Die Zentrale der TIWAG in Innsbruck
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Wirtschaft

RH-Kritik an Politeinfluss bei TIWAG

Der Rechnungshof (RH) hat am Freitag einen umfangreichen Prüfbericht zum landeseigenen TIWAG-Konzern vorgelegt. Nach wie vor seien die politischen Verstrickungen aus vergangenen Jahrzehnten in der Konzernführung mit Verzahnungen zur Politik und Wirtschaft erkennbar.

Im Durchschnitt der Jahre 2015 bis 2019 erzielte der TIWAG-Konzern Umsatzerlöse von 1,2 Milliarden Euro jährlich, davon entfielen 80 Prozent auf Strom, 17 Prozent auf Gas, der Rest auf Wärme und sonstige Umsätze. Mit diesem Umsatz und seinen 1.250 Mitarbeitern ist die TIWAG neben den tirol kliniken das größte Unternehmen, das zu 100 Prozent dem Land Tirol gehört.

Patrizia Zoller-Frischauf
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Wirtschaftslandesrätin Patrizia Zoller-Frischauf sitzt auch im Aufsichtsrat der TIWAG

Die Landesregierung bestellt auch den Aufsichtsrat der TIWAG, und dieser müsste allein im Interesse des Unternehmens handeln. Dass mit Reinhard Schretter ein vernetzter Mann aus der Wirtschaft und mit Patrizia Zoller-Frischauf (ÖVP) ein Mitglied der Landesregierung im TIWAG-Aufsichtsrat sitzen, kritisiert der Rechnungshof. Denn diese Personen könnten aufgrund ihrer Funktionen im Aufsichtsrat nur schwer im ausschließlichen Interesse der TIWAG handeln, heißt es sinngemäß.

Hohe Ausschüttungen teils durch Kredite finanziert

Zum Tragen kommt das beispielsweise bei der Ausschüttung von überdurchschnittlich hohen Dividenden. Für das Jahr 2011 schüttete die TIWAG eine Sonderdividende von 230 Millionen Euro aus. Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) als Eigentümervertreter begründete das mit einem Dividendenvorgriff bis 2017. 220 Millionen Euro wurden für die in Not geratene Hypo Tirol Bank verwendet.

Die zugesagten sechs dividendenfreien Jahre wurden mit Verschiebungen zwar eingehalten, dennoch wurden in einzelnen
Jahren beträchtliche Summen ausgeschüttet, konstatiert der Bundesrechnungshof. Von 2012 bis 2019 wurden insgesamt 62 Millionen Euro ausbezahlt. Die Zahlungen der Jahre 2012 und 2016 bis 2019 konnten nicht aus eigener Kraft finanziert werden.

Landhaus spiegelt sich in der Fassade des TIWAG-Gebäudes
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Die TIWAG-Zentrale am Eduard-Wallnöfer-Platz in Innsbruck

Auch eine Strompreissenkung fiel auf Eigentümerwunsch zudem höher aus als vom Vorstand geplant und belastete das Jahresergebnis der TIWAG im Jahr 2016 mit 18,6 Millionen Euro.

Kritik an Präsidialausschuss der TIWAG

Ebenso zu hinterfragen ist laut Rechnungshof der eingerichtete Präsidialausschuss der TIWAG – bestehend aus dem Aufsichtsratsvorsitzenden und seinen beiden Stellvertretern. Dieser besitzt umfangreiche Entscheidungsbefugnisse und hat dem Aufsichtsrat von 2015 bis 2019 86 Geschäftsfälle in Höhe von 334 Millionen zur Kenntnis gebracht. Dabei wurden weder Sitzungen abgehalten noch diese Fälle protokolliert, kritisiert der Rechnungshof. Die Ausschusstätigkeit sei nur über die Aufsichtsratsprotokolle nachvollziehbar.

Baustelle des Gemeinschaftskraftwerks Inn (GKI)
GKI
Arbeiten am GKI

Vorstand betont Wichtigkeit des Gremiums

Die operative Führung der TIWAG relativiert. Ohne diesen Ausschuss würden wichtige Entscheidungen auf die lange Bank geschoben, erklärte Vorstandsdirektor Erich Entstrasser. Dass es in der TIWAG zu massiver politischer Einflussnahme kommt, stellt die Geschäftsführung auch in Abrede.

Erich Entstrasser
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Wie Erich Entstrasser betonte, erhält der Aufsichtsrat regelmäßig Berichte des Gremiums

Geisler fordert Gestaltungsspielraum ein

Bei der Regierung im Landhaus sieht man die Kritik von Opposition und Rechnungshof gelassen. „Als Landesverantwortlicher hat man die Aufgabe, wenn ein Landesunternehmen Probleme hat, dass ein anderes Landesunternehmen aushelfen kann. Das geht aber nur, wenn das Land 100 Prozent Eigentümer ist“, sagte LH-Stv. Josef Geisler (ÖVP).

LHStv Josef Geisler tritt für Gestaltungsspielraum für gewählte Vertreter des Landes ein.

Seiner Meinung nach müsse ein gewisser Gestaltungsspielraum für die gewählten Vertreten des Landes möglich sein, sonst könne man die TIWAG gleich veräußern.

Rechnungshof spricht von Besorgnis der Befangenheit

Dass der Aufsichtsratsvorsitzende mit seiner Unternehmensgruppe gleichzeitig auch Zulieferer für das Großprojekt Gemeinschaftskraftwerk Inn (GKI) im Oberinntal war, erwähnt der Rechnungshof ebenfalls in seinem Bericht. Darin heißt es: „Aus Sicht der Prüferinnen und Prüfer konnte die Besorgnis einer Befangenheit gemäß Aktiengesetz nicht vollständig entkräftet werden.“

Beim GKI kritisierte der Rechnungshof in erster Linie aber die enorme Überschreitung der Baukosten. Diese sind mit 604 Millionen Euro um ein Drittel höher als geplant – mehr dazu in Bau von Inn-Kraftwerk wieder auf Schiene.

Heftige Kritik durch Opposition

Angesichts dieses Berichts des Rechnungshofs sprach die Liste Fritz von einer politischen Bombe. Der Bericht zeige schonungslos die ÖVP-Verfilzungen im und mit dem größten und wichtigsten Landesunternehmen. Günther Platter orchestriere als Eigentümervertreter „die dauernde politische und wirtschaftliche Einflussnahme und den ungenierten Griff in die Kassa der TIWAG“, so die Liste Fritz.

Schockiert zeigte sich NEOS und sprach ebenfalls von Verflechtungen. Offensichtlich sehe Platter im Landesstromunternehmen die persönliche Schatzschatulle der Landesregierung, so die NEOS-Kritik.

Für den Obmann der Tiroler FPÖ, Markus Abwerzger, belege der Rechnungshof-Bericht zur TIWAG klar, dass die politische Besetzung von Aufsichtsräten in klarem Widerspruch zum Unternehmensinteresse stehe. Die Tiroler FPÖ habe sich mehrmals gegen die Besetzung von aktiven Politikern der Regierungsparteien als Aufsichtsräte landesnaher Unternehmen ausgesprochen, fügte Abwerzger in einer Aussendung hinzu.