Forscher kniet in Höhle
Christoph Spötl
Christoph Spötl
Wissenschaft

Föhn ließ Gletscher in Eiszeit stark wachsen

In den Obir-Höhlen in Bad Eisenkappl in Kärnten haben Wissenschafter der Universität Innsbruck die Ursache für das extreme Gletscherwachstum in den Alpen vor 25.000 Jahren gefunden. Ausgedehnte Schneefälle verursacht durch starken Föhn ließen die Gletscher damals massiv wachsen.

Schon lange belegt ist, dass im Zeitraum vor 25.000 bis 20.000 Jahren die Gletscher über weiten Teilen des nördlichen Europas massiv wuchsen, ist schon lange belegt. In dieser Zeit erlebte die letzte, rund 100.000 Jahre dauernde Eiszeit ihren Höhepunkt.

Die teils kilometerdicke Vergletscherung in der nördlichen Hemisphäre – in weiten Teile Nordeuropas, Nordamerikas und Nordasiens – führte sogar dazu, dass der damalige Meeresspiegel in etwa 125 Meter unter dem aktuellen Wert lag. Wie genau es zu dem sogenannten letzteiszeitlichen glazialen Maximum mit seinem extremen Gletscherwachstum kam, beschäftigt die Wissenschaft immer noch, hieß es am Dienstag in einer Aussendung der Universität Innsbruck.

Permafrost erwärmte sich bei Höhepunkt der Eiszeit

Gabriella Koltai und Christoph Spötl vom Institut für Geologie der Universität Innsbruck fanden nun in den Obir-Höhlen bei Bad Eisenkappel Kalzitkristalle, die sich in Eishöhlen bei Temperaturen knapp unter dem Nullpunkt bilden. Diese Höhlenkarbonate gelten als verlässliche Indikatoren für einen tauenden Permafrostboden.

„Mit anderen Worten bedeuten diese Funde, dass sich paradoxerweise während eines der kältesten Abschnitte des letzten Glazials der Permafrost über diesen Höhlen langsam erwärmte“, so Spötl. Da dieser Prozess logischerweise nicht von einer Klimaerwärmung in Gang gesetzt werden konnte, kommt für die Experten nur infrage, dass es im Alpenraum in dem Zeitraum vor 26.500 bis 23.500 Jahren viel festen Niederschlag gegeben haben muss.

Viel Schnee isoliert und wärmt Untergrund

Liegt nämlich viel Schnee über Permafrostboden führt das dazu, dass der Untergrund isoliert wird: „Eine Schneedecke ab etwa einem halben Meter hat einen starken Isolationseffekt, schirmt den darunter befindlichen Boden von der sehr kalten Winterluft ab und führt so zu einer Temperaturzunahme im Untergrund. Der Permafrost oberhalb der Obir-Höhlen taute damals nach und nach auf“, sagte Spötl.

Es liege also der Schluss nahe, dass es sich in diesem Zeitraum von rund 3.000 Jahren um eine eher unübliche Kaltzeit im Alpenraum gehandelt haben dürfte.

Kryogene Höhlenablagerungen (CCC)
Christoph Spötl
Kryogene Höhlenablagerungen (CCC) sind kleine Kristalle, die sich nur unter ganz bestimmten Bedingungen bei tauendem Permafrostboden bilden

Ausgedehnte Schneefälle durch starken Föhn

In der Regel sind solche Epochen nämlich niederschlagsarm und trocken. Nicht so um den größten Gletschervorstoß in der letzten großen Kaltzeit. Da sei laut den neuen Erkenntnissen davon auszugehen, dass vor allem im Herbst und Winter ausgedehnte Schneefälle das Wachstum der Eispanzer befördert haben. Es habe also ein Wechsel von einem arktisch-trockenen zu einem feuchteren Klima stattgefunden.

Der Treiber dafür befand sich im damals eisbedeckten Nordatlantik, der damit als Lieferant von Feuchtigkeit in die Region ausfiel. Das Forschungsteam geht daher von einer durch ausgeprägte Südföhnlagen angetriebenen Südströmung aus dem Mittelmeerraum aus, die für ordentlich Schneenachschub sorgte. Die neuen Erkenntnisse auf Basis der kleinen Höhlenkarbonate erlauben es den Forschern, dieses Phänomen auf den Herbst und den Frühwinter einzuengen, so Spötl. Da man jetzt wisse, dass CCC in heimischen Höhlen vorkommen, hoffen die Wissenschafter auf weitere Belege für ihre Beobachtungen aus den rund 17.500 Höhlen in ganz Österreich.