Rathaus Innsbruck mit Balkon
Hermann Hammer
Hermann Hammer
Politik

Parteien sehen freies Spiel der Kräfte positiv

Nicht nur Innsbrucks Bürgermeister Georg Willi (Grüne) ist offenbar froh über das Ende der Zweckehe namens Stadtkoalition. Die Ex-Koalitionspartner ÖVP, Für Innsbruck (FI) und SPÖ zeigten sich optimistisch über das nun herrschende freie Spiel der Kräfte. Die größte Oppositionspartei FPÖ sah das ebenso.

Um die Spielregeln festzulegen, soll es nun einen Runden Tisch der Klubobleute geben. Neuwahlen im Herbst räumten die Parteien unisono wenig Chancen ein. Man wolle nun mit allen Parteien arbeiten und versuchen Mehrheiten zu bilden. Schließlich gehe es ja um Sachpolitik, hieß es von den Stadtparteiobleuten dazu einstimmig. Obwohl Willi Donnerstagabend nur mit seiner Fraktion und zwei SPÖ-Mandataren im Plenarsaal übrig blieb, wollte Freitagvormittag niemand offen seinen Rücktritt fordern. Ebenso prophezeite keiner baldige Neuwahlen. Dafür bräuchte es eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Gemeinderat.

Willi warnt vor Gefahren beim Budget

Willi selbst warnte nun im APA-Gespräch aber vor einer drohenden „unverantwortlichen Budgetpolitik“. Diese Gefahr würde das freie Spiel nun bergen. Konkret nannte er drei Projekte, die dafür prädestiniert seien: Ein 50-Meter-Schwimmbecken, ein Recyclinghof sowie der Bau einer Bus-Garage. Er möchte vielmehr in den Wohnbau, Radmasterplan und ins Bildungssystem investieren. Dafür suche er nun Verbündete, wobei er die FPÖ hier miteinschloss. Er wolle jedenfalls weiterarbeiten, „solange das Arbeitstempo hoch bleibt und wir Projekte weiterbringen für eine alpin-urbane Stadt“.

Oppitz-Plörer: Willi soll seinen Arbeitsstil hinterfragen

Für Christine Oppitz-Plörer (FI) stand jedoch fest, dass Willi nach der Sitzung, bei der ein grüner Abwahlantrag gegen FPÖ-Vizebürgermeister Markus Lassenberger aufgrund fehlenden Quorums nicht zur Abstimmung kam, möglicherweise „in sich gehen“ sollte. Er müsse sich fragen: „Komme ich mit meinem Arbeitsstil weiter?“. Das anstehende freie Spiel der Kräfte bezeichnete sie als „interessante Zeit“. Die Partei, die sich einst von der ÖVP abspaltete, wolle sich je nach Thema ihre Mehrheiten suchen. Bei der Verkehrs- und Umweltpolitik gebe es viele Überschneidungen mit den Grünen, bei Sicherheitsthemen wiederum eher mit ÖVP, FPÖ und SPÖ, sagte sie.

Leere Plätze im Innsbrucker Gemeinderatssaal
Zeitungsfoto.at
28 der 40 Gemeinderäte verließen am Donnerstag demonstrativ den Saal

ÖVP-Klubobmann Christoph Appler will ebenfalls „konstruktiv mit allen arbeiten“. Man werde versuchen, auch abseits des Koalitionsabkommens Projekte durchzubringen. „Es wird eine Mischung sein“, kündigte er an. Auf bestimmte Parteien wollte er sich nicht festlegen.

SPÖ will bei allen Parteien um ihre Ideen werben

Die SPÖ meinte wiederum, dass man sich nun durchaus abseits von ÖVP und FI Partner suchen will – aber bei allen Parteien um ihre Ideen werben wolle. Dennoch: „Es gibt einfach Parteien die uns näher stehen, und andere, die uns weniger nahe stehen“, sagte Stadtparteichef Benjamin Plach. Die „Richtschnur“ der Vorhaben bleibe aber das Arbeitsübereinkommen, machte er klar. Solange es ein bestehendes Budget gebe, könne der nun herrschende Modus Operandi auch funktionieren, glaubte er.

Lassenberger sieht keine Neuwahlen im Herbst

Ähnlich sah das Lassenberger, der nun weiterhin als erster Stellvertreter Willis im Amt bleibt. Aber sobald es ums Budget gehe, könnte es schon schwierig werden, räumte er ein. Neuwahlen im Herbst gab er aber keine Chancen, den frühestmöglichen Zeitpunkt dafür sah er im Frühjahr 2022. Er fand es jedenfalls gut, dass die Koalition ein Ende gefunden hat. „Ich glaube, dass es für viele in der Koalition ein Lösen der Fesseln ist“, sagte er zur APA. Für ihn liege es „auf der Hand“, mit welchen Parteien die FPÖ nun öfter gemeinsame Sache machen wird: Mit ÖVP und FI – immerhin gebe es damit ja eine „bürgerliche Mehrheit“, sagte er. Lassenberger habe aber auch „keine Berührungsängste mit den Grünen“.

Lassenberger betonte einmal mehr, dass er gerne als Vizebürgermeister für die Stadt arbeiten wolle – Willi übertrage ihm aber keine Aufgaben und lässt sich von ihm nicht vertreten. „Ich kann sehr wohl unterscheiden ob ich als Stellvertreter der Stadt spreche oder als Vertreter einer Partei“, verwahrte er sich gegen ein parteipolitisches Agieren.

Liste Fritz sieht Chance für konstruktive Arbeit

Die Kleinpartei Liste Fritz freute sich über den neuen Arbeitsmodus. Es sei eine „Chance für Demokratie und konstruktive Arbeit in Innsbruck“. Das Gerechte Innsbruck wiederum forderte von Willi einen konkreten Plan, wie er sich das freie Spiel der Kräfte nun vorstelle – ansonsten will sich die Partei für eine Sondersitzung dazu einsetzen.

Ein Runder Tisch der Klubobleute, der nun von ÖVP, SPÖ und FI für kommenden Dienstag vorgeschlagen wurde, soll nun das künftige Arbeitsprozedere festlegen. „Wir stehen zu unserer Verantwortung und wollen aus voller Überzeugung die anstehenden Aufgaben und Punkte des Arbeitsübereinkommens gemeinsam mit allen konstruktiven Kräften voranbringen“, sagten die Klubobleute Appler, Helmut Buchacher (SPÖ) und Lukas Krackl (FI) am Freitag in einer Aussendung.

Willi verkündete Ende der Koalition

Willi hatte bei der Gemeinderatssitzung am Donnerstagabend das Ende der Viererkoalition verkündet und damit das freie Spiel der Kräfte ausgerufen. Grund dafür war ein Abwahlantrag gegen FPÖ-Vizebgm. Lassenberger, den Willi nicht als seinen Stellvertreter akzeptieren wollte. Bei der Sitzung, die von emotionalen Debattenbeiträgen begleitet wurde, verließen 28 der 40 Gemeinderäte nacheinander demonstrativ den Saal.

Sie kritisierten den Grünen-Antrag als undemokratisch und von Ideologie getrieben. Für Willi war es ein „Armutszeugnis“, dass die Mandatare den Saal verlassen hatten. Seinen Koalitionskollegen warf er vor, mit der Wahl Lassenbergers Ende Jänner die Beendigung der Koalition gewollt zu haben und machte aus dem Abwahl-Antrag eine Koalitionsfrage – mehr dazu in Innsbruck: Willi erklärt Koalition für beendet.