Wie der Fischereiverband in seiner Aussendung festhielt, ist es in Tirol nach wie vor gängige Praxis, Tausende Tonnen Schnee von geräumten Straßen einfach in Gewässer zu kippen. Mit dem Schnee gelangt auch Reifenabrieb ins Wasser. Der Gummiabrieb von der Straße enthält viele giftige Substanzen. Wie Forscher herausfanden, ist eine dieser Substanzen – 6PPD-Chinon – mitverantwortlich für ein regelmäßiges Lachssterben an der Pazifikküste im Nordwesten der USA.
Großer Teil der Fische stirbt in wenigen Stunden
Nach einer Studie im Fachmagazin „Science“ tötet bereits ein Milligramm 6PPD-Chinon in Verbindung mit Ozon in 1.000 Liter Wasser die Hälfte aller Fische binnen weniger Stunden. In Wasserproben, die das Forscherteam bei Starkregen an Straßen und Flüssen nahm, lagen die Konzentrationen oft deutlich höher.
Dieses Gift gelange mit Straßenabwässern und dem Räumschnee höchstwahrscheinlich auch in Tirol in die Gewässer und sei auch für die heimischen Fischarten tödlich, so der Fischereiverband. Jörg Oehlmann, Ökotoxikologe an der Goethe Universität Frankfurt, zählt unter anderem die Bachforelle und den Saibling auf, die ähnlich empfindlich auf den Stoff reagieren dürften.
Abladen nur bis zur Geringfügigkeitsgrenze erlaubt
Laut Wasserrechtsgesetz (WRG) ist das Abladen von Räumschnee in Gewässer bewilligungspflichtig, sofern die Menge die Grenze der Geringfügigkeit überschreitet. Dabei ist die Definition der Geringfügigkeit nicht einfach, da das Gesetz nur den Rahmen vorgibt, wie das Land erläutert. Erst durch die Auslegung werde das Gesetz konkretisiert. So könne Geringfügigkeit beispielsweise vorliegen, wenn der Schnee händisch in das Gewässer geschaufelt wird.

Für das Abladen des Schnees in Gewässer gelten ökologische und wasserbauliche Nebenbestimmungen. So darf höchstens zwei Tage alter Schnee an den dafür vorgesehenen Stellen „eingebracht“ werden. Vom benetzten Fließquerschnitt dürfen höchstens 50 Prozent mit Räumschnee bedeckt sein. Außerdem darf es keine augenscheinliche Verunreinigung des Räumschnees durch Splitt oder Müll geben. Ohne Vorliegen der erforderlichen wasserrechtlichen Bewilligung vorgenommene Räumschnee-Einbringungen sind von der zuständigen Behörde strafrechtlich zu sanktionieren, so das Land.
Verschiedene Regeln in Bundesländern und Ausland
In Oberösterreich darf kein Schnee von Verkehrsflächen in die Gewässer entsorgt werden. Die Kärntner Gemeinden Spittal, Villach und Klagenfurt entsorgen ihren Räumschnee in die Flüsse Drau, Glan und Sattnitz. In Wien gibt es eine Schneeableerstation am Knoten Auhof. Das Schmelzwasser wird über die Kanalisation und die Hauptkläranlage entsorgt. In Deutschland gilt ein generelles Verbot, Schnee in oberirdische Gewässer einzubringen. In der Schweiz darf der Schnee höchstens einen Tag alt sein, bei wenig befahrenen Straßen höchstens drei Tage.
Schnee auf Deponien lagern
Der Tiroler Fischereiverband fordert daher das Schaffen von ausreichend Deponieflächen, auf denen der Schnee gelagert werden kann. Das großangelegte Abkippen des Räumschnees in Fließgewässer gefährde den heimischen Fischbestand und ist aus Sicht des Verbandes in diesen Dimensionen ökologisch nicht vertretbar. Aus Sicht des Fischereiverbandes sollte daher überprüft werden, ob die bisherige Behandlung der Straßenabwässer ausreichend ist, um den heimischen Fischbestand zu schützen. Jedenfalls sollte das Abladen von Räumschnee in Gewässer die Ausnahme darstellen und nicht die Regel.