Diabetes-Blutkontrolle
APA/dpa/Jana Bauch
APA/dpa/Jana Bauch
Wissenschaft

Diabetes-Patienten erkranken schwerer

Eine Tiroler Studie bestätigt jetzt, dass Diabetespatienten schwerer an Covid-19 erkranken. Michael Joannidis, Leiter der internistischen Intensivstation der Innsbrucker Klinik, empfahl im APA-Interview, diese Menschen bei den Impfungen zu priorisieren.

Nachdem eine im Frühjahr 2020 durchgeführte Studie einen Zusammenhang zwischen chronisch erhöhtem Blutzuckerspiegel und schwerem Krankheitsverlauf bei Covid-19 vermutet hat, bestätigt eine zweite in Tirol durchgeführte Studie, dass Diabetespatienten schwerer erkranken. Noch seien keine Auswirkungen durch die angelaufene Impfkampagne auf die Lage in den Intensivstationen spürbar, beobachtete Joannidis. Er rate zu einem „breiten Ausrollen der Impfbemühungen“. „Risikogruppen müssen möglichst schnell geimpft werden“, forderte der Mediziner im Interview mit der APA.

Schließlich wisse man, welche Faktoren einen schweren Krankheitsverlauf begünstigen: So hat sich in der Studie bestätigt, dass Diabetespatienten schwerer an Covid-19 erkranken. Von 389 im Herbst untersuchten Intensivpatienten in Tirol sei bei 256 ein Wert bestimmt worden, der einen chronisch erhöhten Blutzucker anzeigt: Bei rund 87 Prozent wurden Prädiabetes oder Diabetes festgestellt.

Michael Joannidis
MUI/Bullock
Der Leiter der internistischen Intensivstation der Innsbrucker Klinik, Michael Joannidis

Risiko oft nicht bewusst

Allerdings wüssten viele Patienten nicht, dass sie Diabetes haben. Im Frühjahr war das bei 85 Prozent aller in Innsbruck behandelten Intensivpatienten der Fall. In der zweiten Welle hätte nur ein Drittel davon gewusst. „Der Blutzuckerspiegel muss routinemäßig kontrolliert werden“, schlussfolgerte der Mediziner. In der neuen Studie hätte sich zudem gezeigt, dass Übergewicht zusätzlich schwere Krankheitsverläufe begünstigt.

Man habe aus der ersten Welle gelernt, meinte Joannidis. So wären Intensivpatienten nun standardmäßig mit Kortison behandelt worden, was sowohl die Fälle invasiver Beatmung als auch die Beatmungs- und Behandlungsdauer auf den Intensivstationen „deutlich reduziert“ habe. In der ersten Welle hätten die Patienten durchschnittlich 18 Tage auf der Intensivstation verbracht, in der zweiten Welle waren es nur noch zehn. Fast die Hälfte wurde invasiv beatmet, rund zehn Tage lang.

Eingang zu Intensivstation
ORF

Mehr und ältere Intensivpatienten

In Tirol seien in der zweiten Welle „annähernd vier Mal so viele Intensivpatienten“ behandelt worden als in der ersten Welle im Frühjahr 2020. Jene Corona-Erkrankten, die in der zweiten Welle intensivmedizinische Behandlung benötigten, seien um rund acht Jahre älter gewesen als in der ersten Welle. Dies würde auch die etwas höhere Sterblichkeit erklären, meinte Joannidis. Fast 70 Prozent waren über 65 Jahre alt. „In dem Alter weisen Patienten mit höherer Wahrscheinlichkeit Begleiterkrankungen auf“, so der Intensivmediziner. Er ist überzeugt, dass ein rascher durchgehender Impfschutz für diese Altersgruppe die Gefahr der Überlastung von Intensivstationen bannen würde.

Dennoch sprach Joannidis von „sehr guten Behandlungserfolgen“ und „ausgezeichneten Überlebensdaten im internationalen Vergleich“. Die Sterblichkeit auf den Tiroler Intensivstationen betrug in der zweiten Welle 28 Prozent. Dies sei nicht nur auf verbesserte Behandlungen zurückzuführen, der Erfolg basiere auch auf der herausragenden Kooperation der Tiroler Krankenhäuser untereinander – seit der zweiten Welle mit einem Dashboard, das über die verfügbaren Betten in Tirol aktuell informiert, sowie mit Hilfe von speziell ausgestatteten Intensivtransporten. Die wesentlichen Daten würden im Tiroler Covid-19 Intensivregister landesweit erfasst, erklärte Joannidis.