Modell eines Brustkorbs mit Lunge, Herz und Gefäßen
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Gesundheit

CoV kann zu Stress-Kardiomyopathie führen

Das Coronavirus kann offenbar auch zu einer besonderen Form der Kardiomyopathien führen, also einer Erkrankung des Herzmuskels: der Stress-Kardiomyopathie, auch Gebrochenes-Herz-Syndrom genannt. Sie tritt normalerweise nach schweren psychischen Belastungen auf.

Es gebe erste Berichte, dass auch diese Form der Kardiomyopathie, die vor allem bei Frauen nach schweren psychischen Belastungssituationen auftritt, in Zusammenhang mit Covid zu finden ist, sagte der Direktor der Kardiologie der Innsbrucker Med-Uni-Klinik, Axel Bauer, im APA-Interview.

Meistens würden solche Fälle aber einen „guten Verlauf“ nehmen, so Bauer. Bei der Stress-Kardiomyopathie kommt es zu massiven Stresshormon-Ausschüttungen, die in der Folge den Herzmuskel beeinträchtigen können. Der Verlust eines Lebenspartners kann so ein Auslöser sein.

Mehrere Risikofaktoren

Darüber hinaus gelte für den Bereich der Kardiologie auch das, was für die anderen medizinischen Bereiche in Zusammenhang mit dem Coronavirus gelte: Zwei Drittel aller Patienten mit schweren Verläufen hätten Vorerkrankungen wie Bluthochdruck, Diabetes oder seien übergewichtig. Auch ein höheres Alter sei ein starker Risikofaktor. Oftmals habe das Virus auch gar keine direkte Schädigung des Herzens zur Folge.

Im Falle einer Schädigung sind die Muster laut dem Mediziner jedoch „vielfältig“. Der „klassische Herzinfarkt“ sei nur eine Form, jedoch keine häufige Folge von Covid, erklärte Bauer. Bei rund einem Drittel der Fälle sei jedoch ein Zugrunde-Gehen von Herzmuskelzellen in Laboruntersuchungen feststellbar.

Vorerkrankungen des Herzens und Corona

Generell gelte, dass Personen mit Vorerkrankungen des Herzens im Vergleich zu Patienten ohne Vorerkrankungen ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf einer Infektion mit SARS-CoV-2 haben. Die Gründe seien vor allem eingeschränkte Reserven sowie eine geschwächte Immunabwehr.

Mehr Herz-Kreislauf-Tote als Corona-Tote

Eindringlich mahnte Bauer indes eine „nüchterne Betrachtung“ der Risiken einer Covid-Infektion ein – nicht zuletzt was in Folge die Praxis in den Krankenhäusern betrifft. „Die Wahrscheinlichkeit, an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung zu sterben, ist fast fünfmal so hoch“, betonte er und verwies auf erste offizielle Zahlen, die zeigen, dass es in Österreich im Jahr 2020 rund 32.000 Todesfälle aufgrund einer Herz-Kreislauf-Erkrankung gegeben habe, während rund 6.500 Todesfälle einer Covid-Erkrankung zuzuordnen waren.

Spitäler brauchen Konzepte für Priorisierung

Hinsichtlich der Spitäler wies der Experte darauf hin, wie wichtig es sei, „versorgungskritische Bereiche“ zu definieren, die man auch im Falle einer erneuten CoV-Welle geschützt und unbeeinträchtigt weiterbetreiben müsse. Dazu gehörten sämtliche Bereiche zur Behandlung lebensbedrohlicher Erkrankungen und insbesondere die Notfallversorgung – wie zum Beispiel die Therapie von Herzinfarkten oder anderen internistischen Erkrankungen, Schlaganfällen und dringlichen chirurgischen Eingriffen.

„Mit diesem Priorisierungskonzept haben wir in unserem Zentrum sehr gute Erfahrungen gemacht und während der ersten Welle vieles für die Zukunft gelernt. Zum damaligen Zeitpunkt war es ja noch völlig unbekannt gewesen, mit welcher Wucht die Pandemie unser Gesundheitssystem treffen würde. Dementsprechend wurde der damalige Fokus auf Corona gelegt“, so Bauer.

Kardiologie-Kongress in Innsbruck

Hier gelte es für die Zukunft rational abzuwägen, um Kollateralschäden so gering wie möglich zu halten. Während der zweiten Welle habe man diesbezüglich – etwa in Innsbruck – aus den Erfahrungen der ersten bereits die richtigen Lehren gezogen.

In Innsbruck findet von Donnerstag bis Samstag der 23. Kardiologie-Kongress statt. CoV-bedingt wird er virtuell abgehalten. Dem Thema Covid und Herz wird dabei mit prominenten Sprechern eine eigene Sitzung gewidmet.