, forderte in einer Aussendung eine generelle Arbeitszeitverkürzung auf 35 Stunden pro Woche bei vollem Gehalt. Darüber hinaus müsse die Pflegeausbildung attraktiver werden. Junge Menschen müssten beim Berufseinstieg besser unterstützt und auch ansprechende Programme für Berufsumsteiger geschaffen werden.