Laut einem Sprecher der Tiroler Landesverkehrsabteilung gab es am Sonntag von Autofahrern unterschiedliche Meldungen zur Fahrt über das Deutsche Eck. Einige seien nur mit einem negativen PCR-Test durchgelassen worden, anderen wiederum sei die Durchreise mit einem negativen Antigentest verweigert worden. Wie die genaue Vorgehensweise ist, war bis dato nicht bekannt.
ORF Radio-Tirol-Hörer meldeten sich vom Grenzübergang Walserberg in Salzburg. Hier ließ man Fahrzeuge mit Tiroler Kennzeichen nicht über die Grenze. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) verwies in einem Pressestatement Sonntagmittag auf weitere Gespräche und die Möglichkeit, sogenannten systemrelevanten Pendlern den Grenzübertritt zu gewähren. Welche Berufsgruppen dazugehören, sei aber noch unklar. Am Sonntag sollen noch weitere Gespräche zwischen Bayern und Tirol folgen.
Ausnahmen für Pendler fraglich
Tiroler Pendler nach Deutschland müssen weiter zittern. Obwohl eine bayerische Landesverordnung dringend benötigtem Personal die Einreise gestatten würde, könnten ab Sonntag die strengeren Bestimmungen der deutschen Bundesverordnung gelten. Noch ist nämlich unklar, ob und wie der deutsche Bund die am Samstag präsentierte bayrische Ausnahmeregelung akzeptiert.

Ein Sprecher der Bundespolizeidirektion München sagte der APA am Samstagabend auf Anfrage, dass Pendler bei den Ausnahmen nicht angeführt seien. Da die Abklärungen der Behörden noch liefen, werde man am Sonntag mehr sagen können.
Uneinigkeit zwischen München und Berlin
Laut dem Sprecher der Bundespolizei dürfen ab Sonntag deutsche Staatsbürger, ansässige Unionsbürger, Beschäftigte im Gütertransport, Gesundheitspersonal, Diplomaten sowie Personen aus humanitären Gründen aus Tirol nach Deutschland einreisen. Die Deutsche Presse-Agentur (dpa) berichtete indes, dass die Pendlerfrage zwischen München und Berlin „umstritten“ sei. Es könnte zu einer bundesgesetzlichen Einreiseregelung kommen, die die bayerische Verordnung nur eingeschränkt zur Wirkung kommen lasse, sagte ein Sprecher des Gesundheitsministeriums auf dpa-Anfrage.
In der ab Sonntag geltenden bayerischen Landesverordnung heißt es, es dürften Personen einreisen, „deren Tätigkeit für die Aufrechterhaltung betrieblicher Abläufe dringend erforderlich und unabdingbar ist“. Die bayerischen Behörden verlangen jedoch eine entsprechende Bescheinigung des Dienstherrn, Arbeitgebers und Auftraggebers, die ab Mittwoch „bei jeder Einreise mitzuführen“ sei. Am Montag und Dienstag würde sich für Tiroler Pendler nach Bayern somit noch nichts ändern.
Platter fordert Ausnahme für alle Pendler
Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) sagte am Samstagnachmittag nach Bekanntwerden der Ausnahme für Pendler von Seiten Bayerns, man fordere nach wie vor eine Ausnahme für alle Pendlerinnen und Pendler. "Ein Verhindern der grenzüberschreitenden Erwerbstätigkeit kann und darf nicht das Ziel eines gemeinsamen Europas sein“, so Platter.
Davor hatten Platter und Verkehrslandesrätin Ingrid Felipe (Die Grünen) kein Verständnis dafür gezeigt, dass es keine Ausnahmen für Pendler geben soll. Auch Menschen, die in Deutschland wohnten, aber in Tirol arbeiteten, müssten sich demnach bei der Rückreise gemäß der aktuellen bayrischen Regeln in Quarantäne begeben. „Damit würde ein grenzüberschreitendes gemeinsames Arbeiten und Wirtschaften in den Grenzregionen so gut wie zum Erliegen kommen, was auch nicht im Sinne Deutschlands sein kann“, so Platter und Felipe.
Laut Platter müsse allen bewusst sein, dass die Virusmutation schon in ganz Europa kursiere, auch in Deutschland gebe es Fälle. Grenzschließungen seien laut Platter kein geeignetes Mittel in der Pandemiebekämpfung. „Auch was die konkrete Umsetzung der für den Transitverkehr vorgesehenen Regelungen betrifft, braucht es noch weitere Informationen", sagte Felipe. Tirol dürfe wegen der Kontrollen bei der Einreise nicht zum Lkw-Parkplatz Europas werden.
ÖGB: „Affront gegenüber PendlerInnen“
Beim Österreichischen Gewerkschaftsbund (ÖGB) Tirol sprach man von einem „absoluten Wahnsinn“. Tirols ÖGB-Vorsitzender Philip Wohlgemuth kritisierte vor allem die Verkündung der Grenzschließung über das Wochenende. "Die Beschäftigten erfahren am Freitag Abend, dass sie ab Montag quasi nicht mehr zu ihrem Arbeitsplatz gelangen. Das bedeutet Null Planbarkeit!“, so Wohlgemuth. Er forderte ein sofortiges Einlenken von deutscher Seite.
Abwerzger fordert Lösung für Pendler
Vom Tiroler FPÖ-Obmann Markus Abwerzger hieß es, die Grenzschließung sei untragbar und ein Affront gegenüber der Tiroler Bevölkerung. Er fordert eine sofortige Lösung für Pendlerinnen und Pendler. Deutschland und Bayern würden mit ihrer Aktion den Wirtschaftsstandort und das Image Tirols zerstören.
AK denkt rechtliche Schritte an
Vom Tiroler Arbeiterkammer-Präsidenten Erwin Zangerl hieß es am Samstagabend in einer Aussendung, man werde rechtliche Schritte gegen Bayern prüfen, wenn Pendlern Schaden erwachsen sollte. Seit Monaten würden Berufspendler von Seiten der bayerischen Landesregierung schikaniert, heißt es von Zangerl. Die machtpolitischen Spiele zwischen Bayern und dem deutschen Innenministerium würden zulasten der Beschäftigten und Unternehmen gehen. Abgesehen davon habe Bayern selbst ein großes Problem mit Virusmutationen, Tirol aber zum Mutationsgebiet erklärt.
Wenige Gründe für die Einreise
Ehepartner, eingetragene Lebenspartner, minderjährige Kinder und Eltern minderjähriger Kinder aus Tirol dürfen demzufolge auch einreisen, aber nur wenn sie gemeinsam mit dem deutschen Angehörigen die Grenze passieren. Auch Lastwagenfahrer und sonstiges Transportpersonal im Güterverkehr sind von dem Verbot ausgenommen.
Außerdem sollen Einreisen aus dringenden humanitären Gründen – etwa bei einem Todesfall – erlaubt sein. Auch in den Ausnahmefällen gelten Test- und Quarantänebestimmungen. Eine Beschränkung der Einreise auf bestimmte Grenzübergänge soll es nicht geben. Osttirol, die Gemeinde Jungholz und das Rißtal sind von dem Einreiseverbot ausgenommen.