Rafael Jablonka ist Sammler, Kurator, Autor und Ex-Galerist. Seit einigen Jahren lebt der 1952 in Polen geborene, deutsche Kunstkenner in der Tiroler Gemeinde Seefeld. In den 1970er Jahren hat er als studierter Bauingenieur in München gearbeitet. Durch erste eigene Ausstellungen und die Zusammenarbeit mit dem Galeristen Kasper König ist der Musikliebhaber immer mehr in die internationale Kunstwelt eingetaucht.
Der Sammler mit dem richtigen Riecher
1988 gründete Rafael Jablonka eine Galerie in Köln. Er war der erste, der Werke des heute international gefragten US-Künstlers Mike Kelley in Europa präsentiert hat. Jablonka liebt das Risiko, wie er selbst sagt, auf Albrecht Dürer zu setzen, das könne jeder, das Unsichere, Unbekannte würde ihn reizen. Er spezialisierte sich schon früh auf US-amerikanische und deutsche Künstler aus den 1980er Jahren und baute eine umfangreiche Sammlung auf. Die „Rafael und Teresa Jablonka Foundation“ beinhaltet heute Werke der Amerikaner Andy Warhol, Philip Taaffe und Eric Fischl sowie der deutschen Künstler Thomas Schütte oder Andreas Slominski.
Kunstmessen sind wie Shopping Malls
Das gehetzte Unterwegssein auf internationalen Kunstmessen, die er auch als Shopping Malls bezeichnet, ermüdeten den umtriebigen Galeristen. 2018 schloss er nach 30 intensiven Jahren seine Kölner Galerie. Nur den exklusiven Ausstellungsraum, die „Böhm Chapel“ in Hürth bei Köln betreibt er weiter als Ausstellungsraum. Die profanisierte Pfarrkirche wurde von dem Pritzker Preisträger Gottfried Böhm Mitte der 1950er Jahre errichtet. Anfang Juni wird Jablonka dort Gemälde von Julian Schnabel zeigen, die der amerikanische Maler in Erinnerung an Cy Twombly geschaffen hat.
Maler, Schriftsteller und Musiker
Jablonka versammelt Künstlerinnen und Künstler aller Genres um sich. Der deutsche Schriftsteller Daniel Kehlmann wird am 6. Juni die Eröffnungsrede in der Böhm Chapel halten. Der amerikanische Komponist Philip Glass hat ein Glockenspiel speziell für den Turm der Kapelle geschrieben.
Die Albertina hat das Rennen gemacht
2019 übergab der Ex-Galerist 110 zentrale Werke seiner Sammlung an die Albertina in Wien. Seine polnische Heimat hatte nicht angebissen, in Krakau bezeichnete man die Werke als „zu fremd“. Deutsche Museen hätten sie gerne gehabt. „Mir ist wichtig, dass die Kunst sichtbar bleibt“, erklärt Jablonka, „zusammengerollt in Depots nützt sie niemandem.“ Die temporäre Leihgabe an die Albertina wurde erst einmal bis 2026 vereinbart.
Jablonka wünscht sich, dass seine Werke immer wieder gezeigt werden. So ist die Schau „My Generation“ in der Albertina soeben zu Ende gegangen, demnächst wird eine Auswahl von Werken des legendären aber inzwischen auch umstrittenen japanischen Fotografen Nobuyoshi Araki in Wien eröffnet.
Kunst in Seefeld
„Ich habe mich nicht leergeschossen“, betont Jablonka, „mein Lager ist immer noch prall gefüllt.“ In einem geheimen Depot in den Tiroler Bergen lagern zahlreiche Meisterwerke, die er in den nächsten Jahren in der adaptierten Feuerwehrhalle in Seefeld zeigen will. Die Idee hat der Sammler spontan mit dem Seefelder Bürgermeister Werner Frießer geboren und dann auch schnell umgesetzt.
Die Gemeinde übernimmt die Sanierung der kleinen Räume, der Tourismusverband finanziert die Betriebskosten, Jablonka bringt die Kunst ein. Für die nächsten sieben Jahre soll er zwei Ausstellungen pro Jahr gestalten, der Eintritt ist frei.
Seefeld ist nicht New York
„Wir zeigen hochkarätige Kunst auf einer Fläche von nur 100 Quadratmetern, das ist nicht riesig, aber Seefeld ist auch nicht New York“, schmunzelt Jablonka. Die erste Ausstellung wird er mit den farbenprächtigen Gemälden des amerikanischen Künstlers Philip Taaffe bestücken.
Er hofft auf ausländische Gäste aber auch auf Tiroler Publikum, etwa aus Innsbruck. „Ich würde mich freuen, wenn Schulen sich für das Angebot interessieren. Kinder könnten die qualitätsvollen Bilder abzeichnen“, schlägt Jablonka vor.
Mit Bildern Geschichten erzählen
Eine Ausstellung über Holzarbeiten etwa von Donald Judd oder Richard Tuttle könnte er sich ebenso vorstellen, wie die Präsentation der hauchzarten Keramikarbeiten des Japaners Taizo Kuroda. „Das Letzte Abendmahl“ des Fotografen David LaChapelle würde zu Ostern gut passen, meint Jablonka. Um angesichts der provokant inszenierten reliösen Darstellung Aufregungen abzufedern, könnte der, wie Jablonka aus Polen stammende, Seefelder Pfarrer Mateusz Kierzkowski eventuell die Eröffnungsrede halten.
Auch nachdem er sein Galeristen-Dasein beendet hat, kauft und verkauft er leidenschaftlich weiter. „Ich kann nicht schreiben“, erklärt der Sammler, „aber mit diesen Bildern erzähle ich auch Geschichten, Satz für Satz.“