Forschungsschiff Kaimei
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Wissenschaft

Innsbrucker untersucht Seebeben in Asien

Zehn Jahre nach der Atom-Katastrophe von Fukushima will ein Forschungsteam unter Leitung von Michael Strasser von der Uni Innsbruck die Ursache für Starkbeben erforschen. Dafür sollen am Grund des Japan-Grabens in acht Kilometer Tiefe Sedimentablagerungen untersucht werden.

Vor zehn Jahren, am 11. März 2011, wurde Japan von einem der schwersten Erdbeben erschüttert, das jemals gemessen wurde. Das Tohoku-oki-Erdbeben hatte auf der Momenten-Magnituden-Skala (Mw) – einer wissenschaftlich präziseren Angabe für die Stärke von Erdbeben – einen Wert von 9,0. Es löste einen Tsunami mit enormer Zerstörungskraft aus, der tausenden Menschen das Leben kostete und eine Nuklearkatastrophe im Atomkraftwerk Fukushima-Daiichi zur Folge hatte.

Das Atomkraftwerk Fukushima wure durch den Tsunami stark beschädigt
AIR PHOTO SERVICE / AFP
Das Atomkraftwerk Fukushima wurde durch den Tsunami stark beschädigt

Untersuchungen am Pazifischen Feuerring

Kleinere Erdbeben sind nicht unüblich für Japan, da das Land am sogenannten Pazifischen Feuerring, einem tektonisch hochaktiven Gebiet, liegt. Dort könne das gesamte Spektrum von möglichen Erdbebenprozessen untersucht werden, erklärt Michael Strasser, Leiter der Arbeitsgruppe für Sedimentgeologie am Institut für Geologie und der Austrian Core Facility für wissenschaftliche Bohrkernanalysen an der Universität Innsbruck: „Von besonderem Interesse sind für uns Starkbeben, also Erdbeben mit einer Momentenmagnitude von neun oder mehr. Welche Prozesse zu so starken Erdbeben führen und wie häufig sie auftreten, ist bis heute nicht ganz verstanden.“

Da die tektonischen Erdplatten ständig in Bewegung seien, würden sich so große Erdbeben erneut ereignen, erklärt Strasser. Die instrumentellen und historischen Aufzeichnungen würden jedoch nicht ausreichen, um Unsicherheiten bei der Erdbebengefahrenbewertung entlang solcher Subduktionsplatten-Grenzen zu verringern. Daher werden bei der Expedition nun Sedimentablagerungen in bis zu acht Kilometer tiefen Becken am Grund des Japan-Grabens untersucht.

Michael Strasser
Axel Springer
Michael Strasser leitet die internationale Forschungsgruppe

Hervorragende Archive vergangener Erdbeben

Diese Ozeansedimentbecken würden zu den tiefsten und am wenigsten erforschten Orten der Erde zählen. Dabei würden sie Auffangbecken für die durch Erdbeben umgelagerten Sedimentmassen darstellen und so hervorragende und kontinuierliche Archive vergangener Erdbebenereignisse bieten, erklärt Strasser. „Wir sehen dieses Sedimentarchiv sozusagen als einen Unterwasserseismographen, der vergangene Erdbeben seit mehreren zehntausend Jahren kontinuierlich aufgezeichnet hat.“

Um die Informationen aus dem Sediment zu entschlüsseln, kommt auf dieser Expedition erstmalig ein so genanntes Riesenkolbenlot-Sedimentkerngerät zum Einsatz, das vom Forschungsschiff Kaimei eingesetzt wird. Ziel ist es, Sedimentproben zu gewinnen, die die letzten 50.000 bis 100.000 Jahre abdecken. An mehreren Stellen entlang des gesamten Japan-Grabens von 36 bis 41 Grad nördlicher Breite werden Bohrkerne entnommen. So sollen Erkenntnisse darüber gewonnen werden, warum sich einige Megathrust-Erdbeben zu gigantischen Erdbeben ausbreiten, während andere dies nicht tun", sagte Ken Ikehara, der in Abwesenheit von Strasser die Forschung an Bord des Schiffs leitet.

Forschung acht Kilometer unter der Meeresoberfläche

Der Pazifische Feuerring ist ein 40.000 Kilometer langer Gürtel, der den Pazifischen Ozean von drei Seiten umgibt. Der Großteil aller Erd- und Seebeben der Erde ereignet sich entlang dieses Rings. Ursache dafür sind sogenannte Subduktionszonen, dabei verbiegen sich ozeanische Erdkrustenteile und bewegen sich unter überschiebende Erdplatten hinein. Dabei wird über einen längeren Zeitraum die aufgebaute Spannung der globalen Plattentektonik-Bewegung angesammelt, die dann während so genannter Subduktionszonen- oder Megathrust-Erdbeben plötzlich freigesetzt wird.

Solche Seebeben und damit verbundene Tsunamis – wie zum Beispiel das Sumatra-Erdbeben (2004) und das Tohoku-oki-Erdbeben (2011) – sind große Naturgefahren mit möglichen katastrophalen Auswirkungen für Menschen und Infrastruktur.

Forschungsschiff Kaimei
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Das Forschungsschiff Kaimei will Sedimentablagerungen in dem bis zu acht Kilometer tiefen Becken am Grund des Japan-Grabens mit einer speziellen Tiefseebohreinrichtung entnommen

Expeditionsleiter sitzt im Homeoffice an Uni Innsbruck

„Um die Ursachen und die Frequenz von Starkbeben besser verstehen zu können, werden wir Bohrkerne aus der Tiefsee als eine Art prähistorischen Seismographen nutzen. In den Sedimentabfolgen aus der Tiefsee können wir Deformationsstrukturen finden, die durch vergangene Starkerdbeben ausgelöst wurden und ihre Intensität und Häufigkeit bis weit in die Vergangenheit rekonstruieren“, verdeutlicht der Geologe.

Die Expedition an Bord des Forschungsschiffs Kaimei beginnt am 13. April 2021. Wegen der Pandemie leitet Michael Strasser die Expedition in den ersten Wochen zunächst aus dem „Homeoffice“ – an der Uni Innsbruck – wissenschaftlich.