Erwin Zangerl
APA/Herbert Pfarrhofer
APA/Herbert Pfarrhofer
Politik

Zangerl: Kritik an Justiz-Schelte durch ÖVP

Der schwarze Tiroler Arbeiterkammerpräsident Erwin Zangerl spart wegen der Angriffe auf die Justiz bzw. die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) im Zuge der Causa Blümel nicht mit Kritik an der Bundes-ÖVP. LH Platter ist für ihn unangefochten.

„Man kann nicht eine Säule des Staates in die Luft sprengen“, sagte Zangerl im APA-Interview. Es gehe nicht an, in einer demokratischen Republik jene Institutionen anzugreifen, die „dafür sorgen, dass alles seine Richtigkeit hat.“ Er fügte hinzu: „Das trifft mich schon.“

„Wenn man diese Säule wegsprengt, besteht die Gefahr, dass das gesamte Gebäude zusammenbricht“, richtete Zangerl seinen Parteifreunden aus. Man könne sich nicht einfach hinstellen und quasi behaupten, dass die Verantwortlichen bei den Ermittlungsbehörden ihre Arbeit nicht ordentlich machen würden.

Zangerl vermisst Fokus auf Menschen

Darüber hinaus sah Zangerl, seit jeher kein Freund von Türkis in der ÖVP, die Volkspartei durch die Causa Blümel, Ibiza-U-Ausschuss, Spenden-Causa usw. offenbar arg gebeutelt und politisch pflegebedürftig: „In der Reha“ – so würde er den Zustand der Bundes-ÖVP derzeit beschreiben. Viele seien dort „so mit sich selbst beschäftigt“, dass er nicht den Eindruck habe, dass sie Zeit finden würden, „auf die Menschen zu achten“. Dabei müsste alle Kraft auf die Bewältigung der Coronakrise und ihrer Folgen gelegt werden – von Arbeitslosigkeit bis hin zur Bekämpfung der hohen Lebenshaltungskosten.

Gleichzeitig wandte sich der Arbeiterkammerpräsident aber auch gegen eine übertriebene Skandalisierung in den verschiedenen Causen. Nur weil jemand mit jemand anderem verwandt oder bekannt sei, müsse man nicht gleich skandalisieren. „Das ist auch nicht zuträglich“, meinte Zangerl.

Platter ist für Zangerl unangefochten

Entspannter sah der AK-Chef indes die politische Situation der ÖVP in Tirol. Landeshauptmann und ÖVP-Chef Günther Platter sei „unangefochten“ – trotz diverser politischer Verwerfungen wie der Causa Ischgl und Co. Und Zangerl geht von einem nochmaligen Antreten Platters bei der Landtagswahl im Jahr 2023 aus: „Ich hoffe schon, dass er es wieder macht.“ Er selber komme für eine etwaige Nachfolge – wie mitunter kolportiert – jedenfalls definitiv nicht infrage. Er sei bis zum Jahr 2024 als AK-Chef gewählt und habe keinerlei Ambitionen in die Landespolitik zu wechseln, so der 63-Jährige.

Walsers Vorstoß: „Keine gute Idee“

Dass Wirtschaftskammerpräsident Christoph Walser (ÖVP) zuletzt Platter öffentlich aufgefordert hatte, die Tourismusagenden abzugeben, solange dieser oberster Corona-Krisenmanager sei, wäre „keine gute Idee“ gewesen. „Ich habe noch nie den Eindruck gehabt, dass der Landeshauptmann überfordert oder überlastet wäre“, sah Zangerl keinen Grund für einen derartigen Vorstoß, der noch dazu „zur Unzeit“ gekommen sei. Er vermutete, dass „im Umfeld“ von Walser „politisch tätige Menschen“ ihn zu einer „Eskalation“ gedrängt hätten. Es handle sich aber keinesfalls um eine beginnende Palastrevolte, ja nicht einmal um einen „Sturm im Wasserglas“: „Das ist eher ein Tropfen neben dem Wasserglas.“

Krise zeigt für AK-Chef Schwächen beim Branchenmix

Sorgen bereitete Zangerl die Arbeitsmarkt-Situation in Tirol mit einer Arbeitslosenquote von etwa elf Prozent. Im Bundesland werde es wohl länger dauern als österreichweit, bis man wieder auf den Beschäftigtenstand von vor der Pandemie komme – nämlich wohl erst im kommenden Jahr. Dies hänge natürlich in erster Linie mit der Situation im Tourismus und dem damit verbundenen Unsicherheiten zusammen. „Andere Bereiche laufen wiederum ganz gut – wie etwa die Bauwirtschaft und die Industrie, trotz Swarovski“, betonte der Arbeiterkammerpräsident. Die Krise zeige jedenfalls auf, dass man es in Tirol häufig mit einer „wirtschaftlichen Monokultur“ zu tun habe. Daraus müsse dringend ein „wirtschaftlicher Mischwald“ werden. „Wir müssen die Standortpolitik verändern. Es müssen umweltfreundliche und zukunftsfitte Betriebe angesiedelt werden.“ Hier sei besonders die Standortagentur gefordert.

Forderung nach Verlängerung des Lehrlingsbonus

Bundespolitisch störte Zangerl unter anderem, dass derzeit nicht an eine Verlängerung des Lehrlingsbonus gedacht sei, wie Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) ankündigte. Nichts anfangen konnte er mit dem Argument, dass das Problem fehlender Lehrstellen ein punktuelles in Wien sei. „Als Tirolerin müsste sie wissen, dass das auch in anderen Bundesländern der Fall ist“, gab Zangerl seiner Landsfrau mit auf den Weg.