Auf der einen Seite freut sich das Tiroler Baugewerbe über viele Aufträge. Die durchwegs positive Entwicklung der Bauwirtschaft während der Pandemie habe man beim Tiroler Baugewerbe aber vielleicht etwas unterschätzt, so der Unternehmer und Innungsmeister des Tiroler Baugewerbes Anton Rieder. Unterbrochene Lieferketten aufgrund der Pandemie und Produktionsstillstände, die man noch nicht aufholen konnte, führen dazu, dass es bei diversen Baustoffen zu Engpässen kommt.
Lange Wartezeiten und ständige Preiserhöhungen
Vor allem Stahl, Holz, Dämmstoffe und Bitumen bereiten der heimischen Baubranche Kopfzerbrechen. „Nicht nur wegen der Preisentwicklung sondern auch hinsichtlich Verfügbarkeit“, so Rieder. Binnen weniger Wochen seien die Preise der meisten Materialien zwischen 30 und 50 Prozent gestiegen. Bei einigen Holzprodukten hätte sich der Preis sogar verdoppelt. „Und es ist nicht absehbar, ob das das Ende der Fahnenstange ist. Wir bekommen bei vielen Baustoffen derzeit nur mehr Tagespreise“, sagt Anton Rieder.
Wenn Dämmstoff jetzt, Ende April, bestellt wird, könne es sein, dass er erst im Juli oder August geliefert wird. Darum brauche es derzeit eine extrem vorausschauende Planung und eine enge Abstimmung zwischen allen am Bau beteiligten, so Ingo Noichl, Einkaufsleiter bei Steinbacher Dämmstoffe.
Baufirma muss oft für erhöhte Baukosten aufkommen
Für die Baufirmen seien die Preissteigerungen und Lieferengpässe vor allem dann problematisch, wenn schon vor einigen Monaten langfristige Verträge mit Festpreisen abgeschlossen wurden. „Wir müssen durch diese Preissteigerung jetzt wesentlich teurer einkaufen und können dem Endkunden das aber nicht weitergeben“, so der Bauunternehmer Thomas Huter, Geschäftsführer von Huter und Söhne. Gewisse Preissteigerungen oder auch Lohnerhöhungen seien zwar üblich, „wenn die Preise aber deutlich höher werden, als wir das kalkuliert haben, ist es für uns natürlich eine prekäre Situation“, sagt Huter.
Vor allem kleine und mittelständische Unternehmen arbeiten in Tirol mit solchen Festpreisen. „Die Preissteigungen müssen derzeit sie schlucken und auf ihre Kappe nehmen“, sagt Rieder. Laut ihm sei es schwer abzuschätzen, ob auch in Zukunft weiter mit Festpreisen gearbeitet werden kann oder auf variable Preise umgestellt werden muss, was in der Bauwirtschaft nicht ungewöhnlich sei.
Hamsterkäufe im Baugewerbe
„Es gibt immer wieder Versuche von manchen Firmen, sich massiv zu bevorraten – also Hamsterkäufe zu tätigen und im großen Stile einzulagern“, kritisiert Ingo Noichl. Diese Tendenzen versuche man bestmöglich zu unterbinden. Solche Hamsterkäufe würden die Engpässe nur noch weiter verschärfen. Material würde dann an den „Live-Baustellen“ fehlen.
Bauen wird langfristig teurer
Wie lange die Situation am Markt dermaßen angespannt bleibt, sei derzeit nicht absehbar, so der Innungsmeister des Tiroler Baugewerbes Anton Rieder. Die Auftragslage ist voraussichtlich auch in den kommenden Monaten gut, was die Einkäufer von Baustoffen weiter unter Druck setze. Tendenziell werde Bauen teurer. Das Preisniveau zu Zeiten vor Corona werde man nicht mehr erreichen, prognostiziert Rieder.