2018 waren es noch etwas mehr als 18.000 Tiroler Kälber, die ins Ausland exportiert wurden. Im Jahr 2020 waren es schon weniger, nämlich rund 15.800 Kälber. Nicht nur die langen Transportwege verursachen Tierleid: Manche werden von dort in Drittstaaten exportiert und geschlachtet – oft unter Bedingungen, die hierzulande gesetzlich nicht erlaubt sind.
Eine Alternative sind heimische Mastbetriebe: Kälber aus der Region werden angekauft, dort gemästet, und in Tirol geschlachtet. Den Tieren soll damit eine artgerechte Haltung und mehr Tierwohl garantiert werden.
Mastkälber werden „adoptiert“
Landwirt Helmut Hörtnagl in Oberperfuss führt einen Vorzeigebetrieb: Er betreibt eine Kälbermast, die Tiere kauft er von Bauern aus der Gegend. Nachdem eine seiner Kühe ein Kalb geboren hat, kauft er ein zweites dazu. Die Kuh „adoptiert“ das Kalb und es darf bei ihr trinken. Die Kuh kommt dabei mit den Kälbern in die Abkalbebox für rund zwei Wochen. Dann kommen sie zu den anderen Kühen.
„Der Vorteil ist, dass das Kalb immer trinken darf, wann es mag, es kann auch Heu fressen, sich hinlegen, und bei den anderen Kühen sein“, so Landwirt Helmut Hörtnagl. Zwölf Kälber mästet er derzeit. 25 – 30 Tiere sind es im Jahr. Im Frühjahr kommen die Rinder auf die Weide, im Sommer dann auf die Alm.
Regionale Schlachtung ohne lange Transportwege
„Mir ist wichtig, dass die Kälber hier geschlachtet werden. Wieso sollen wir die Tiere hin- und hertransportieren, wir brauchen doch das Fleisch auch selber“, sagt der Nebenerwerbsbauer gegenüber dem ORF Tirol. Seine große Leidenschaft sind seine Rinder. Er setzt auf die Rasse der Pinzgauer. „Denn die sind geländegängig, langelebig, sehr robust – und vor allem kümmern sich die Kühe sehr um die Kälber, auch wenn es nicht ihre eigenen sind“, so Hörtnagl.
Insgesamt gibt es in Tirol ca. 2.500 Kalb- und Jungrindfleischproduzenten. Dazu zählen sowohl klassische Mastbetriebe, als auch Mutterkuhbetriebe. Dabei nicht erfasst sind Milchbetriebe, die auch Kälber mästen. Laut Landwirtschaftskammer ist es dehalb schwierig, eine genaue Zahl der Betriebe in Tirol anzugeben, die auch Kälber von anderen Bauern ankaufen, um sie zu mästen.
Geld soll in Tierwohl fließen
Klar ist, heimische Mast kostet mehr. Viele Kälber werden ins Ausland exportiert. Oftmals in riesige Mastbetriebe nach Italien und Spanien. Denn dort ist die Mast billiger. Dann werden die Tiere meist in den Nahen Osten weiterverkauft. Und werden dort unter qualvollen Bedingungen geschlachtet.
Die Landwirtschaft in Tirol ist stark auf Viehhaltung ausgerichtet, unter anderem um die Bewirtschaftung der Almen zu gewährleisten. Durch die Milchviehhaltung werden viele Kälber geboren, die aber im Inland keinen Abnehmer finden und ins EU-Ausland verkauft werden.
Es sind viele Stierkälber. So hart es klingt: diese sind quasi ein Nebenprodukt der Milchproduktion. Sie werden im Milchkuhbetrieb nicht gebraucht. Nach ihrer Geburt werden sie unmittelbar von der Mutterkuh getrennt und später dann an Mastbetriebe verkauft. Wenn sie Glück haben, ohne lange Transportwege an heimische Betriebe wie jenen von Helmut Hörtnagl.
„Viele lassen sich Urlaube etc. viel kosten- doch wenn es um Lebensmittel geht, wird gespart“, so der Landwirt. Gerade in Zeiten von Corona sollte den Menschen klar geworden sein, wie wichtig heimische Produktion von Lebensmitteln sei, so Helmut Hörtnagl. Und der Genuss könne dann guten Gewissens erfolgen.
Tierwohl liegt in Händen der Politik
Das Land Tirol vergibt mittlerweile Prämien an Landwirte, die Kälber hierzulande mästen und schlachten lassen. Es liegt aber in Händen der Politikerinnen und Politiker, Lebendtransporte ins Ausland generell zu verbieten.