Auf einem Zettel steht geschrieben: „Bis auf weiteres geschlossen“
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Tourismus

WK: „Todesspirale“ durch langen Lockdown

Die am Sonntagvormittag angekündigte Verlängerung des Lockdowns bis 7. Februar besiegelt für den Tourismus-Spartenobmann der Tiroler Wirtschaftskammer, Mario Gerber, das Saisonende. Der Spartenobmann des Handels, Dieter Unterberger, spricht von einer „bitteren Hiobsbotschaft“. Tirols LH zeigt für den Unmut Verständnis.

Mit der neuerlichen Verschiebung des Öffnungsdatums sei in vielen Regionen das Saisonende quasi besiegelt worden, urteilte der WK-Spartenobmann der Tiroler Hotellerie, Mario Gerber. Für den Tourismus sei das „ein Totalausfall, nachdem schon der letzte Winter frühzeitig beendet wurde“, so Gerber: „Keine andere Branche ist so massiv vom Virus und seinen Folgen betroffen. Jetzt braucht es umfassendes Rettungspaket für die Tourismusbetriebe. Viele Betriebe stehen bereits mit dem Rücken zur Wand.“

Die Hoffnung und Vorfreude der Branche auf ein Aufsperren vor den mit 1. Februar beginnenden Semesterferien sei groß gewesen: „Die Vorbereitungen waren quasi abgeschlossen. Die Gesundheit der Bevölkerung, Mitarbeiter und Gäste steht mit der hoch ansteckenden Virus-Mutation aber natürlich an erster Stelle. Auch lässt die Lage in den für Tirol wichtigen Kernmärkten derzeit keinen Tourismus zu“, zeigte Gerber auch Verständnis: „Auf die heimische Wirtschaft kommen jedenfalls äußerst schwierige Monate zu.“

Mario Gerber
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WK-Tourismus Spartenobmann Mario Gerber zeigte sich pessimistisch für den Rest der Wintersaison

Forderung: Rasch Gelder und höheres Impf-Tempo

Auch in seiner Funktion als stellvertretender Bundesobmann der Sparte Tourismus und Freizeitwirtschaft hat Gerber in Wien die notwendigen Unterstützungsmaßnahmen deponiert: „Diese Gelder müssen jetzt rasch fließen. In einer normalen Saison ist der Tourismus die Cash-Cow für den Staat und sorgt für sprudelnde Steuereinnahmen. In dieser Ausnahmesituation brauchen jetzt unsere Betriebe Hilfe. Der Umsatzersatz vom Dezember muss jedenfalls für die Dauer des Lockdowns verlängert werden“ – mehr dazu in Lockdown: Weitere Wirtschaftshilfen angekündigt.

Abschließend forderte Gerber, das Tempo für eine rasche und flächendeckende Impfung zu erhöhen, „um eine dringend notwendige Perspektive für ein gesichertes Wiederhochfahren des Tourismus und der Gesamtwirtschaft zu schaffen.“

Dieter Unterberger, Obmann der Sparte Handel in der Tiroler Wirtschaftskammer
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WK-Handelssprecher Dieter Unterberger fürchtet eine Pleitewelle

WK: „Handel besonders hart getroffen“

Der Spartensprecher des Tiroler Handels in der Wirtschaftskammer, Dieter Unterberger, zeigte sich ähnlich betroffen: „Die Hoffnung, die Geschäfte ab nächster Woche wieder öffnen zu können, war groß. Umso bitterer ist die Entscheidung der Regierung, den Lockdown sogar noch einmal deutlich zu verlängern“, so Unterberger.

Die Verlängerung treffe den Handel überproportional hart, da sich Händlerinnen und Händler lange im Voraus bevorraten müssten und so nicht kurzfristig reagieren könnten: "Kommt der Verkaufskreislauf dann einmal ins Stocken, beginnt gewissermaßen eine Todesspirale: Die Lager sind voll, dem Händler fehlt der Umsatz und damit die Liquidität, um die zwischenzeitlich bereits schon wieder eingetroffene neue Lagerware zu bezahlen“, erklärte er.

Onlineshops als zusätzliche Bedrohung

Die Lage des stationären Handels werde außerdem durch massive Konkurrenz der internationalen Onlineriesen verschärft. „Gerade wenn es um modische beziehungsweise saisonale Waren geht, weichen die Konsumenten aufs Internet aus und die heimischen Händler bleiben unwiderruflich auf der Ware sitzen. Damit entstehen über Umwege Kosten, die vielfach bedeutend höher sind als der unmittelbare Umsatzentgang“, betonte Unterberger.

Vor diesem Hintergrund pochte auch er auf unverzügliche Hilfe seitens der Politik in Form einer „angemessenen und schnellen“ Entschädigung. Die Ankündigung, mit dem Ausfallbonus ein neues, zusätzliches Instrument einzuführen, wertete der Branchensprecher grundsätzlich als positives Signal, forderte aber klare Regeln für einen Umsatzersatz für die Zulieferer und Händler in Tourismusgebieten. „Wenn sich das nicht ändert, werden wir tatenlos zuschauen müssen, wie tausende gesunde Handelsunternehmen und gleichzeitig zigtausende Arbeitsplätze vernichtet werden“, fürchtete Unterberger.

Günther Platter
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Tirols ÖVP-LH Günther betonte, dass zumindest Wintersport weiter erlaubt bleibt

LH Platter: „Nutzt leider nix“

Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) zeigte am Sonntag Verständnis für den Unmut der Wirtschaftstreibenden. Die Entscheidung, den Lockdown zu verlängern, sei nach mehreren Besprechungen in Wien mit der Bundesregierung, den Landeshauptleuten und den Experten im Einvernehmen getroffen worden. Alle Expertinnen und Experten hätten dringend zur Verlängerung geraten, da die Zahl der täglichen Neuinfektionen immer noch zu hoch sei, durch die Ausbreitung der Virusmutationen eine erhöhte Ansteckungsgefahr bestehe und die Entwicklung auch in anderen Ländern wie Deutschland in dieselbe Richtung gehe.

„Ich hätte mir für die Bevölkerung Signale der Zuversicht und Öffnung gewünscht und habe größtes Verständnis dafür, dass niemand mehr das Wort Lockdown hören kann und will. Es nutzt aber leider nix, wir müssen uns weiterhin einschränken und uns mit diesen harten Maßnahmen abfinden. Es ist absolut nachvollziehbar, dass insbesondere die Wirtschaft keine Freude damit hat, wenn der Handel nicht öffnen kann.“

Wintersport ist weiter möglich

Auch für die Gastronomie und die Beherbergungsbetriebe sei es äußerst schmerzhaft, dass vorerst keine Öffnung möglich ist und erst Mitte Februar eine Entscheidung getroffen werden könne, wie es im März weitergehe, so der Tiroler Landeshauptmann. „Zumindest wurde nun aber die Ungewissheit von einer Woche zur anderen beendet und Klarheit für die Betriebe geschaffen.“

Platter betonte, dass Tirolerinnen und Tiroler immerhin weiter Bewegungsmöglichkeiten im Freien hätten, da Skifahren, Langlaufen, Rodeln und Wandern weiter erlaubt bleiben. Es gebe derzeit nämlich keine Hinweise auf Cluster in diesen Bereichen. Tirol weise die niedrigste Inzidenzzahl aller Bundesländer auf, erklärte Platter und dankte in diesem Zusammenhang den Seilbahnunternehmern, die ihre Anlagen geöffnet halten. „Dass sie aufgrund der geringen Auslastung nur einen eingeschränkten Betrieb fahren, ist absolut verständlich und nachvollziehbar“, so Platter.